Forderung, die dem Sicherungsnehmer, hier der Kla¨gerin, ein
Absonderungsrecht auch dann verschafft, wenn die Bedingung
erst nach Ero¨ffnung des Insolvenzverfahrens u¨ber das Vermo¨gen
des Sicherungsgebers eingetreten ist
18
.
Erlangung einer insolvenzfesten Rechtsposition des Siche-
rungsnehmers
16
I
3.
Nach den bisher getroffenen Feststellungen ist nicht aus-
zuschließen, dass die Kla¨gerin mit der Abtretung vom 10. 2.
2004
eine Rechtsposition erlangt hat, die ihr durch die Insol-
venzero¨ffnung nicht mehr genommen werden konnte.
Voraussetzungen fu¨r eine gesicherte Rechtsposition
17
I
a)
Eine gesicherte Rechtsposition, die dem Erwerbsverbot
des § 91 InsO standha¨lt, erlangt der Zessionar allerdings nur,
wenn der abgetretene Anspruch durch Wegfall des Sicherungs-
zwecks im Zeitpunkt der Insolvenzero¨ffnung bereits entstanden
war
19
.
Entsteht die im Voraus abgetretene Forderung nach
Ero¨ffnung des Insolvenzverfahrens, kann der Zessionar gem.
§ 91 Abs. 1 InsO grundsa¨tzlich kein Forderungsrecht zulasten
der Masse mehr erwerben; nur wenn er bereits vor der Ero¨ffnung
des Insolvenzverfahrens eine gesicherte Rechtsposition hinsicht-
lich der abgetretenen Forderung erlangt hat, ist die Abtretung
insolvenzfest
20
.
Gesichert ist eine Rechtsposition z. B. dann,
wenn der Zedent und der Pfa¨ndungsschuldner sie ohne Zustim-
mung des Zessionars oder des Pfa¨ndungspfandgla¨ubigers nicht
mehr zersto¨ren ko¨nnen
21
.
Fa¨lligwerden des Ru¨ckgewa¨hranspruchs aus der Sicherungs-
abrede vor Insolvenzero¨ffnung erforderlich
18
I
b)
Eine insolvenzfeste Rechtsposition erlangte die Kla¨gerin
daher nur, soweit im Zeitpunkt der Insolvenzero¨ffnung der Si-
cherungszweck bereits endgu¨ltig weggefallen und der Ru¨ck-
gewa¨hranspruch aus der Sicherungsabrede deshalb fa¨llig gewor-
den war
22
.
Im Rahmen der streitgegensta¨ndlichen Kautionsver-
sicherung ist der Sicherungszweck nur weggefallen, soweit keine
weiteren Bu¨rgschaften mehr ausgereicht werden konnten und
ein Sicherungsfall aus den bestehenden Bu¨rgschaften nicht mehr
oder nicht mehr in der besicherten Ho¨he entstehen konnte.
Denn nach der getroffenen Zweckbestimmung diente die vor-
rangige Abtretung der Sicherung aller bestehenden und ku¨nfti-
gen – auch bedingten oder befristeten – Anspru¨che aus sa¨mt-
lichen abgeschlossenen Versicherungsvertra¨gen und damit einem
weiten Sicherungszweck
23
,
nicht lediglich der Besicherung einer
konkreten Einzelforderung. Hierzu hat das Berufungsgericht,
auf Grundlage seiner Rechtsauffassung folgerichtig, bislang kei-
ne Feststellungen getroffen.
Zuru¨ckverweisung an das OLG und Hinweise des Senats
19
I
III.
Das Urteil des Berufungsgerichts unterliegt daher der
Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit es zum Nachteil der
Kla¨gerin erkannt hat. Die Sache ist, weil sie nicht zur Endent-
scheidung reif ist, an das Berufungsgericht zuru¨ckzuverweisen
(
§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird im Rah-
men noch zu treffender tatrichterlicher Feststellungen im Ein-
zelnen zu pru¨fen haben, ob die Abtretungsvereinbarung vom
10. 2. 2004
auch die dem Schuldner zustehenden Ru¨cku¨bertra-
gungsanspru¨che gegenu¨ber der V umfasste und diese insolvenz-
fest (§ 91 InsO) erworben werden konnten. Sollte dies der Fall
sein, ist dem auf § 134 InsO gestu¨tzten Anfechtungseinwand
des Beklagten nachzugehen. Schließlich hat das Berufungs-
gericht, sollte die geltend gemachte Anfechtung nicht durchgrei-
fen, zu erwa¨gen, ob Feststellungskosten nach § 170 Abs. 1,
§ 171 Abs. 1 InsO von dem vereinnahmten Sparguthaben in
Abzug zu bringen sind. Diese stehen dem beklagten Verwalter
im Regelfall zu
24
.
