Streitig ist, ob und in welcher Ho¨he der vom Arbeitgeber beim Kauf eines
Neufahrzeugs eingera¨umte Rabatt einen als Arbeitslohn zu erfassenden
geldwerten Vorteil begru¨ndet. Der Kla¨ger ist bei der X AG, einem Au-
tomobilhersteller, nichtselbsta¨ndig bescha¨ftigt. In seinem Bruttolohn
der Streitjahre (2000, 2002) sind geldwerte Vorteile von 5.966 DM
(2000)
und 5.253 € (2002) aus der Gewa¨hrung von Jahreswagenrabatten
enthalten. Der Arbeitgeber hatte diese geldwerten Vorteile (Rabatte)
nach Maßgabe des BMF-Schreibens vom 30. 1. 1996
1
ermittelt. Er leg-
te dabei als Endpreis i. S. des § 8 Abs. 3 EStG den Preis zugrunde, der
sich nach Abzug der Ha¨lfte des u¨blicherweise auf den Bruttolistenpreis
gewa¨hrten durchschnittlichen Preisnachlasses ergab.
Nachdem der Kla¨ger und seine Ehefrau (Kla¨gerin) erkla¨rungsgema¨ß zu-
sammen zur ESt der Streitjahre veranlagt worden waren, machten sie
unter Berufung auf die Rspr. des erkennenden Senats
2
mit Einspruch
geltend, dass Lohn nur insoweit vorliege, als der Arbeitgeberrabatt u¨ber
den vollen durchschnittlichen, auch fremden Dritten gewa¨hrten Preis-
nachlass hinausgehe.
Das FA wies den Einspruch zuru¨ck. Das FA stu¨tzte sich dazu auf einen
zum Senatsurteil vom 5. 9. 2006
2
ergangenen sog. Nichtanwendungs-
erlass
3
.
Der geldwerte Vorteil sei danach zwingend nach der typisieren-
den (Spezial-)Vorschrift des § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten; ein Wahl-
recht auf Durchfu¨hrung einer gu¨nstigeren Bewertung nach § 8 Abs. 2
EStG bestehe entgegen der Ansicht des BFH nicht.
Die dagegen gerichtete Klage auf volle Beru¨cksichtigung des durch-
schnittlichen Preisnachlasses war erfolgreich. (...)
Das BMF hat den Beitritt zum Revisionsverfahren erkla¨rt (§ 122
Abs. 2 FGO). Es vertritt die Auffassung, dass ein Wahlrecht nicht be-
stehe. Regelma¨ßig sei der nach der Preisangabenverordnung anzuge-
bende und auszuweisende Preis maßgebend. Die gesetzliche Vorschrift
beziehe allgemein am Markt gewa¨hrte Rabatte nicht ein. Soweit hier-
durch im Einzelfall Vorteile erfasst wu¨rden, die auch im allgemeinen
Gescha¨ftsverkehr erzielt werden ko¨nnten, habe dies der Gesetzgeber
bewusst hingenommen. Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leis-
tungsfa¨higkeit sei auch dann gewahrt, wenn es im Einzelfall zu einer
ho¨heren Steuerbelastung komme.
AUS DEN GRU¨ NDEN
Entscheidung
1 . . . 9
I
I.
. . .
II.
Die Revision ist unbegru¨ndet und daher
zuru¨ckzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat bei der Er-
mittlung der Vorteile aus den vom Kla¨ger verbilligt erworbenen
Jahreswagen die Rabatte, die auch Nichtarbeitnehmern beim
Fahrzeugkauf gewa¨hrt werden, zu Recht als nicht aus dem
Arbeitsverha¨ltnis sich ergebende und deshalb auch nicht der ESt
zu unterwerfende Vorteile beurteilt.
Im normalen Gescha¨ftsverkehr erzielbare Preisnachla¨sse sind
kein Arbeitslohn
10
I
1.
Nach mittlerweile st. Rspr. des erkennenden Senats geho¨-
ren zu den nach § 8 EStG zu bewertenden und zu Einnahmen
fu¨hrenden Vorteilen i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG auch sol-
che, die Arbeitnehmern daraus entstehen, dass ihnen ihre Ar-
beitgeber Personalrabatte gewa¨hren, indem sie Waren – z. B.
„
Jahreswagen“ – aufgrund des Dienstverha¨ltnisses verbilligt u¨ber-
lassen
4
.
Denn in diesem Fall vereinbaren Arbeitgeber und Ar-
beitnehmer nicht nur den Kauf eines Kfz, sondern treffen auch
eine besondere Preisabsprache, die im Umfang der Verbilligung
ihren Rechtsgrund im Arbeitsverha¨ltnis haben kann. Wird der
Vorteil der Verbilligung „fu¨r“ eine Bescha¨ftigung gewa¨hrt, ist er
durch das individuelle Dienstverha¨ltnis veranlasst und insoweit
Lohn
4
.
