StB Prof. Dr. Ralf Alefs, Deggendorf / RA Georg Geberth, Mu¨nchen
Die Gelangensbesta¨tigung und alternative Nach-
weise bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
–
Referentenentwurf zur erneuten A¨ nderung der UStDV –
u
DB0529288
I. Einleitung
Die USt-Befreiung von Exporten bzw. innergemeinschaftlichen
Lieferungen ist eine Regelung von grundlegender Bedeutung
und kann fu¨r Unternehmen – wenn sie nicht gewa¨hrt wird – fa-
tale o¨konomische Folgen haben. Die Berechtigung zu dieser Be-
freiung mu¨ssen die Unternehmen anhand von Belegen nachwei-
sen.
Sie knu¨pft bei Lieferungen innerhalb der EU gem. § 6a
Abs. 1 Nr. 1 UStG daran an, dass „
der Unternehmer oder Abneh-
mer den Gegenstand der Lieferung in das u¨ brige Gemeinschaftsgebiet
befo¨rdert oder versendet
“
hat. Diese umsatzsteuerlichen Nachweis-
pflichten im EU-Binnenmarkt sind besonderen Herausforde-
rungen ausgesetzt und innerhalb der EU nicht einheitlich gere-
gelt. Sie bewegen sich in einem besonderen Spannungsfeld, sol-
len sie doch einerseits praktikabel, d. h. fu¨r die Unternehmen
einfach und rechtssicher zu handhaben sein, um die Verwirk-
lichung des Binnenmarkts nicht zu behindern.
Andererseits beno¨tigt die Finanzverwaltung einen effektiven
Nachweis, dass eine Lieferung innerhalb der EU stattgefunden
hat und die Steuerbefreiung zu Recht in Anspruch genommen
wurde. Im Gegensatz zu Drittlandsexporten fehlt aber der ein-
deutige und u¨berpru¨fbare Nachweis des Grenzu¨bertritts
1
.
In den
letzten Jahren ist festzustellen, dass die Anforderungen an die
Nachweispflichten von der Finanzverwaltung sukzessive erho¨ht
wurden
2
,
um den USt-Betrug einzuda¨mmen, mit dem Nachteil
ansteigender Bu¨rokratiekosten sowie zunehmender Rechtsun-
sicherheit. Dass die Anforderungen an die Nachweispflichten
von der Rspr. z. T. entgegen der Verwaltungsauffassung wieder
herabgesetzt wurden, war zwar grds. positiv zu bewerten, trug je-
doch ebenfalls zu zunehmender Verunsicherung bei.
Als Reaktion auf die Lockerung durch die Judikative fu¨hrte
der Verordnungsgeber im vergangenen Jahr durch eine entspre-
chende A¨ nderung der UStDV die sog. Gelangensbesta¨tigung
ein
3
.
Die aus Sicht der Finanzverwaltung als Vereinfachung ge-
dachte Neuregelung fu¨hrte zu einem Proteststurm der betroffe-
nen Unternehmen
4
,
da sich viele außerstande sahen, die Neu-
regelung in der Praxis umzusetzen. Bereits vor Einfu¨hrung der
Gelangensbesta¨tigung waren Drittlandsexporte einfacher durch-
zufu¨hren als innergemeinschaftliche Lieferungen
5
.
Dies gilt erst
recht nach ihrer Einfu¨hrung.
Eine U¨ bergangsregelung des BMF, die bisherigen Nachweise
zeitlich befristet fortfu¨hren zu du¨rfen sowie deren mehrmalige
Verla¨ngerung, waren erste „Notmaßnahmen“ der Finanzverwal-
tung
6
.
Der aktuell vorliegende Referentenentwurf
7
ist nunmehr die
umfassende Reaktion des BMF, die es im Folgenden zu ana-
lysieren gilt.
