zuverdienstgrenze. Der Rentner hat im
Lauf des Rentenverfahrens Besta¨tigungen
seines Steuerberaters vorgelegt, nach de-
nen sich fu¨r die Zeitra¨ume vom 1. 9. 2004
bis 8. 11. 2004 kein steuerrechtlicher Ge-
winn aus Gewerbebetrieb ergab. Mit
Rentenbescheid vom 18. 2. 2005 gewa¨hr-
te die Deutsche Rentenversicherung Bund
(
DRV-B) Rente wegen voller Erwerbs-
minderung fu¨r die Zeit vom 1. 9. 2004 bis
28. 2. 2007
und wies u. a. darauf hin, dass
die Rente auf der Grundlage einer voraus-
schauenden Beurteilung des Arbeitsein-
kommens bewilligt werde. Nach Vorlage
des Steuerbescheids fu¨r 2004, aus dem
sich ein Einkommen aus Gewerbebetrieb
i. H. von 27.325 € ergab, nahm die
DRV-B den Bescheid vom 18. 2. 2005
hinsichtlich der Rentenho¨he“ nach § 45
SGB X zuru¨ck und forderte die Erstattung
der u¨berzahlten Betra¨ge (Bescheid vom
14. 6. 2007
und Widerspruchsbescheid
vom 8. 1. 2008). Wa¨hrend des Klagever-
fahrens erließ die DRV-B im Blick auf
den Steuerbescheid fu¨r 2005 den weiteren
Bescheid vom 30. 10. 2008, hob den Ren-
tenbescheid vom 18. 2. 2005 auch hin-
sichtlich des Kalenderjahrs 2005 teilweise
auf und forderte die Erstattung weiterer
Betra¨ge. Die auf diesen Bescheid erweiter-
te Klage des Rentners war erfolgreich. Das
Hessische LSG hat die Berufung der
DRV-B zuru¨ckgewiesen. Die Angaben
des Rentners im Verwaltungsverfahren
seien insbes. nicht grob fahrla¨ssig falsch
gewesen. Die DRV-B ko¨nne sich auch
nicht nachtra¨glich auf eine A¨ nderung der
Verha¨ltnisse (§ 48 SGB X) berufen. Die
DRV-B wandte sich hiergegen mit der
vom LSG zugelassenen Revision.
Der Rentner hat die Klage in der mu¨nd-
lichen Verhandlung hinsichtlich des wei-
teren Bescheids vom 30. 10. 2008 zuru¨ck-
genommen; insofern fehlt es bisher an der
Durchfu¨hrung des Widerspruchsverfah-
rens. Im U¨ brigen steht das angegriffene
Urteil mit Bundesrecht nach dem Urteil
des BSG vom 9. 10. 2012 – B 5 R 8/12 R
im Einklang. Der Bescheid vom 14. 6.
2007
und der Widerspruchsbescheid vom
8. 1. 2008
sind – soweit mit der Klage an-
gegriffen – rechtswidrig und verletzten den
Rentner in seinen Rechten. Die DRV-B
hat die Regelung u¨ber die Ho¨he des mo-
natlichen Rentenzahlbetrags im Bescheid
vom 18. 2. 2005 insofern zu Unrecht auf-
gehoben. Damit fehlt es gleichzeitig an
einem Erstattungsanspruch.
Als Rechtsgrundlage fu¨r die Aufhebungs-
entscheidung kommt allein § 45 SGB X
in Betracht. Die DRV-B hat mit dem Be-
scheid vom 18. 2. 2005 hinsichtlich des
streitigen Zeitraums keine nur vorla¨ufige
Regelung u¨ber die monatliche Rentenho¨-
he verlautbart. Sie hat vielmehr ohne ge-
setzliche Grundlage fu¨r sich in Anspruch
genommen, auf der Grundlage einer Hy-
pothese bereits eine endgu¨ltige Entschei-
dung zu treffen. Das Verfahren u¨ber die
Anrechnung von Einkommen aus selbst-
sta¨ndiger Erwerbsta¨tigkeit darf jedoch nur
nach abschließender Feststellung der
maßgeblichen steuerrechtlichen Verha¨lt-
nisse sowie grundsa¨tzlich und in aller Re-
gel erst nach Vorliegen des Steuer-
bescheids abgeschlossen werden. Insofern
ist eine i. S. von § 48 Abs. 1 SGB X rele-
vante A¨ nderung der Verha¨ltnisse von
vornherein ausgeschlossen.
Die notwendigen Voraussetzungen einer
teilweisen Aufhebung des Rentenbescheids
vom 18. 2. 2005 mit Wirkung fu¨r die Ver-
gangenheit (§ 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X)
liegen nicht vor. Der Rentner musste ins-
bes. weder die Rechtswidrigkeit der bereits
ihrer Art nach unzula¨ssigen Festsetzung
des monatlichen Rentenzahlbetrags auf
hypothetischer Grundlage erkennen, noch
hat er durch schuldhaft falsche Angaben
zum Ergehen dieser Regelung beigetragen.
