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ls ich in der Winter-
pause 1992/1993 nach
Bremen gewechselt bin,
war das ein Schritt in
eine neue Welt. Sie müssen sich
vorstellen: Beim VfB Leipzig
spielten wir zwar erfolgreichen
Fußball, aber trotzdem kamen
selten mehr als 800 Zuschauer
ins Stadion. Das war mein Alltag
– und ehe ich mich versah, stand
ich auf dem Rasen im Weser-Sta-
dion und spielte vor zigtausend
Menschen gegen den großen FC
Barcelona.
Meine ersten Spiele
im Werder-
Trikot waren extrem wichtig für
mich. Otto Rehhagel hatte mir
vor meiner Verpflichtung gesagt:
‚Bernd, wenn Sie fit sind, dann
spielen Sie auch.‘ Doch die Kon-
kurrenz im Angriff hatte es in
sich. Wynton Rufer, Frank Neu-
barth, Stefan Kohn – dazu Klaus
Allofs. Ich habe mich mit Klaus
immer gut verstanden, aber als
plötzlich so ein junger Hüpfer
wie ich den Vorzug bekam, war
er sicher ein bisschen angefres-
sen… Im Training gab jeder von
uns Vollgas. Als noch vor dem
Rückrundenstart das UEFA-Su-
per-Cup-Hinspiel gegen ‚Barca‘
anstand, beorderte mich Otto
tatsächlich in die Startelf.
Ich war wahnsinnig nervös
,
schließlich galt Barcelona mit
Weltstars wie Ronald Koeman
und Hristo Stoichkov als ‚Dream-
Team‘. Mit dem Anpfiff war das
alles vergessen. Ich schoss sogar
ein Tor, wegen einer Abseitsstel-
lung wurde der Treffer jedoch
nicht anerkannt. Um ehrlich zu
sein: Ich habe sogar viele Bälle
verstolpert. Gott sei Dank hatte
ich als Neuzugang einen Bonus,
sonst hätten mich die Fans be-
stimmt nicht so toll unterstützt.
Am Ende hieß es 1:1.
Bei meinem
Bundesliga-Debüt
gegen den 1. FC Nürnberg ge-
wannen wir dann 3:0 – und mir
gelang mein erstes Pflichtspieltor
für Werder. Viel wichtiger war
jedoch der Treffer am darauffol-
genden Spieltag. In Leverkusen
erzielte ich mit dem Schlusspfiff
den 2:2-Ausgleich, und auch
beim 3:0-Sieg gegen den Karlsru-
her SC war ich erfolgreich. Drei
Tore in den ersten drei Liga-Spie-
len – einen besseren Einstand
hätte ich mir nicht wünschen
können.
Dass ich in Bremen
so gut zu-
rechtkam, lag auch an Andreas
Herzog. Er hat mir am Anfang
sehr geholfen, für mich war ja
vieles neu. Das ganze Drumher-
um, die Medien, das Interesse an
meiner Person. Der ‚Ösi‘ und der
‚Ossi‘, das war einfach eine gute
Kombination. Privat haben wir
uns auf Anhieb gut verstanden,
und auf dem Platz harmonierten
wir auch. Die Medien verpassten
uns den Spitznamen ‚Pitsch und
Patsch‘.
So perfekt
wie zu Beginn sollte
es allerdings nicht weitergehen.
Ich war bei Otto zwar weiter-
hin ‚erste Wahl‘, traf aber in den
nächsten elf Spielen nur noch
zwei Mal. Als das Titelrennen
gegen den FC Bayern auf die Ziel-
gerade ging, saß ich plötzlich auf
der Bank, so auch am 34. Spiel-
tag beim VfB Stuttgart. Ich war
ein bisschen sauer, doch als sich
Stefan Kohn kurz vor der Pause
verletzte, schlug meine Stunde.
Um mich richtig aufzuwärmen,
blieb ich in der Pause auf dem
Platz, und nur 30 Sekunden
nach dem Wiederanpfiff schick-
te mich Uli Borowka ‚steil‘. Ich
traf zur 1:0-Führug – der Rest
ist Geschichte: Beim 2:0 legte
ich Thomas Wolter den Ball auf,
das 3:0 machte ich per Kopf. Der
Meistertitel war perfekt!
Aufgezeichnet von Jörn Lange
Der ‚Ösi‘ und
der ‚Ossi‘
Werder-Idole erinnern sich
an ihre größten Spiele in
grün-weiß. Heute: Bernd
Hobsch über Bilderbuch-
Debüts, ‚Pitsch und Patsch‘
und den Konkurrenzkampf
unter Stürmern.
Fotos: imago, picture-alliance
Starke Premieren-Saison in grün-
weiß
Bernd Hobsch holte 1993
mit dem SV Werder die Mei-
sterschale. Am 34. Spieltag
erzielte er per Kopf den Treffer
zum 3:0-Endstand beim VfB
Stuttgart (Foto unten).
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