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Bei der Fundoplikatio handelt es sich um ein manschetten-

förmiges Falten des Magenfundus um den unteren Ver-

schlussmuskel der Speiseröhre. Sie bedarf einer sorgfältig zu

prüfenden Indikation. Vorrang hat ein konsequenter medi-

kamentöser Behandlungsversuch. Bei erheblichen Verwach-

sungen aufgrund früherer Operationen sollte ein endosko-

pisch durchgeführter Eingriff vermieden werden, wenn

nicht besondere Erfahrungen bei der Behandlung solcher

Komplikationen vorliegen.

Die Gutachterkommission hatte kürzlich den nachfolgen-

den Vorgang zu beurteilen. Aus den Krankenunterlagen

der vor- und nachbehandelnden Ärzten sowie der beschul-

digten Chirurgischen Klinik ergab sich Folgendes:

Der Sachverhalt

Die Patientin, 72 Jahre alt, suchte wegen ständiger Be-

schwerden durch zurücklaufende Magensäure in die Speise-

röhre im Oktober eine internistische Gemeinschaftspraxis

auf.

In der Krankenakte finden sich bei der Anamnese Angaben

unter anderem über eine Oberbauchoperation wegen Ver-

wachsungen (vor längerer Zeit), eine Hashimoto-Strumitis,

ein chronisches Wirbelsäulensyndrom mit Zustand nach

Stabilisierungsoperation, eine koronare Herzerkrankung

und eine Hypothyreose.

Die in der Gemeinschaftspraxis durchgeführte Oesophago-

Gastroskopie zeigte eine unauffällige Oesophaguspassage.

In der Beurteilung heißt es unter anderem:

„Bei deutlich klaffender Cardia und kleiner Hiatushernie

dürfte es sich um eine chronische Refluxerkrankung han-

deln. Aktuell jedoch keine Zeichen einer höhergradigen Re-

fluxoesophagitis. Ansonsten unauffälliger Gastroskopie-

Befund. Keine peptischen Läsionen.“

Am 27. November wurde eine Röntgenuntersuchung von

Oesophagus, Magen und Duodenum in Doppelkontrast-

technik durchgeführt. Sie ergab folgenden Befund:

Unauffälliger Kontrastmittelbeschlag des

Oesophagus mit rascher Kontrastmittelpassage

aus dem Oesophagus in den Magen.

In Kopftieflage nach röntgenologischen Kriterien

nur diskreter Reflux bei kleiner axialer Hiatushernie.

Soweit bei Immobilität beurteilbar, unauffälliger Kon-

trastmittelbeschlag des Magens und des Bulbus duodeni.

Metallstifte sowie Metallspangen in Projektion auf die

LWS.

Eine weitere Untersuchung wurde vom 3. bis 4. Dezember

in einem Krankenhaus durchgeführt:

„Bei der Oesophagusmanometrie ergab sich ein eindeutig

defekter unterer Sphinkter mit einem Druck von 2,4 mmHg

und eine abdominelle Länge von 1 cm. Die Motorik der tu-

bulären Speiseröhre war mit Kontraktionswellen von 40–

50 mmHg im mittleren Speiseröhrendrittel unauffällig. Bei

entsprechender klinischer Befundkonstellation und endo-

skopischenVerhältnissen wäre die Patientin daher durchaus

eine Kandidatin für eine laparoskopische Fundoplicatio ...“.

Unter der Diagnose „gastro-oesophageale Refluxkrank-

heit, pathologisch erhöhter De Meester-Score“, wurde am

7. Januar in der beschuldigten Chirurgischen Klinik eine

laparoskopische 360° Fundoplicatio (nach Nissen-Rosetti)

durchgeführt. Nach den Unterlagen dauerte die Narkose

5 Stunden. Der Eingriff selbst erfolgte von 12:20 Uhr bis

16:25 Uhr. Im Pflegebericht ist vermerkt, die Patientin habe

bis einschließlich 6. Januar Aspirin genommen,worüber die

Ärzte informiert worden seien.

Nach entsprechender Aufklärung hatte die Patientin am

6. Januar ihr Einverständnis zur Operation (endoskopische

Manschettenbildung des Magens und der Speiseröhre) er-

teilt. Unter dem 6. Januar wurde auch eine Einwilligung in

einen Eingriff an Gallenblase und Gallengängen vermerkt,

der aber nicht erfolgt ist.Als mögliche Komplikationen wur-

den Blutung, Entzündung, Gefäß-/Nervenverletzung ange-

geben. Im postoperativen Verordnungsbogen heißt es unter

Operation: „Fundoplicatio/Cholecystektomie (endosko-

pisch)“. Letztere ist zu dieser Zeit nicht durchgeführt wor-

den. Im „Sofort-Informationsbogen“ vom 7. Januar ist unter

anderem eingetragen:„Leberblutung (Tabotamp)“ ohne An-

gabe der Ursache. Am ersten postoperativen Tag mussten

zwei Erythrozytenkonzentrate gegeben werden.

Erneute Operation

Wegen eines zunehmenden Bauchbefundes erfolgte am

10. Januar zwischen 18:00 Uhr und 21:15 Uhr die Re-Opera-

tion. Dabei fand sich eine iatrogene Fundusperforation im

Manschettenbereich, die nach Auflösung der Manschette

durch maschinelle Naht verschlossen wurde. Eine neue

Nissen-Manschette wurde angelegt. Die offenbar bei diesem

Eingriff zusätzlich angelegte Coecalfistel ist im Operations-

bericht nicht erwähnt, so dass die Indikation hierzu nicht er-

kennbar ist. Anschließend wurde die Patientin zur weiteren

Intensivbehandlung in eine andere Klinik verlegt.

Weitere Eingriffe

Dort entschloss man sich bereits am 12. Januar zu einer er-

neuten Revision, die unter der Diagnose „Zustand nach

Fundoplicatio mit anschließender Perforation und Revision

in einem auswärtigen Krankenhaus“ bei insgesamt nicht

wesentlicher Verbesserung des Allgemeinzustandes der Pa-

tientin erfolgte. Durchgeführt wurde eine Re-Laparotomie

mit Splenektomie, Thoraxdrainageanlage links, Zieldraina-

geanlage und Spülung des Abdomens. Im Operationsbericht

heißt es:„Die Revision zeigt an, dass die Fundusmanschette

dicht ist. Hierfür wird die Magensonde ein Stück zurückge-

zogen, der Magen ausgeklemmt und mit Blaulösung maxi-

Gutachtliche Entscheidungen

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Fehlerhafte Behandlung der Speiseröhre

Sorgfaltsmängel bei einer Fundoplikatio