Tätigkeitsbericht Ärztekammer Nordrhein 2014 - page 92

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Jahresbericht 2013
Ärztekammer
Nordrhein
Rechtsabteilung
eines Augenarztes für einen kostenlosen Shuttle-
Service von seiner Arztpraxis zu einer Augen-
klinik und zurück zur Wohnung des Patienten
wettbewerbswidrig und daher zu unterlassen ist.
Die Augenarztpraxis kündigte im Rahmen ihres
Internetauftritts in Zusammenhang mit dem An-
gebot spezieller ambulanter Operationen den kos-
tenlosen Shuttle-Service an. Ein Fachkollege nahm
dies zum Anlass, im Wege der einstweiligen Verfü-
gung gegen das aus seiner Sicht wettbewerbswid-
rige Verhalten vorzugehen. Das Landgericht gab
ihm Recht und untersagte dem Arzt die Werbung
mit dem kostenlosen Shuttle-Service. Das OLG be-
stätigte die Entscheidung. Es sah in dem Angebot
eines kostenlosen Transports im Zusammenhang
mit der Durchführung ambulanter Operationen
eine unzulässige Werbegabe im Sinne von
§ 7 Abs.
1 HWG
und damit einen Verstoß gegen das
Gesetz
gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
. Der Anwen-
dungsbereich des
HWG
sei eröffnet, da das Angebot
nicht als reine Imagewerbung, sondern in Bezug
auf konkrete Verfahren und Behandlungen, näm-
lich die ambulanten Operationen angeboten werde.
Hierdurch werde der Patient veranlasst, die Aus-
wahl des Arztes auf sachfremde Erwägungen zu
stützen. Das Angebot der Vermittlung eines kos-
tenlosen Shuttle-Services gehöre aus Sicht der an-
gesprochenen Verkehrskreise nicht zu den üblichen
Gepflogenheiten einer Augenarztpraxis. Es handle
sich auch nicht um eine geringwertige Kleinig-
keit, da die Kosten für eine alternative Taxi-
fahrt erheblich und durchaus geeignet seien, die
Entscheidung des Patienten, von welchem Arzt er
sich operieren lasse, zu beeinflussen, urteilte das
OLG.
Wettbewerbsrecht
Eine weitere richtungsweisende Entscheidung
des OLG Schleswig-Holstein hat Auswirkungen auf
das Beratungsaufkommen bei der Ärztekammer.
Nach einem Urteil des OLG Schleswig-Holstein (
Ur-
teil vom 14.01.2013, AZ: 6U 16/11)
ist es unzulässig,
wenn ein HNO-Arzt seinen Patienten, ohne dass
diese danach gefragt haben, Hörgeräteakustiker,
die sich in unmittelbarer Nähe zur Praxis befinden,
empfiehlt.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Ein HNO-Arzt hatte seinen Patienten zwei Hör-
geräteakustiker empfohlen, die ihre Geschäfte in
unmittelbarer Nähe zu seiner Arztpraxis hatten.
Die Patienten hatten von dem Arzt jedoch keine
Empfehlung verlangt. Die Wettbewerbszentrale
hielt dieses Verhalten des HNO-Arztes für wettbe-
werbswidrig. Das OLG Schleswig-Holstein bestä-
tigte diese Auffassung und begründete seine Ent-
scheidung damit, dass das Verhalten des Arztes
gegen die
Berufsordnung
verstoße und daher auch
wettbewerbswidrig sei. Nach
§ 32 Abs. 2 Berufsord-
nung für Ärztinnen und Ärzte in Schleswig-Holstein
dürfe ein Arzt ohne hinreichenden Grund seinen
Patienten keine bestimmten Hilfsmittelerbringer
empfehlen oder an diese verweisen. Der HNO-Arzt
habe zudem auch nicht alle in Betracht kommenden
Anbieter von Hörgeräten benannt, sondern ledig-
lich ausgewählte Anbieter.
Datenschutz
Im Berichtsjahr gab es wiederum zahlreiche un-
seriöse Eintragungsofferten diverser Briefkasten-
firmen, die im Bereich des sogenannten Adress-
buchschwindels tätig wurden. Die Ärztekammer
leitete die Vorgänge an die Wettbewerbszentrale
weiter, die den Verband gegen Wirtschaftskrimina-
lität mit der Rechtsverfolgung beauftragte. Beson-
deres Aufsehen erregte ein irreführendes Angebot
eines „Instituts für Grundschutz“ aus Düsseldorf.
Zahlreiche Kammerangehörige erhielten von die-
sem Institut Anfang Oktober 2012 ein Vertragsan-
gebot bezüglich der Bestellung eines externen
Datenschutzbeauftragten für die Dauer von vier
Jahren zu einem Preis von 109 Euro monatlich.
Das Unternehmen erweckte in seinem Anschreiben
den falschen Eindruck, dass alle niedergelassenen
Ärztinnen und Ärzte verpflichtet seien, einen Da-
tenschutzbeauftragten zu bestellen. Gleichzeitig
wurde mit der Erwähnung hoher möglicher Geld-
strafen ein Drohszenarium aufgebaut. Das Schrei-
ben war wie ein behördliches Schreiben aufge-
macht.
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz müssen
grundsätzlich alle Unternehmer einen betriebli-
chen Datenschutzbeauftragten bestellen, wenn sie
personenbezogene Daten verarbeiten. Allerdings
gibt es Ausnahmen. Arztpraxen müssen einen Da-
tenschutzbeauftragten grundsätzlich nur dann be-
stellen, wenn mehr als neun Mitarbeiter ständig
mit der Datenverarbeitung befasst sind
(§ 4f Abs.1
Bundesdatenschutzgesetz)
. Dies wurde in dem Schrei-
ben des Unternehmens bewusst verschwiegen. Die
Ärztekammer leitete den Vorgang umgehend an die
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs
weiter. Die Firma wurde abgemahnt und gab dar-
aufhin eine Unterlassungserklärung ab.
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