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dere in der Förderung des christlich-islamischen
Dialogs.
Die Architekten:
Gernot Kramer und Rudolf Steinbach
Der Architekt Rudolf Steinbach (1903–1966) war
zum Zeitpunkt der ersten Planungen des Moschee-
baus Professor für Baukonstruktionslehre an der
RWTH und gleichzeitig ein Freund und Kenner der
islamischen Kunst und Architektur. Er trat als Betreuer
und Fürsprecher des Bauvorhabens gegenüber der
Hochschule und Stadt auf. Schon kurz nach Beginn
der Planungsphase übernahm 1959 sein damaliger
Assistent Gernot Kramer (1928–2000) die gesamte
Bauplanung und zeichnete von diesem Zeitpunkt
an für alle Entwürfe und die Ausführung der Bilal-
Moschee verantwortlich. Die Eröffnung der Moschee
sollte Rudolf Steinbach, der 1966 verstarb, nicht
mehr erleben.
Zum Zeitpunkt der Bauleitungsübernahme die-
ses besonderen Projekts war Kramer erst 31 Jahre
alt, Steinbach dagegen eine Koryphäe an seinem
Aachener Lehrstuhl. Die beiden arbeiteten seit
1955 zusammen und realisierten in dieser Zeit u. a.
den Neubau des Forschungsinstituts für Rationa-
lisierung der RWTH Aachen und die Erweiterung
der Architekturfakultät der RWTH. Vorher hatte
Kramer größtenteils Wohnbauten sowie eine Schule
entworfen – die Bilal-Moschee war sein erster
Sakralbau und sollte auch sein einziger bleiben.
Steinbach dagegen konnte bereits auf eine lange
Karriere als Ingenieur, Architekt und Baumeister
sowie auf große Erfahrung im Bereich christlicher
Sakralbauten zurückblicken. Mit Rudolf Schwarz
hatte er 1946–51 den Wiederaufbau der Kirche
Johannisberg entworfen und geplant sowie als
Bauleiter mit ihm die Kirchen St. Maria Königin in
Frechen (1952–54), St. Albert in Andernach (1951–
54) und St. Anna in Düren (1951–56) errichtet.
Rudolf Steinbach war ein Weggefährte
von Rudolf Schwarz und teilte mit diesem den
Glauben an eine architektonische Tradition und die
Ablehnung des Technizismus und Funktionalismus.
Im Rahmen der Bauhaus-Debatte von 1953, in
der Rudolf Schwarz als maßgeblicher Protagonist
gegen Walter Gropius auftrat, verteidigte Steinbach
Schwarz und wies ebenfalls auf die vom Bauhaus
ignorierte Diskrepanz zwischen Funktion und Form
hin. Steinbach bewegte sich zusammen mit den
beiden großen Architekten Schwarz und Dominikus
Böhm im Bereich des Kirchenwiederaufbaus im
Rheinland nach dem Zweiten Weltkrieg, der dem
Funktionalismus eher fern stand: Keine reinen
„Liturgie-Maschinen“ wurden produziert, sondern
künstlerisch autonome Bauwerke.
Gernot Kramer selbst hatte nie bei Steinbach
studiert, dessen Prinzipien dürften ihm als seinem
Assistenten jedoch wohlbekannt und künstle-
risch nahe gewesen sein. Kramers Ausbildung
bei Egon Eiermann an der TH Karlsruhe ist dabei
eine interessante Komponente im architektur-
historischen Gefüge, da Eiermann im gewissen
Sinne eine Gegenposition zu Steinbach darstellte,
insofern er sich in der Tradition von Mies van der
Rohe und Gropius verstand und die Aufgabe des
Architekten nicht in einem künstlerischen Akt,
sondern im konstruktiven Schaffen sah. Nach dem
Bau der Bilal-Moschee löste sich Kramer bald von
der brutalistischen Formensprache des Betons und
präsentierte etwa 1975–78 ein Karlsruher Wohn-,
Park- und Geschäftshaus in der typisch material-
und formenfreudigen Architektur der beginnenden
Postmoderne. Der Einfluss Steinbachs auf die
Entwürfe Kramers kann gerade in Details letztlich
nicht zweifelsfrei geklärt werden. Blickt man jedoch
heute auf das Lebenswerk Kramers, wird der Einfluss
Steinbachs auf Materialwahl und Formensprache
der Bilal-Moschee sowie auch Kramers spätere
Loslösung davon nur allzu deutlich.
Die Anfänge des Bauvorhabens
Ziel des Bauvorhabens war laut Gernot Kramer,
„jungen Studenten, die durch ihr Studium zum
ersten Mal nach Europa kommen und mit einer
Unmenge fremden, oft verwirrenden Eindrücken
konfrontiert werden, eine geistige Heimat zu