II. Referentenentwurf zur A¨ nderung der UStDV
7
Die zentrale Neuregelung fu¨r die Nachweispflichten bei inner-
gemeinschaftlichen Lieferungen findet sich wie bisher in § 17a
UStDV. Der Unternehmer hat im Rahmen von innergemein-
schaftlichen Lieferungen (§ 6a Abs. 1 UStG) durch
Belege
„
ein-
deutig und leicht nachpru¨ fbar
“
nachzuweisen, dass er oder der Ab-
nehmer den Gegenstand der Lieferung in das u¨brige Gemein-
schaftsgebiet befo¨rdert oder versendet hat.
Die Nachweise bestehen grds. aus zwei Komponenten. Die
erste Komponente ist wie bisher das Doppel der Rechnung
(
§§ 14 und 14a UStG) gem. § 17a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
UStDV-E. Bei der zweiten Komponente la¨sst die geplante Neu-
regelung je nach Sachverhalt mehrere Mo¨glichkeiten zu. Dies
bleibt zum einen die Gelangensbesta¨tigung, die in der aktuell
gu¨ltigen Fassung der UStDV als umfassende Nachweismo¨glich-
keit verankert wurde und an der im nun vorliegenden Referen-
tenentwurf A¨ nderungen vorgenommen werden sollen. Zum an-
deren entha¨lt der Entwurf zahlreiche neue Nachweisvarianten.
1.
Gelangensbesta¨tigung
Unter einer Gelangensbesta¨tigung versteht die Finanzverwaltung
eine Besta¨tigung des Abnehmers, dass der Gegenstand der Lie-
ferung in das u¨brige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist (§ 17a
Abs. 2 Nr. 2 UStDV-E).
Sie soll folgende Angaben enthalten:
(1)
den Namen und die Anschrift des Abnehmers,
(2)
die Menge des Gegenstands der Lieferung und die handels-
u¨bliche Bezeichnung,
(3)
im Fall der Befo¨rderung oder Versendung durch den Unter-
nehmer oder im Fall der Versendung durch den Abnehmer
den Ort und
den Monat
des Erhalts des Gegenstands im u¨bri-
gen Gemeinschaftsgebiet und im Fall der Befo¨rderung des
Gegenstands durch den Abnehmer den Ort und
den Monat
des Endes der Befo¨rderung des Gegenstands im u¨brigen Ge-
meinschaftsgebiet,
(4)
das Ausstellungsdatum der Besta¨tigung sowie
(5)
die Unterschrift des Abnehmers
oder eines von ihm zur Ab-
nahme Beauftragten
.
StB Prof. Dr. Ralf Alefs
ist Professor fu¨r Steuerrecht an der Hoch-
schule fu¨r angewandte Wissenschaften, Deggendorf;
RA Georg Geberth
ist Director Global Tax Policy in der Steuerabtei-
lung der Siemens AG, Mu¨nchen.
1
Vgl.
Sterzinger
,
BC 2012 S. 361 (366, a. E.).
2
Vgl. z. B. BMF-Schreiben vom 6. 1. 2009 – IV B 9 – S 7141/08/10001, DB
2009
S. 87.
3
Zweite Verordnung zur A¨ nderung steuerlicher Verordnungen vom 2. 12.
2011,
BGBl. I 2011 S. 2416.
4
Vgl.
Geberth
,
DB0470164 sowie Umfrage der bayerischen IHKs, bei der u¨ber
80%
der befragten Unternehmen einen deutlichen Wettbewerbsnachteil ge-
genu¨ber den europa¨ischen Konkurrenten sahen.
5
Vgl. (pars pro toto) Ku¨ffner, DStR 2009, S. 113.
6
Zuletzt Verla¨ngerung bis zum Inkrafttreten einer erneuten A¨ nderung der
UStDV: BMF-Schreiben vom 1. 6. 2012 – IV D 3 – S 7141/11/10003-06, DB
2012
S. 1301.
7
Vgl. DB0526862.
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 45 | 9. 11. 2012