Rheinisches Ärzteblatt 01/2023

Rheinisches Ärzteblatt / Heft 1 / 2023 25 Wissenschaft und Fortbildung – Aus der Arbeit der Gutachterkommission, Folge 135 aufgezeigt. Dieser Befund sei, wie in der Klinik üblich, der weiterbehandelnden Reha-Klinik zugesandt worden. Letztmalig habe sich die Patientin drei Monate post- operativ zur routinemäßigen Kontrolle mit reizlosen Nahtverhältnissen vorgestellt. Als Befund habe sich eine freie Beweglichkeit für Streckung und Beugung gezeigt. Es habe kein Stauchungsschmerz bestanden. Die Innenrotation sei noch endgradig eingeschränkt gewesen. Die Röntgenkontrolle habe eine regelrechte Prothesenlage ergeben, wobei unverändert eine cortikale Auftreibung an der Schaftspitze, so wie sie bereits vor der Wechsel-OP vorgefunden worden war, aufgefallen sei. Sachverhalt Vorgelegt wurden der OP-Bericht und der Entlassungsbrief über die zwölftägige Behandlung im Juli 2014. Bei der Patientin lagen demnach mehrere Risikofaktoren vor. Es bestanden eine Adipositas permagnamit einemBody Maß Index von 39, eine respiratorische Insuffizienz bei Asthma bronchiale und ein Zustand nach Lungenembolie im Jahr 2012 mit damaliger Infarktpneumonie. Das EKG zeigte einen Linksschenkelblock auf. Diverse Unverträglichkeiten waren bekannt, die durch drei Allergiepässe ausgewiesen wurden. Zudem bestand seit 20 Jahren ein mit L-Thyroxin 125 substituierter Zustand nach operativ und radiojodbehandeltem Schilddrüsenkarzinom. Der Röntgenbefund zeigte präoperativ Mitte Juli 2014 eine Koxarthrose beidseits, die auf der rechten Seite fortgeschritten war mit nahezuAufhebungdesGelenkspalts und Hüftkopfdeformierung. Vorgelegt wurde eine MediCAD-Planung zur Implantation einer zementfreien Hüfttotalendoprothese rechts mit acetabularer Komponente Ecofit Cup Größe 52 und geplantem AJS Stem der Größe 4. Laut OP-Bericht erfolgte die Zementierung mit der Begründung, dass die Patientin angegeben hatte, nicht in der Lage zu sein, für vier Wochen eine Teilbelastung durchzuführen. Beschrieben wird die komplikationslose Implantation eines AJS-Stems der Größe 6, mit 12/14er Konus, einer Müller PE-Pfanne der Größe 52mit Kopf inmittlerer Halslänge 32mm. Die intraoperativenVideoprint-Bilder der acetabulären wie auch der Schaft-Komponente zeigten einen regelrechten Zustand nach zementierter Prothese. Berichtet wurde über einenAnstieg des CRPWerts von präoperativ < 0,5 mg/dl bis auf 8,73 mg/dl am zweiten postoperativen Tag mit nachfolgendem Abfall bis zum fünften postoperativen Tag auf 2,76 mg/dl. Die vorliegende Beckenübersichtsaufnahme vom dritten postoperativen Tag zeigte weiterhin eine mittelgradige Koxarthrose links und einen Zustand nach zementierter Hüft-TEP rechts mit Inklinationswinkel der Pfanne von 47°. Es bestand kein Anhalt für eine Schaft- oder Pfannenlockerung. Pfannenlockerung Der Ambulanzbericht über eine erneute Konsultation Anfang Mai 2018 berichtet über denklinischenVerdacht einer Pfannen- lockerung. Die Beckenübersichtsaufnahme zeigt bei Zustand nach zementierter Hüfttotalendoprothese rechts die Pfanne gelockert und verkippt. Der Inklinationswinkel liegt bei 69°. Die Schaftkomponente ist im Vergleich zu den Voraufnahmen zwar nicht gesintert, es zeigt sich aber eine deutliche Saumbildung in den zwei cranialen Schaftdritteln und eine sehr auffällige, kolbige Auftreibung der Corticalis um die Schaftspitze herum. Die Knochenstruktur wirkt insgesamt unruhig konfiguriert. Der Szintigrafiebefund vonMitteMai 2018 wurde folgendermaßen befundet (Auszüge): „….In der Blutpoolphase leicht erhöhte Tracer Mehraufnahme periprothetisch am rechten Hüftgelenk, betont an der Prothesenspitze. In der Spätphase zeigt sich deutlich erhöhte Tracer Aufnahme an der Spitze der Hüftendoprothese, geringer am Schaft und in der Gelenkpfanne…“. Die präoperative MediCad-Planung der im Verfahren beschuldigten Orthopäden erfolgte für einen Schaft- und Pfannenwechsel. Der CRP-Wert, der präoperativ Anfang Vorwürfe und Fehler* bei Hüft-Endoprothetik in den Abschlussjahren der nordrheinischen Verfahren 2017 bis 2021 1.1.2017 – 31.12.2021 Gesamt Fehler Einzelfehler* n (Anteil) Fehler (in % v. Sp.2) Diagnostik/ Planung Indikation OP- technisch p.o. Infekt- Behandlung Andere p.o. Fehler Andere Fehler Dokumen- tation¹ RisikoAufklärung² Anzahl Begutachtungen 6.893 (100 %) 2.042 (29,6%) 242 [87] 3,5 % [1,8] Vorwürfe Hüft-Endoprothetik 267 (3,9) 72 (27) 4 3 50 7 34 6 11 (45) 4 [/] 1) Hüft-Endoprothetik, primär 214 (3,1) 61 (28,5) 3 2 41 6 31 5 8 (38) 4 [/] – Koxarthrose 158 (2,3) 47 2 / 35 4 25 2 7 (25) 1 [/] – nur Hüftdysplasie (Erw.) 3 (<0,1) 2 1 / 1 1 1 / 1 (1) / – Fraktur/Pseudarthrose 51 (0,7) 11 / 1 4 1 5 3 / (12) 3 [/] – Andere Erkrankungen 2 (<0,1) 1 / 1 1 / / / / / 2) Wechsel-OP 53 (0,8) 11 (20,8) 1 1 9 1 3 1 3 (7) / * Mehrfachnennung (max. 4 Einzelfehler pro belastetem Arzt) ¹ bei Verfahren mit Fehler: in Klammern (Gesamtzahl) ² Gesamtzahl Fehler [davon bei verneintem BF in %] Erw.=Erwachsene

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