des Verfahrens
2
.
Die Pflicht zum Erscheinen bei Gericht ist da-
her kein Selbstzweck
3
.
10
I
§ 80 FGO entspricht wo¨rtlich § 95 VwGO. A¨ hnliche Vor-
schriften u¨ber die Anordnung des perso¨nlichen Erscheinens fin-
den sich in § 141 ZPO und § 111 SGG, wobei hinsichtlich der
Festsetzung von Ordnungsgeld durch § 202 SGG auf § 141
Abs. 3 ZPO verwiesen wird.
Ordnungsgeld darf aber i. d. R. nur festgesetzt werden, wenn
Ausbleiben zu Verfahrensverzo¨gerung fu¨hrt
11
I
2.
Nach § 80 Abs. 1 Satz 3 FGO setzt das Gericht bei
schuldhaftem Ausbleiben das angedrohte Ordnungsgeld durch
Beschluss fest. Dabei ist zwar umstritten, ob die Festsetzung von
Ordnungsgeld – ebenso wie deren Androhung – im Ermessen
des Gerichts steht
4
oder ob eine grds. Festsetzungspflicht be-
steht. Diese Streitfrage kann der Senat jedoch offenlassen, da
auch dann, wenn dem Gericht bei der Ordnungsgeldfestsetzung
kein Ermessen zugebilligt wird, eine Festsetzung von Ordnungs-
geld i. d. R. nur dann erfolgen darf, wenn das unentschuldigte
Ausbleiben zu einer Verfahrensverzo¨gerung fu¨hrt. Eine Verfah-
rensverzo¨gerung liegt jedoch dann nicht vor, wenn sich das Aus-
bleiben des Beteiligten fu¨r das Verfahren als unscha¨dlich erweist.
12
I
a)
Nach ho¨chstrichterlicher Zivil-Rspr. zu § 141 Abs. 3
ZPO ist die Verha¨ngung eines Ordnungsgelds ermessensfehler-
haft, wenn im Termin zur mu¨ndlichen Verhandlung des Rechts-
streits keine Fragen zum Sachverhalt offengeblieben sind und
der Rechtsstreit ohne weiteren Vortrag durch Urteil entschieden
wird
5
.
Da der Zweck der Ordnungsgeldfestsetzung nach dem
BVerfG-Beschluss vom 10. 11. 1997
6
nicht darin bestehe, eine
vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die
Aufkla¨rung des Sachverhalts zu fo¨rdern, ko¨nne ein Ordnungs-
geld nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausblei-
ben der Partei die Sachaufkla¨rung erschwert und dadurch den
Prozess verzo¨gert habe
7
.
Keine Verfahrensverzo¨gerung bei Klageru¨cknahme in mu¨nd-
licher Verhandlung
13
I
b)
Diese Rspr.-Grundsa¨tze betreffen zwar die Auslegung
von § 141 Abs. 3 ZPO, der die Festsetzung eines Ordnungs-
gelds – im Unterschied zu § 80 Abs. 1 Satz 3 FGO – in das Er-
messen des Gerichts stellt. Selbst wenn es sich bei den unter-
schiedlichen Formulierungen nicht um ein bloßes Redaktions-
versehen des Gesetzgebers
8
handeln sollte, gebietet jedenfalls der
mit § 141 Abs. 3 ZPO u¨bereinstimmende Normzweck eine ein-
schra¨nkende Auslegung des Tatbestands von § 80 Abs. 1 Satz 3
FGO dahingehend, dass bei schuldhaftem Ausbleiben ein Ord-
nungsgeld nur festzusetzen ist, wenn hierdurch die Sachaufkla¨-
rung erschwert und der Prozess verzo¨gert wird. Die Festsetzung
eines Ordnungsgelds verliert dagegen ihre Berechtigung, wenn
sich das Ausbleiben des Beteiligten oder seines gesetzlichen Ver-
treters nicht verfahrensverzo¨gernd ausgewirkt hat
9
,
weil der Pro-
zess im Laufe der mu¨ndlichen Verhandlung – wie im Streitfall –
durch Klageru¨cknahme beendet wurde
10
.
In U¨ bereinstimmung
damit wird im finanzgerichtlichen Schrifttum allgemein vertre-
ten, dass in derartigen Fa¨llen von der Festsetzung eines Ord-
nungsgelds abzusehen ist
11
.
