WERDER MAGAZIN Nr. 350

WERDER MAGAZIN 350 41 der Schulzeit nicht mehr so stark gebunden, sondern konnte mich neu orientieren. Im Gespräch mit Birte Brüggemann habe ich mich von Beginn an sehr gut aufgehoben gefühlt. Und mein Bauchgefühl hat mir sehr schnell signalisiert, dass ein Wechsel zu Werder das Richtige für mich ist. Ich wollte unbedingt an einen Ort, an dem ich mich wohlfühle, und in eine Mannschaft, in der ich spielen kann, ummich weiterzuentwickeln. Ich habe diese Entscheidung für Werder nie bereut. Blicken wir noch weiter zurück: Wie bist du zum Fußball gekommen? Ich habe mit sechs Jahren bei einem Hallenturnier meines Zwillingsbruders, der bereits Fußball spielte, zugeguckt. Und auf einmal hieß es: ‚Möchtest du mitspielen?‘. So ging es los. Ich habe dann lange mit meinem Bruder in einer Mannschaft gespielt. Das war eine tolle Zeit. Bis heute gehören einige Mitspieler von damals zu meinen engsten Freunden. Mit den Jungs zu spielen, war der beste Start, den ich mir für meine Fußballkarriere wünschen konnte. Hattest du schon als kleines Mädchen den Traum, später in der Bundesliga zu spielen? In meiner Zeit beim FF USV Jena habe ich natürlich den Bundesliga-Fußballerinnen nachgeeifert. Als die Mannschaft 2010 im DFB-Pokalfinale gegen Duisburg stand, war ich mit meiner Oma in Köln im Stadion. Ich war großer Fan, hätte damals aber nie gedacht, dass ich selbst irgendwann in diesem Team spielen würde. Gut zwei Jahre später stand ich dann auf einmal mit Spielerinnen aus dem Pokalfinale in einer Mannschaft. Da ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Bereits kurz vor deinem 16. Geburtstag hast du für Jenas zweite Mannschaft in der 2. Bundesliga gespielt, weniger als ein halbes Jahr später dann in der ersten Liga … … was damals erstmal total unwirklich war, weil es so schnell ging. Ich habe versucht, alle Erfahrungen und jede Spielminute mitzunehmen und für mich zu nutzen. Es war eine sehr intensive Zeit. Auch weil ich als junge Spielerin noch viele Fehler gemacht habe und auf diesem hohen Niveau erstmal viel lernen musste. Ich bin sehr dankbar für diese Chance damals. Wir hatten eine starke Mannschaft, sind zwei Mal mit mehr als 30 Punkten in der Bundesliga auf Rang fünf gelandet. Deine starken Leistungen blieben auch dem DFB nicht verborgen, der dich unter anderem 2016 für die Teilnahme an der U19EM und der U20-WM nominierte. Welche Erinnerungen hast du daran? Bei der U19-EM in der Slowakei sind wir schon in der Gruppenphase ausgeschieden. Es war mein erstes großes Turnier, ich habe damals alle Spiele von Beginn an gemacht. Das war wirklich cool, eine tolle Erfahrung. Auch die U20-WM im selben Jahr in Papua-Neuguinea war spannend. Leider habe ich dort keine einzige Minute gespielt, was ich mir damals nicht so richtig erklären konnte. Aber danach hatte ich so viel Wut im Bauch – das hat mich angespornt, noch mehr an mir zu arbeiten. Abgesehen von den Bundesliga-Spielerinnen im eigenen Verein – welche Idole hattest du als junge Fußballerin? Ganz zu Beginn habe ich mich fast ausschließlich mit männlichen Fußballern beschäftigt. Denn sie sind einfach viel präsenter. Bei den Frauen musste ich erstmal recherchieren und mich intensiver damit auseinandersetzen, wer überhaupt die herausragenden Spielerinnen sind. Ich kenne allerdings auch einige, die schon als Mädchen gesagt haben: ‚Ich möchte unbedingt Fußballerin werden‘. Natürlich ist es bei uns etwas anders als bei den Jungs, die alle der neue Messi oder Ronaldo werden wollen. Welchen Blick hast du auf die männlichen Bundesliga-Kollegen bei Werder? Ich bin ein echter Fan, insbesondere auch ein Fan der WerderFans (lacht). Natürlich verfolge ich die Spiele. Und bei Aktionen wie vor dem Auswärtsspiel beim HSV, als die Fans zu Hunderten die Mannschaft bei der Busabfahrt am Osterdeich verabschiedet haben, bin ich schon mal dabei. Diese Stimmung wollte ich mir nicht entgehen lassen. Welche Ziele hast du für deine Zukunft bei Werder? Wir wollen uns in der Liga weiter etablieren. Das haben wir in der Vergangenheit schon öfter als Ziel ausgerufen. Aber mittlerweile bin ich fest davon überzeugt, dass wir eine sportliche Entwicklung durchlaufen, die uns befähigt, das tatsächlich zu schaffen. Die Strukturen müssen sich weiter verbessern, um diese sportliche Entwicklung bestmöglich zu unterstützen. Ich hoffe, dass ich dabei mithelfen und möglichst viel von mir einbringen kann. Außerdem will ich weiterhin lernen. Denn ich bin zwar Kapitänin, habe aber nicht das Gefühl, dass ich keine Fehler machen, sondern dass ich auch persönlich noch wachsen darf. Interview: Martin Lange s Kapitänin Lina Hausicke geht voran und „möchte vorleben, worauf es bei unserer Entwicklung ankommt". Foto: hansepixx

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