WERDER MAGAZIN Nr. 345

WERDER MAGAZIN 345 43 te drei Mal am Tag Training. Und manchmal bin ich zum ersten Training einfach nicht aufgestanden, dann zu spät gekommen und habe richtig Ärger bekommen. Ich musste in Österreich von Beginn an selbst für mich sorgen, habe zum Beispiel alleine ge- kocht. Aber die Bedingungen dort waren natürlich perfekt und sehr professionell. Es war eine internationale Trainingsgruppe mit tollen Trainingspartnern. Deine erste Station in der deutschen Bundesliga war ab 2017 der TTC Zugbrücke Grenzau. Warum hast du dich dann 2019 ent- schieden, zu Werder zu gekommen? Ich habe einen Verein gesucht, bei dem ich den nächsten Schritt in meiner Karriere machen kann. Einen Verein, der professionell aufgestellt ist, vielleicht noch etwas bessere Bedingungen bietet, als es in Grenzau der Fall war. Denn ich will mich weiter ver- bessern. Die Trainingsgruppe bei Werder ist dafür optimal. Alle Spieler hier arbeiten sehr hart an sich, geben in jedem Training 100 Prozent, treiben sich gegenseitig an. Das motiviert enorm. Auch die Stadt Bremen ist toll. Ich habe diesen Schritt bisher zu keinem Zeitpunkt bereut. Wie bewertest du eure bisherigen Leistungen in dieser Saison? Wir sind nicht so gut gestartet, haben unnötig Punkte liegen- gelassen. Natürlich ist die Saison noch lang, und wir haben noch viele Möglichkeiten, um die Play-Offs zu erreichen. Aber es ist ein wirklich schwieriger Wettbewerb mit starker Konkurrenz. Durch die Corona-Pandemie gibt es immer wieder längere Phasen, in denen wir nur trainieren, trainieren, trainieren und keine Wett- kampfpraxis in der Liga sammeln können. Da ist es nicht leicht, die ganze Zeit die Konzentration hochzuhalten. Wie siehst du deine persönlichen Leistungen? In den vergangenen Jahren ist es mir gerade zu Beginn einer neu- en Saison immer gelungen, sehr gute Leistungen zu bringen. Ich weiß nicht warum, aber es war glücklicherweise so. Diese Saison muss ich sagen: Ich kann sicher besser spielen, als ich es zu Be- ginn gezeigt habe. Aber durch Corona ist es ein etwas längerer Prozess, durch Training und Matches meine Form zu erreichen. Abseits der Bundesliga hast du bereits zu Beginn dieses Jahres die Spanish Open gewonnen. Wie ist dieser Erfolg zu bewerten? Ich spiele sonst keine Challenger-Turniere, weil es dort nicht so viele Weltranglisten-Punkte gibt. Aber in Spanien waren wirklich viele gute Spieler dabei. Und wenn man am Ende gewinnt, ist ein Challenger-Turnier natürlich auch sehr wertvoll (lacht) . Im Finale musste ich gegen Benedikt Duda (deutscher Nationalspieler, Anm. d. Red.) spielen und habe mir nicht wirklich viel ausgerechnet. Dadurch war ich ganz entspannt, auch im entscheidenden sieb- ten Satz. Das Gefühl, dieses Turnier zu gewinnen, war einfach unglaublich. ZUR PERSON Kirill Gerassimenko Geboren: 18.12.1996 in Aqmola, heute: Nur-Sultan (Kasachstan) Größe: 1,73 m Spielhand: rechts Bester Weltranglistenplatz: 33 (November 2018) Vorherige Vereine: TTC Zugbrücke Grenzau, Kapfenberger SV (Österreich) Größte sportliche Erfolge: Gewinn Spanish Open 2020, Teilnahme Olympische Spiele 2016, Teilnahme WM 2012, 2015, 2017, Gewinn Ungarn Open (U21) Der bisher beste Moment in deiner Karriere? Dieser Turniersieg gehört sicher dazu, aber auch die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2016 in Rio und meine bisher beste Platzierung in der Weltrangliste mit Rang 33. Ist es für dich vorstellbar, dass im kommenden Jahr die verscho- benen Olympischen Spiele in Tokio stattfinden? Das wird sicher schwer. Wenn ich mit den anderen Spielern in der Welt spreche, dann ist etwa die Hälfte optimistisch, und die andere Hälfte rechnet nicht mit Olympia. Ich schätze, dass die Chancen derzeit tatsächlich 50:50 stehen. Natürlich würde ich mich freuen, wenn die Spiele stattfinden, und hoffe, dass ich mich durch einen guten Weltranglistenplatz qualifizieren kann. Was ist in der Weltrangliste für dich in den nächsten Jahren möglich? Jeder Sportler möchte Erster sein. Das gilt auch für mich, wird aber natürlich sehr schwer (lacht) . Die Top 20 sind sicher realis- tisch. Mein Ziel ist es auf jeden Fall, in nächster Zeit weiter nach oben zu klettern. Dafür muss ich noch mehr Matches gewinnen. Und ich will noch selbstbewusster werden. Zum Glück habe ich in meiner Karriere noch etwas Zeit. Werner Schlager zum Beispiel ist erst mit 30 Jahren Weltmeister und Weltranglisten-Erster geworden… Interview: Martin Lange TISCHTENNIS

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