Einbindung, z. B. durch einen vom Arbeitgeber einseitig vor-
gegebenen Stundenplan, ergeben kann.
(
Orientierungssa¨tze der Richterinnen und Richter des BAG)
BAG-Urteil vom 15. 2. 2012 – 10 AZR 301/10
u
DB0481746
Hinweis des Senats:
Besta¨tigung von BAG vom 20. 1. 2010 – 5 AZR 106/09,
DB 2010 S. 964.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext unter DB0474520.
Gleichbehandlung
Widerspru¨chliches Verhalten oder wechselnde Be-
gru¨ndungen des Arbeitgebers ko¨nnen Indizien fu¨r
eine Diskriminierung darstellen
Diskriminierung (hier: wegen wegen ethnischer Herkunft) –
Darlegung von Indizien – Quoten oder Statistiken als Indizien –
Falsche oder widerspru¨chliche Ausku¨nfte u¨ber den Grund der
Benachteiligung – Kein Ende immaterieller Beeintra¨chtigung
mit Aufnahme anderweitiger Bescha¨ftigung
AGG § 7 Abs. 1, § 15 Abs. 1 und Abs. 2, § 22
1.
Aus Quoten oder Statistiken ko¨nnen sich Indizien fu¨r eine
Diskriminierung ergeben. Jedoch ist die bloße Unterrepra¨-
sentation einer Gruppe von Bescha¨ftigten nicht zwingend
Indiz fu¨r eine diskriminierende Personalpolitik. So ist der
Umstand, dass ein Arbeitgeber im gesamten Unternehmen
Arbeitnehmer aus 13 Nationen bescha¨ftigt, in einem Betrieb
jedoch zeitweise keine Arbeitnehmer nichtdeutscher Her-
kunft, nicht aussagekra¨ftig.
2.
Zuna¨chst liegt es in der Verantwortung des Arbeitnehmers,
das Gericht von Indizien, also von der u¨berwiegenden Wahr-
scheinlichkeit einer Diskriminierung zu u¨berzeugen. Erst
dann tra¨gt der Arbeitgeber die Beweislast dafu¨r, dass eine
diskriminierende Benachteiligung nicht vorlag.
3.
Dagegen kann es ein Indiz fu¨r eine Diskriminierung darstel-
len, wenn ein Arbeitgeber bei der Auskunfterteilung Gru¨nde
angibt, die im Widerspruch zu seinem sonstigen Verhalten
stehen.
4.
Ebenso ko¨nnen gegebene, aber wechselnde Begru¨ndungen
des Arbeitgebers Indizwirkung fu¨r eine benachteiligende
Maßnahme haben.
5.
Mit der Aufnahme einer anderweitigen Bescha¨ftigung endet
nicht denknotwendig die mit einer Entscha¨digung auszuglei-
chende immaterielle Beeintra¨chtigung.
(
Orientierungssa¨tze der Richterinnen und Richter des BAG)
BAG-Urteil vom 21. 6. 2012 – 8 AZR 364/11
u
DB0529310
Die Parteien streiten u¨ber Schadenersatz- und Entscha¨digungsanspru¨-
che, die die Kla¨gerin geltend macht, weil sie sich wegen ihrer ethnischen
Herkunft durch die Beklagte benachteiligt sieht. Die 1978 in der Tu¨rkei
geborene Kla¨gerin lebt seit 1989 in Deutschland und hat eine Ausbil-
dung als Arzthelferin abgeschlossen. Die Beklagte ist eine Tra¨gerin der
gesetzlichen Unfallversicherung, die in elf Bezirksverwaltungen u¨ber
1.800
Mitarbeiter bescha¨ftigt, davon in der Bezirksverwaltung M 155.
Mit dieser schloss die Kla¨gerin am 25. 1. 2008 einen Arbeitsvertrag u¨ber
eine auf den Zeitraum vom 1. 2. 2008 bis 31. 12. 2008 nach § 14
Abs. 2 TzBfG i. V. mit § 30 Berufsgenossenschafts-Angestelltentarif-
vertrag (BG-AT) befristete Anstellung. Im Ma¨rz 2009 wurde das Ar-
beitsverha¨ltnis der kurz nach der Kla¨gerin eingestellten, zuna¨chst eben-
falls befristet bescha¨ftigten Frau B entfristet. Vom 18. 2. 2008 bis 6. 2.