Soweit und in der Ho¨he, als Preisnachla¨sse auch im nor-
malen Gescha¨ftsverkehr erzielt werden ko¨nnen, spricht nichts
dafu¨r, dass diese Rabatte, wenn sie auch Arbeitnehmern einge-
ra¨umt werden, als Vorteil „fu¨r“ deren Bescha¨ftigung gewa¨hrt
werden und deshalb zum steuerpflichtigen Arbeitslohn geho¨ren.
Denn in diesem Fall fehlt es an einem aus dem Arbeitsverha¨ltnis
stammenden Vorteil als einer Grundvoraussetzung fu¨r Einku¨nfte
i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 EStG
5
.
Deshalb sind zur Unterschei-
dung von auch im normalen Gescha¨ftsverkehr erzielbaren Preis-
nachla¨ssen einerseits und durch das Arbeitsverha¨ltnis begru¨nde-
ten besonderen Vorteilen andererseits die vom Arbeitgeber
stammenden Leistungen nach den Grundsa¨tzen des § 8 EStG
zu bewerten.
Bewertung von Personalrabatten bestimmt sich nach § 8 Abs. 3
EStG
11
I
a)
Erha¨lt ein Arbeitnehmer aufgrund seines Dienstverha¨lt-
nisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht
u¨berwiegend fu¨r den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt,
vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach
§ 40 EStG pauschal versteuert wird, so gelten nach § 8 Abs. 3
Satz 1 EStG als deren Werte abweichend von § 8 Abs. 2 EStG
die um 4 % geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber
oder der dem Abgabeort na¨chstansa¨ssige Abnehmer die Waren
oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemei-
nen Gescha¨ftsverkehr anbietet. Unter Anwendung des § 8 Abs. 3
Satz 1 EStG bestimmt sich der lohnsteuerrechtlich erhebliche,
durch einen Personalrabatt veranlasste geldwerte Vorteil mithin
nicht nach dem allgemeinen Marktpreis, sondern nach dem
Endpreis, zu dem der Arbeitgeber die entsprechenden Waren
fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Gescha¨ftsverkehr
anbietet. Das ist nach der mittlerweile st. Rspr. des erkennenden
Senats der „Angebotspreis“
6
.
Endpreis i. S. des § 8 Abs. 3 EStG ist der tatsa¨chliche Angebots-
preis ...
12
I
b)
Dieser Angebotspreis ist nach bisheriger Senats-Rspr.
grds. der unabha¨ngig von Rabattgewa¨hrungen nach der Preis-
angabenverordnung ausgewiesene Preis; dieser Grundsatz galt
allerdings schon seit Einfu¨hrung des § 8 Abs. 3 EStG nicht un-
eingeschra¨nkt
7
.
An diesem Grundsatz ha¨lt der erkennende Senat
nicht mehr la¨nger fest. Der angebotene Endpreis i. S. des § 8
Abs. 3 EStG ist vielmehr derjenige, der am Ende von Verkaufs-
verhandlungen als letztes Angebot des Ha¨ndlers steht. Der an-
gebotene Endpreis umfasst daher auch Rabatte.
...
und nicht der Listenpreis
13
I
aa)
„
Endpreise“ i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG sind keine
typisierten und pauschalierten Werte, wie etwa der „inla¨ndische
Listenpreis“ i. S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. Endpreise,
zu denen Waren angeboten werden, bestimmen sich vielmehr
auch nach den Gepflogenheiten im allgemeinen Gescha¨ftsver-
kehr. Angesichts dessen hatte der Senat schon fru¨her entschie-
den, dass die unverbindliche Preisempfehlung eines Automobil-
1
BMF-Schreiben vom 30. 1. 1996, BStBl. I 1996 S. 114 = DB 1996 S. 354.
2
BFH-Urteil vom 5. 9. 2006 – VI R 41/02, BStBl. II 2007 S. 309 = DB 2006
S. 2323.
3
BMF-Schreiben vom 28. 3. 2007, BStBl. I 2007 S. 464 = DB 2007 S. 945.
4
Zuletzt BFH-Urteil vom 17. 6. 2009 – VI R 18/07, BStBl. II 2010 S. 67 = DB
2009
S. 2020; vom 1. 2. 2007 – VI R 72/05, BFH/NV 2007 S. 898.
5
Vgl. BFH-Urteil vom 2. 2. 1990 – VI R 15/86, BStBl. II 1990 S. 472 = DB
1990
S. 1068; vom 4. 5. 2006 – VI R 28/05, BStBl. II 2006 S. 781 = DB 2006
S. 2099, zum zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehen.
6
Vgl. dazu BFH vom 17. 6. 2009, a.a.O. (Fn. 4); vom 4. 6. 1993 – VI R 95/92,
BStBl. II 1993 S. 687 = DB 1993 S. 1652; vom 5. 9. 2006, a.a.O. (Fn. 2);
Thomas
,
DB 2006 Beil. 6 S. 58 (64).
7
BFH vom 4. 6. 1993, a.a.O. (Fn. 6).
2554
Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 45 | 9. 11. 2012