mit nicht unter die Regelung. Zum anderen ko¨nne durch Ge-
staltungen wie die Aufspaltung in eine Besitzgesellschaft mit we-
niger als 20 Bescha¨ftigten und dem wesentlichen Betriebs-
vermo¨gen auf der einen und eine Betriebsgesellschaft mit einer
beliebigen Anzahl von Bescha¨ftigten und ohne wesentliche Ver-
mo¨genswerte auf der anderen Seite die Vorschrift umgangen
werden. Der Begu¨nstigungsgrund „Arbeitsplatzerhalt“ ginge
mithin ins Leere. In diesem Zusammenhang la¨sst es der BFH
offen, ob die Bescha¨ftigten nachgeordneter Gesellschaften bei
der Ermittlung der Bescha¨ftigtenzahl von 20 einzubeziehen sind
oder nicht. Wa¨hrend R E 13a.4 Abs. 2 Satz 9 ErbStR dies vor-
sieht, lehnen weite Teile der Literatur
43
dies ab.
VI. Freistellung als Regelfall, Besteuerung als Aus-
nahme
Letztlich fu¨hrt der BFH an, dass wegen umfangreicher Steuer-
vergu¨nstigungen die steuerbaren Sachverhalte nur zum geringen
Teil tatsa¨chlich mit Steuer belastet werden. Er zeigt die Steuer-
statistiken fu¨r die Steuerentstehungsjahre 2009 und 2010 an, oh-
ne allerdings genau darzulegen, ob er seine Ru¨ckschlu¨sse aus den
absoluten Zahlen ableitet oder aber anhand von Vergleichszah-
len, die dort nicht aufgefu¨hrt sind.
VII. Fazit und Ausblick
Als Fazit ist festzuhalten, dass der BFH mit nachvollziehbarer
Begru¨ndung die Vorschriften der §§ 13a und 13b ErbStG fu¨r
verfassungswidrig erachtet. Die Ungleichbehandlung bzw. die
fehlende Zielgenauigkeit der Begu¨nstigungen ist im Wesentli-
chen darauf zuru¨ckzufu¨hren, dass der Stpfl. Privatvermo¨gen zu
(
gewillku¨rtem) Betriebsvermo¨gen umqualifizieren bzw. Privat-
vermo¨gen in KapGes. einbringen kann und dieses eigentliche
private Vermo¨gen den Begu¨nstigungen des Betriebsvermo¨gens
unterliegt. Der Grund dafu¨r besteht darin, dass das ErbSt-Recht
auf die ertragsteuerlichen Begriffe des Betriebsvermo¨gens abstellt
und das Ertragsteuerrecht eine solche Umqualifizierung ermo¨g-
licht.
Andere nach Auffassung des BFH fehlgeleitete Begu¨ns-
tigungsansa¨tze wie die nur in seltenen Ausnahmefa¨llen anzu-
wendende Lohnsumme ließen sich mo¨glicherweise durch eine
Modifizierung, insbesondere eine Erweiterung des Anwen-
dungsbereichs der Lohnsummenregelung, erreichen. In diesem
Zusammenhang ist zu beru¨cksichtigen, dass gem. § 13a Abs. 1
Satz 4 ErbStG i. d. F. vom 24. 12. 2008 die Lohnsummenrege-
lung bei mehr als zehn Bescha¨ftigten anzuwenden war, diese Re-
gelung aber durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz
44
zum
1. 1. 2010
auf 20 erho¨ht wurde, um wegen der weltweiten Wirt-
schaftskrise „das Gesetzesziel – Erhaltung der betrieblichen Ar-
beitspla¨tze beim U¨ bergang von Unternehmen –“
45
durch mehr
Flexibilita¨t erreichen zu ko¨nnen. Ein unverha¨ltnisma¨ßiger Bu¨ro-
kratieaufwand war nicht der Grund fu¨r die A¨ nderung, sodass
mo¨glicherweise eine niedrigere Bescha¨ftigtenzahl als Grundlage
fu¨r die Anwendung der Lohnsummenregelung ein Lo¨sungs-
ansatz wa¨re. Ggf. ko¨nnte eine umfangreiche Begu¨nstigung von
Betriebsvermo¨gen generell von dem Vorhandensein von Mit-
arbeitern abha¨ngig gemacht bzw. die Optionsverschonung ge-
strichen werden.
Gleichwohl bliebe es bei der Problematik, dass in der Gestalt
von Betriebsvermo¨gen Privatvermo¨gen u¨bertragen werden kann.
Durch die urspru¨nglich im JStG 2013 vorgesehenen A¨ nderun-
gen wa¨re jedoch dieses Problem bezogen auf Barvermo¨gen und
Forderungen insofern begrenzt worden, als maximal 10% umge-
widmetes Vermo¨gen begu¨nstigt werden ko¨nnten, was wohl noch
im Rahmen der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers liegt.