2009
bescha¨ftigte die Beklagte in der Bezirksverwaltung M eine Prakti-
kantin tu¨rkischer Herkunft. Andere Arbeitnehmer nichtdeutscher Her-
kunft wurden wa¨hrend der Dauer des Arbeitsverha¨ltnisses der Kla¨gerin
in M nicht bescha¨ftigt. In den anderen zehn Bezirksverwaltungen be-
scha¨ftigt die Beklagte Mitarbeiter aus 13 verschiedenen Nationen. Am
11. 9. 2009
teilte der Leiter der Bezirksverwaltung M der Kla¨gerin mit,
dass eine Verla¨ngerung oder Entfristung des Arbeitsverha¨ltnisses nicht
erfolgen werde. Mit Anwaltsschreiben vom 5. 11. 2009 ließ die Kla¨gerin
Schadensersatz- und Entscha¨digungsanspru¨che nach dem AGG bei der
Beklagten geltend machen.
Die Kla¨gerin sieht sich von der Beklagten wegen ihrer ethnischen Her-
kunft benachteiligt. Dafu¨r spreche, dass sie in der Bezirksverwaltung M
die einzige nichtdeutsche Arbeitnehmerin gewesen sei, wa¨hrend in an-
deren Bezirksverwaltungen auch Arbeitnehmer anderer Nationen be-
scha¨ftigt wu¨rden. Schließlich seien die Angaben und das Verhalten der
Beklagten widerspru¨chlich, was die Gru¨nde fu¨r die Nichtverla¨ngerung
angehe. Zuna¨chst habe der Leiter der Bezirksverwaltung auf eine Fusion
verwiesen. Dann habe die Beklagte eine Begru¨ndung abgelehnt und
nunmehr mache sie angebliche Fehler und Leistungsma¨ngel der Kla¨ge-
rin geltend. Dies indiziere, dass u¨ber den wahren, jedoch verbotenen
Grund fu¨r die Nichtverla¨ngerung, eine Benachteiligung wegen der eth-
nischen Herkunft, nicht gesprochen werden solle.
Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kla¨gerin hat
das LAG (Rheinland-Pfalz – 9 Sa 678/10) das Urteil des ArbG teilwei-
se abgea¨ndert und die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in ver-
langter Ho¨he sowie zur Zahlung einer Entscha¨digung i. H. von 2.500 €
verurteilt. Beide Revisionen hatten Erfolg; das BAG hat die Sache an
das LAG zuru¨ckverwiesen.
AUS DEN GRU¨ NDEN
1 . . . 17
I
A.
. . .
B.
Die Klage auf Zahlung einer Entscha¨digung,
deren Ho¨he die Kla¨gerin in das Ermessen des Gerichts gestellt
hat, ist zula¨ssig, aber nicht zur Entscheidung reif.
Weigerung des Arbeitgebers, nach Ablauf der Befristung das
Arbeitsverha¨ltnis fortzusetzen, ist eine Benachteiligung
18
I
I.
Das LAG hat der Kla¨gerin eine Entscha¨digung i. H. von
2.500
€ mit einer Begru¨ndung zugesprochen, die einer revisions-
rechtlichen U¨ berpru¨fung nicht standha¨lt . . .
19 . . . 23
I
3.
Soweit gesetzlich nicht anders geregelt, gelten fu¨r
einen Entscha¨digungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG die glei-
chen Voraussetzungen wie fu¨r den Schadensersatzanspruch nach
§ 15 Abs. 1 AGG. Dies ergibt sich schon aus dem systemati-
schen Zusammenhang
1
.
Daher ist Anspruchsvoraussetzung ein
Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. Die
Klage wird auf eine Benachteiligung wegen der ethnischen Her-
kunft der Kla¨gerin gestu¨tzt, also auf die Benachteiligung wegen
eines in § 1 AGG genannten Grundes.
24
I
a)
Zutreffend ist das LAG zuna¨chst davon ausgegangen, dass in der
Verweigerung der Fortsetzung, d. h. in der Weigerung zum Abschluss
eines an die auslaufende Befristung anschließenden Arbeitsverha¨ltnisses,
eine unmittelbare Benachteiligung der Kla¨gerin i. S. von § 3 Abs. 1
AGG liegt.
1
Vgl. BVerwG vom 3. 3. 2011 – 5 C 16.10, Rdn. 14, BVerwGE 139 S. 135; BAG
vom 17. 8. 2010 – 9 AZR 839/08, Rdn. 25, DB0391015 = AP AGG § 15 Nr. 4 =
EzA SGB IX § 81 Nr. 21; vom 22. 1. 2009 – 8 AZR 906/07, Rdn. 28, BAGE 129
S. 181 = DB 2009 S. 2045 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1.
DER BETRIEB | Nr. 45 | 9. 11. 2012
Arbeitsrecht
2579