18
Vgl. BGH-Urteil vom 8. 7. 1993 – IX ZR 116/92, BGHZ 123 S. 183 (190) = DB
1993
S. 2586;
Ganter
,
a.a.O. (Fn. 15), Rdn. 424.
19
Vgl. BGH vom 10. 11. 2011, a.a.O. (Fn. 15), Rdn. 12; vom 26. 1. 2012 – IX ZR
191/10,
DB 2012 S. 684 = ZIP 2012 S. 638, Rdn. 29 ff.
20
BGH-Urteil vom 22. 4. 2010 – IX ZR 8/07, NZI 2010 S. 682, Rdn. 9, m. w. N.;
vom 26. 1. 2012, a.a.O. (Fn. 19).
21
BGH vom 26. 1. 2012, a.a.O. (Fn. 19);
Uhlenbruck
,
InsO, 13. Aufl., § 91
Rdn. 22.
22
Vgl. dazu auch
Freckmann
,
BKR 2012 S. 133 (134 f.).
23
Vgl. dazu BGH vom 10. 11. 2011, a.a.O. (Fn. 15), Rdn. 14 ff.;
Kesseler
,
NJW
2012
S. 577 (578);
Freckmann
,
BKR 2012 S. 133 (134 f.).
24
Vgl. BGH-Urteil vom 11. 7. 2002 – IX ZR 262/01, DB0047904 = WM 2002
S. 1797 (1800).
Versicherungsrecht
D&O-Versicherung: Ausschluss von gesetzlichen
Anzeigepflichten durch Allgemeine Versicherungs-
bedingungen
Auslegung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen fu¨r die
Vermo¨gensschaden-Haftpflichtversicherung von Unterneh-
mensleitern und Leitenden Angestellten (ULLA) – Zur Anzeige-
pflicht bei unabha¨ngig vom Willen der Versicherungsnehmerin
eingetretener Gefahrerho¨hung – Unwirksamkeit einer Klausel,
nach der Versicherungsschutz mit Abschluss der Liquidation
oder mit Beginn des neuen Beherrschungsverha¨ltnisses erlischt
D&O-Versicherung; Allgemeine Versicherungsbedingungen fu¨r
die Vermo¨gensschaden-Haftpflichtversicherung von Unterneh-
mensleitern und Leitenden Angestellten (ULLA) Nr. 9.2.1,
9.2.2;
VVG a. F. §§ 27, 28
Fu¨r die Anzeigepflicht bei einer nicht veranlassten Gefahr-
erho¨hung enthalten die Allgemeinen Versicherungsbedin-
gungen fu¨r die Vermo¨gensschaden-Haftpflichtversicherung
von Unternehmensleitern und Leitenden Angestellten
(
ULLA) eine abschließende Regelung, die einen Ru¨ckgriff
auf die gesetzlichen Vorschriften der §§ 27, 28 VVG a. F. aus-
schließt.
BGH-Urteil vom 12. 9. 2012 – IV ZR 171/11
u
DB0529215
Die Parteien streiten u¨ber Leistungen aus einer Vermo¨gensschaden-
Haftpflichtversicherung wegen Erstattung von Rechtsanwaltskosten.
Der Kla¨ger (ehemals Kla¨ger zu 2) war seit dem 13. 12. 2006 Mitglied
des Aufsichtsrats der H. Molkerei AG. Diese hatte bei der Beklagten
eine als Vermo¨gensschaden-Haftpflichtversicherung von Unterneh-
mensleitern und Leitenden Angestellten bezeichnete D&O-Versiche-
rung mit Innenverha¨ltnisdeckung geschlossen. Versicherte Person war –
neben weiteren – der Kla¨ger.
Die in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingun-
gen (ULLA) lauten auszugsweise wie folgt:
„2.
Versicherungsfall:
Versicherungsfall ist die erstmalige Geltendmachung eines Haft-
pflichtanspruches gegen eine versicherte Person. . . .
4.
Sachlicher Umfang des Versicherungsschutzes:
4.1
Der Versicherungsschutz umfasst sowohl die gerichtliche und
außergerichtliche Abwehr unbegru¨ndeter als auch die Befriedigung
begru¨ndeter Schadenersatzanspru¨che. . . .
DER BETRIEB | Nr. 45 | 9. 11. 2012
Wirtschaftsrecht
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