14
I
c)
Im Streitfall hat das FG die Festsetzung des Ordnungs-
gelds damit begru¨ndet, dass das perso¨nliche Erscheinen der Be-
schwerdefu¨hrer angeordnet worden sei, um mit ihnen perso¨nlich
die Gru¨nde fu¨r die verspa¨tete Abgabe der USt-Erkla¨rung 2009
zu ero¨rtern. Nachdem der Prozessbevollma¨chtigte der Kla¨gerin
im Laufe der mu¨ndlichen Verhandlung die Klage zuru¨ckgenom-
men hatte und dadurch das Verfahren beendet war, entfiel dieser
Grund fu¨r die Anordnung des perso¨nlichen Erscheinens und
eine Verzo¨gerung des Verfahrens war ausgeschlossen. Unter die-
sen Umsta¨nden ist ein schuldhaftes Ausbleiben der Beschwerde-
fu¨hrer nicht mit einem Ordnungsgeld zu belegen. Die angefoch-
tenen Beschlu¨sse waren daher aufzuheben.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Beschluss online: DB0529519.
2
Koch
,
in: Gra¨ber, FGO, 7. Aufl., § 80 Rdn. 1;
Thu¨rmer
,
a.a.O. (Fn. 1), § 80 FGO
Rdn. 12.
3
Seer
,
in: Tipke/Kruse, AO, FGO, § 80 FGO Rdn. 3.
4
So
Thu¨rmer
,
a.a.O. (Fn. 1), § 80 FGO Rdn. 71, unter Hinweis auf das verwal-
tungsrechtliche Schrifttum zur Rechtslage nach § 95 VwGO.
5
BGH-Beschluss vom 12. 6. 2007 – VI ZB 4/07, DB0224747 = NJW-RR 2007
S. 1364; BAG-Beschluss vom 20. 8. 2007 – 3 AZB 50/05, NJW 2008 S. 252.
6
BVerfG-Beschluss vom 10. 11. 1997 – 2 BvR 429/97, NJW 1998 S. 892.
7
BGH vom 12. 6. 2007, a.a.O. (Fn. 5), unter II. 2. a).
8
So
Thu¨rmer
,
a.a.O. (Fn. 1), § 80 FGO Rdn. 71 Fn. 3.
9
Vgl.
Leipold
,
in: Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., § 141 Rdn. 35a.
10
Vgl. LAG Baden-Wu¨rttemberg, Urteil vom 3. 8. 1987 – 13 Ta 6/87, NZA 1987
S. 827.
11
Vgl.
Thu¨rmer
,
a.a.O. (Fn. 1), § 80 FGO Rdn. 71;
Sto¨cker
,
a.a.O. (Fn. 1), § 80
FGO Rdn. 53;
Seer
,
a.a.O. (Fn. 3), § 80 FGO Rdn. 3;
Koch
,
a.a.O. (Fn. 2), § 80
Rdn. 10.
Kindergeld
Meldung als Arbeitsuchender
EStG § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2;
SGB II § 2, § 3 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 1 Nr. 3, § 37; SGB III
§ 118, § 119 Abs. 1, § 122 Abs. 1
Wird ein Kind nach Ende der Berufsausbildung arbeitslos und
teilt es dies im Rahmen des Antrags auf Bezug von Leistungen
nach dem SGB II der dafu¨r zusta¨ndigen Stelle mit, ist gleichzei-
tig eine Meldung als Arbeitsuchender i. S. des § 122 SGB III
anzunehmen (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 22. 9. 2011 –
III R 78/08, BFH/NV 2012 S. 204).
BFH-Urteil vom 26. 7. 2012 – VI R 98/10
u
DB0529162
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0529144.
Zur Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG
EStG § 31, § 32, § 36 Abs. 2, § 62, § 66 Abs. 3, § 67; GG Art. 2
Abs. 1, Art. 3 Abs. 1
Fu¨r die Hinzurechnung nach § 31 Satz 4 EStG ist allein ent-
scheidend, ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Ob Kinder-
geld tatsa¨chlich gezahlt worden ist, ist ohne Bedeutung.
BFH-Urteil vom 13. 9. 2012 – V R 59/10
u
DB0529164
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0529148.
2560
Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 45 | 9. 11. 2012