Die 10%-Grenze gilt jedoch nicht fu¨r das u¨brige Verwaltungs-
vermo¨gen.
Wenn nunmehr die Regelungen zur ErbSt im JStG 2013
nicht beschlossen wurden, da die Bedenken der Verfassungswid-
rigkeit des BFH auch mit dem Entwurf des ErbStG nicht aus-
gera¨umt wurden, liegt die Vermutung nahe, dass der Gesetz-
geber das ErbSt-Recht grundlegend reformieren wird
46
.
Sofern
ausschließlich die A¨ nderungen des JStG u¨bernommen wu¨rden,
la¨ge dem Bundespra¨sidenten ein Gesetz zur Ausfertigung vor,
von dem auszugehen sei, dass es zumindest der BFH fu¨r verfas-
sungswidrig halte. Eine Unterzeichnung wu¨rde dem Bundespra¨-
sidenten zumindest nicht leicht fallen. Ob in einer Neufassung
mo¨glicherweise eine Verschonung von Betriebsvermo¨gen entfa¨llt
oder aber neue erbschaftsteuerrechtliche Definitionen und Qua-
lifikationen implementiert werden, die losgelo¨st vom Ertragsteu-
errecht sind, bleibt abzuwarten.
Mit Spannung bleibt gleichfalls abzuwarten, wie das BVerfG
damit umgeht, dass die im BFH-Beschluss zugrunde gelegten
Regelungen (Lohnsummenho¨he, Behaltensfristla¨nge) im Zeit-
punkt, als der zugrunde liegende Fall verwirklicht wurde, noch
gar nicht existierten.
Festzuhalten ist, dass die Begu¨nstigungen des derzeitigen
ErbSt- und SchenkSt-Rechts so ausgepra¨gt sind, wie sie wohl
nie wieder sein werden
47
.
Die einzig denkbare gu¨nstigere Alter-
native wa¨re die Abschaffung der ErbSt und SchenkSt.
Der Gestaltungsberatung hat das Urteil bezogen auf die sog.
Cash“-GmbHs bzw. Forderungen-GmbHs Ru¨ckenwind gege-
ben, da der BFH sowohl einen Missbrauch gem. § 42 AO allein
aufgrund der Anwendung solcher Gestaltungen als auch eine zu
einem abweichenden Ergebnis kommende verfassungskonforme
Auslegung ablehnt. Derzeit kann die Gestaltungsberatung noch
Cash“- bzw. Forderungs-Gesellschaftsstrukturen nutzen, um
steuerbefreit Vermo¨gen auf die na¨chste Generation zu u¨bertra-
gen, ehe der Gesetzgeber durch die Verabschiedung eines neuen
ErbStG hier endgu¨ltig den Riegel vorschiebt. Mit Ausnahme
der Erbfa¨lle, die vor dem 1. 1. 2009 eingetreten sind und bei de-
nen zum neuen Recht optiert wurde
48
,
sollten alle ErbSt- und
SchenkSt-Bescheide offengehalten werden, damit es bei einer
Nichtigerkla¨rung nicht zur Anwendung des derzeit geltenden
ErbStG kommt.
Redaktionelle Hinweise:
l
BFH-Beschluss vom 27. 9. 2012 – II R 9/11, DB0524035;
l
vgl. dazu auch
Wachter
,
DB0526729;
l
zur Unternehmensnachfolge vgl. auch
So¨ffing/Thonemann-
Micker
,
DB 2012 S. 770 = DB0467551 und DB 2012 S. 593 =
DB0467541.
43
So¨ffing
,
in: Willms/Jochum, ErbStG, § 13a ErbStG Rdn. 50.2 (Stand: Februar
2012);
Philipp
,
in: Viskorf/Knobel/Schuck, ErbStG, 3. Aufl. 2009, § 13a
ErbStG Rdn. 38;
Geck
,
in: Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13a ErbStG Rdn. 41
(
Stand: Mai 2012);
Kirschstein
,
in: Gu¨rsching/Stenger, Bewertungsrecht,
§ 13a ErbStG Rdn. 29 (Stand: Mai 2010); vgl. BFH vom 27. 9. 2012, a.a.O.
(
Fn. 2), unter B. II. 7. a).
44
BGBl. I 2009 S. 3950.
45
Vgl. Regierungsentwurf vom 9. 11. 2009, Art. 6 1. a) bb), mit Begru¨ndung
auf S. 30 f.
46
Eisele
,
NWB 2012 S. 3453 (3467), sieht die gesetzgeberischen A¨ nderungen
in der Zusammenschau mit dem BFH-Beschluss „nur als Kurieren von Symp-
tomen“.
47
So bereits
So¨ffing/Thonemann-Micker
,
DB 2012 S. 770 (773, unter VI.).
48
Diese Bescheide sollten mo¨glichst schnell bestandskra¨ftig werden, s. unter
II. a. E.
DER BETRIEB | Nr. 45 | 9. 11. 2012
Steuerrecht
2543