DIRK BÖHLING
wurde am 30. April 1964 in Preetz gebo-
ren. Er ist Schauspieler, Regisseur, Autor
und begann schon als Abiturient, Kurzge-
schichten und Gedichte zu schreiben.
Nach seinem Schauspiel-Studium spielte
er an verschiedenen Theatern wie Olden-
burg, Detmold, Bremerhaven, Herford,
Lüneburg und auf Tournee-Bühnen sowie
in diversen Fernsehproduktionen wie
‚
Schwarzwaldklinik‘, ‚Tatort‘ und ‚Groß-
stadtrevier‘. Als Regisseur inszenierte Dirk
Böhling bisher mehr als 40 Schauspiele,
Operetten und Musicals an diversen deut-
schen Theater, unter anderem in Bremen
und Bremerhaven.
Im Jahr 2010 erschienen sein erstes Kin-
derbuch ‚Larissa und der Walhai‘ und
der Jugendroman ‚Der Schatz der Verona‘
– 2011
das Hörbuch ‚Wie lange stehst du
denn schon hier? Bremer Gebäude erzäh-
len‘. Ganz aktuell ist sein Gedichtband
‚
Bremens Tierleben – Heimatverbundene
Gebrauchslyrik‘ erhältlich.
Vielen Bremern ist Böhling außerdem als
Radio- und Fernseh-Moderator bei Radio
Bremen bekannt. Außerdem schreibt er
Sketche und Texte für verschiedene Hör-
funk- und TV-Formate.
N
och vor einigen Jahren haben über-
dies Parkplatz suchende Autofah-
rer von nah und fern das Verkehrs-
chaos in der östlichen Vorstadt per-
fekt gemacht, und genau aus dieser Zeit will
ich berichten.
Mein Sohn
war damals zwei Jahre alt und für
den Werder-live-Genuss noch nicht tauglich.
Natürlich hatten wir es ausprobiert. In die-
ser Stadt kann man bekanntlich nicht früh
genug damit anfangen aufzusteh’n, wenn
man ein Bremer ist. Aber die Phon-Stärke
von Fan-Gesang und Torjubel waren für sei-
ne kleinen Ohren dann doch noch eindeutig
zu hoch.
Trotzdem wurden
die Werder-Heimspieltage
für ihn zu einem ganz besonderen Ritual,
und das kam so: Wir hatten einen wunder-
baren Ausblick aus dem dritten Stock – di-
rekt auf die Hamburger Straße. Dort stand
mein kleiner Stammhalter und starrte auf
das bunte Treiben. Auf Menschen, die aus
den Straßenbahnen quollen. Auf Autos, die
ihren Weg durch die Menge suchten und
nicht zuletzt auf unzählige um singende
Hälse gebundene grün-weiße Schals.
Je näher der Spielbeginn
im Stadion rückte,
umso mehr leerte sich die Szenerie auf der
Straße und umso unruhiger wurde auch
der kleine Beobachter am Fenster – bis ihn
schließlich nichts mehr auf seinem Beobach-
tungsposten hielt. Er rannte in sein Zimmer,
zog sich Jacke und Schuhe an und drängte
zur Wohnungstür. Nicht ohne mir ein deutli-
ches „Papa, Ableppguck“ zuzurufen.
Pünktlich zum Anpfiff
im Weser-Stadion be-
gann für meinen Sohn nun ein ganz anderes
‚
Spiel‘. Während die Spieler begannen, um
Punkte zu kämpfen, setzte sich eine gelbe
Flotte von Abschleppwagen in Bewegung,
um im voll geparkten Peterswerder so richtig
aufzuräumen. Ein Auto nach dem anderen
wurde hochgehoben, auf den gelben Trans-
porter gehievt und weggebracht – was für
ein Spaß für einen fast Dreijährigen!
Bei jedem Falschparker-PKW,
der so in die
Luft ging, juchzte mein Sohn vor Freude,
während ich mir das Gesicht seines Besitzers
vorstellte und dankbar war, eine Garage zu
haben.
So brachten wir
mindestens eine Halbzeit pro
Heimspiel auf der Straße zu, bis wir wieder
nach Hause gingen und ich – Ergebnis ori-
entiert – das Radio anstellte, während mein
Sohn in seinem Zimmer verschwand um
‚
Autos abschleppen‘ zu spielen.
Diese Samstagnachmittag-Unterhaltung
ist
heute Vergangenheit. Die Zufahrt zum Sta-
dion ist nur Anwohnern gestattet, und mein
Sohn bei Heimspielen meistens in der Ost-
kurve zu finden. Ich nutze an diesen Tagen
mittlerweile genüsslich meine Dauerkarte
und mache uns anschließend Spaghetti à la
Papa – so löst ein neues Ritual das alte ab.
Eines aber ist geblieben. Wann immer mein
Sohn und ich gemeinsam einen Abschlepp-
wagen erblicken, fallen sie wieder, die Worte,
mit denen der Kleine mich einst an der Woh-
nungstür anstrahlte: „Papa, Ableppguck“.
Mit grün-weißen Grüßen,
Ihr
„
Ableppguck...“
Für Menschen,
die im Bremer Stadtteil Peterswerder leben,
ist es ein gewohntes Bild: Alle zwei Wochen
pilgern Zehntausende von Fußball-Fans an
Bier- und Würstchenbuden vorbei in Richtung
Weser-Stadion.
Heimspiel als Highlight
Dirk Böhling
erinnert sich gerne an besondere
Werder-Stunden mit seinem Sohn zu-
rück. Sie spielten sich nicht im, son-
dern rund um das Weser-Stadion ab.
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WERDER MAGAZIN 298
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