Angaben“ i. S. von § 45 Abs. 2 Nr. 2
SGB X beziehen sich grundsa¨tzlich nur
auf solche Umsta¨nde, zu deren Mitteilung
der Antragsteller nach § 60 SGB I ver-
pflichtet ist. (Steuer-)rechtliche Schlussfol-
gerungen aus Einzeltatsachen sind hiervon
nicht umfasst. Soweit der Rentner von der
DRV-B im Rahmen des Rentenantrags-
verfahrens aufgefordert worden ist, Be-
scheinigungen seines Steuerberaters hin-
sichtlich des „Gewinns“ vorzulegen, gilt
nichts anderes. Der Rentner ist nicht ver-
pflichtet, die der DRV-B obliegende Sub-
sumption und die Auslegung der Rechts-
begriffe selbst vorzunehmen oder auf eige-
nes Risiko vornehmen zu lassen.
u
DB0526867
LSG: Fristeinhaltung fu¨r den Antrag
auf Insolvenzgeld
Ein Bauarbeiter begehrte Insolvenzgeld
(
Insg), strittig war insbes., ob er die Aus-
schlussfrist fu¨r den Leistungsantrag ge-
wahrt hat.
Dem seit Oktober 2005 bei einem Bau-
unternehmen bescha¨ftigten Bauarbeiter
wurde von seinem Arbeitgeber mit Wir-
kung zum27. 12. 2005 geku¨ndigt. Der Bau-
arbeiter erhob Ku¨ndigungsschutzklage so-
wie Klage auf Zahlung ru¨cksta¨ndigen Ar-
beitsentgelts beim Arbeitsgericht; insoweit
wurde er von Rechtsanwalt T. vertreten.
Am 16. 5. 2006 wurde durch Beschluss
des Amtsgerichts das Insolvenzverfahren
u¨ber das Vermo¨gen des Arbeitgebers ero¨ff-
net. Rechtsanwalt T. meldete die Entgelt-
forderung des Bauarbeiters zur Insolvenz-
tabelle an und informierte den Bauarbeiter
am 5. 7. 2006 u¨ber die Unterbrechung des
arbeitsgerichtlichen Verfahrens.
Die Bundesagentur fu¨r Arbeit (BA) lehn-
te den Antrag des Bauarbeiters auf Insg
vom 20. 7. 2006 ab, weil der Bauarbeiter
die regula¨re Ausschlussfrist (zwei Monate
nach Insolvenzereignis) versa¨umt habe.
Es ko¨nne ihm auch keine Nachfrist einge-
ra¨umt werden, weil die Unkenntnis vom
Insolvenzereignis (Mai 2006) wa¨hrend
der Ausschlussfrist weggefallen sei und es
ihm dann mo¨glich gewesen wa¨re, die
Ausschlussfrist einzuhalten.
Wa¨hrend die Klage vor dem SozG Des-
sau-Roßlau keinen Erfolg gehabt hat, hat
das LSG Sachsen-Anhalt die BA ver-
urteilt, dem Bauarbeiter Insg fu¨r die Zeit
vom 10. 10. 2005 bis 3. 1. 2006 zu ge-
wa¨hren. Es hat im Wesentlichen aus-
gefu¨hrt, der Bauarbeiter habe zwar die
Ausschlussfrist fu¨r den Antrag auf Insg
versa¨umt, ihm sei aber eine Nachfrist zu
gewa¨hren. Denn er habe die Mitteilung
seines Rechtsanwalts ohne Verschulden
so gewertet, dass es ausreichen wu¨rde, den
Antrag dann zu stellen, wenn er die na¨chs-
te Gelegenheit habe, ohne Arbeitszeit zu
versa¨umen, bei der Agentur fu¨r Arbeit per-
so¨nlich vorzusprechen. Das Verhalten oder
die Kenntnis seines Rechtsanwalts ko¨nne
dem Bauarbeiter dabei nicht zugerechnet
werden, weil dieser ihn im Insolvenzgeld-
verfahren nicht vertreten habe.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision
ru¨gte die BA die Verletzung von Verfah-
rensrecht und materiellem Recht. Sie
fu¨hrt im Wesentlichen aus, eine Be-
schra¨nkung des Mandats sei im Fall des
Bauarbeiters nicht erwiesen und auch we-
nig wahrscheinlich, weil zum Zeitpunkt
der Erteilung des Mandats noch gar nicht
absehbar gewesen sei, dass und wann der
fru¨here Arbeitgeber insolvent werde.
Doch selbst wenn von einem beschra¨nk-
ten Mandat auszugehen wa¨re, habe ihm
der Rechtsanwalt im vorliegenden Fall
immerhin mit dem Schreiben vom 5. 7.
2006
einen entsprechenden Rat erteilt
und im Rahmen dessen den Bauarbeiter
auch auf die von ihm zu beachtende Aus-
schlussfrist hinweisen mu¨ssen.
In dem Verfahren vor dem BSG hat die
BA – nach entsprechenden Hinweisen des
Senats – im Termin am 29. 8. 2012 – B 11
AL 27/11 R – die Revision zuru¨ckgenom-
men. Damit ist das Urteil des LSG rechts-
kra¨ftig geworden und die vom Bauarbeiter
einzuhaltene Frist gewahrt worden.
u
DB0490869
DER BETRIEB | Nr. 45 | 9. 11. 2012
Nachrichten
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