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s war die Zeit, als die
Spiele nahezu geschlos-
sen noch am Sonnabend
um 15.30 Uhr angepfif-
fen wurden. Flutlichtspiele am
Freitagabend bildeten eher die
Ausnahme und genossen in Bre-
men einen legendären Ruf – das
aber ist eine andere Geschichte.
Also zurück zum Spiel
gegen
Schalke: 24.000 Zuschauer freu-
ten sich auf das nächste Bremer
Fußballfest, und viele von ih-
nen hielten dabei erstmals eine
schmucke Stadionzeitung in den
Händen. Das Werder-Echo hatte
sich herausgeputzt. „Sie werden
sicher überrascht sein von dieser
neuen Form unserer Stadionzei-
tung“, schrieb der damalige Ma-
nager Willi Lemke im Vorwort
des neuen 30-seitigen Produkts.
Und er vergaß auch nicht, das
schicke Heft gleich mal zu verkau-
fen: „Wir beim SV Werder sind
ehrlich gesagt stolz darauf, Ihnen,
liebe Leserinnen und Leser, zum
Rückrundenstart mit diesem erst-
mals im Farbdruck erstellten Heft
eine zusätzliche Weihnachtsfreu-
de bereiten zu können.“ Und in
der Tat: Werder schlug mit dem
Vierfarbdruck auch in diesem Be-
reich ein neues Kapitel in punkto
Vermarktung auf. Aus anfangs
noch einem Faltblatt und dann ei-
nem eher schlichten in grün-weiß
gehaltenen Heftchen war jetzt
ein Werder-Echo randvoll mit Ge-
schichten entstanden. Das sprach
sich herum. Nicht selten war das
neue Werder-Echo schnell ver-
griffen, und die Auflage musste
erhöht werden.
Ich schreibe dies nicht,
weil ich
als damaliger Redakteur des
Weser-Kurier für die Texte ver-
antwortlich zeichnete, sondern
weil jetzt auch richtig Zug in die
Produktion des Blattes kam. Ge-
schichten rund um Werder muss-
ten her. Das Internet gab es noch
nicht, so musste alles haarklein
recherchiert werden. Unzählige
Termine und Telefonate mussten
gemacht und geführt werden.
Der Aufwand war gewaltig, kein
Vergleich zu heute. Geschrieben
wurde auf der Schreibmaschine.
Alle Fäden liefen bei der Mati-
schak-Werbung in der Bremer
Bismarckstraße beim damaligen
Geschäftsführer der Agentur,
Gerhard Zebrowski, zusammen.
Mal eben und so nebenbei ging
gar nichts.
Das galt ganz besonders
für
die Erstellung der Seite 4. Hier
sprach der Trainer – und das
war Otto Rehhagel. Seine ganz
spezielle Art im Umgang mit
Journalisten machte die Arbeit
nicht gerade leichter. Mehrfach
musste Gerhard Zebrowski, Ex-
Profi und Mitglied der Werder-
Meister-Mannschaft von 1965,
ein gutes Wort einlegen. Noch
heute erscheint es mir wie ein
Wunder, dass es gelang, alle
14 Tage die Seite 4 mit einem
Rehhagel-Exklusivtext zu füllen
– über zwei Jahre lang, denn so
lange trafen wir uns und spra-
chen an unterschiedlichsten
Orten kurz die Texte ab. Mal in
seiner Mercedes-S-Klasse, mal
beim Durchrennen des alten Ka-
binengangs im Weser-Stadion,
mal am Telefon. Und wenn par-
tout gar nichts ging, schrieb ich
einfach. Zebrowski stimmte den
Text ab. Kurz: Die Seite 4 war
die eigentliche Herausforderung
meines Jobs, denn wenn Rehha-
gel mal aus dem Nähkästchen
plauderte, hieß das noch lange
nicht, dass das auch im Werder-
Echo erscheinen durfte.
Nun aber noch einmal zurück
zum
7. Dezember 1985: Werder besieg-
te Schalke mit 3:1. Klaus Täuber
hatte die Gäste in der 20. Minute
in Führung gebracht. Drei Tore
von Frank Neubarth (32., 51. und
59. Minute) sorgten schließlich
für klare Verhältnisse im Weser-
Stadion. Werder wurde in dieser
Saison übrigens Vize-Meister. Da-
bei hatten die Bremer die Tabelle
deutlich öfter angeführt als Meis-
ter Bayern München. Richtig, da
war doch was? Der unvergessene
33. Spieltag mit dem verschosse-
nen Elfmeter von Michael Kutzop
beim 0:0 im Heimspiel gegen die
Bayern. Ein Tor, ein Sieg, und
Werder wäre Meister gewesen.
Das aber ist nun schon wieder
eine andere Geschichte...
Otto-Ulrich Bals
OTTO-
ULRICH BALS
ist 56 Jahre alt. Seit seinem Ein-
tritt in die Sportredaktion des
Weser-Kurier im Sommer 1982
begleitet er beruflich den SV Wer-
der. Heute ist der gebürtige West-
fale Leiter der Sportredaktion der
Nordwest-Zeitung in Oldenburg,
wo er seit 1998 lebt und arbeitet.
Werder entdeckt das
Farbenspiel
Rückrundenstart 1985/1986:
Werder empfängt am 7. Dezember 1985 im Weser-
Stadion den FC Schalke 04. Die Mannschaft von Otto
Rehhagel läuft als ‚Herbstmeister‘ ein.
WERDER MAGAZIN 299 87
WERDER-ERINNERUNGEN