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Jahresbericht 2015
Ärztekammer
Nordrhein
Kammerversammlung
Der Referentenentwurf zu einem
GKV-Versor-
gungsstärkungsgesetz
, wie er Ende November 2014
vorlag, setze zu stark auf Regulierung, sagte der
Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf
Henke, in seinem Bericht zur berufs- und gesund-
heitspolitischen Lage: „Man hat den Eindruck, dass
die Gewichtung zwischen staatlicher Regulierung
und Akzenten der freiheitlichen ärztlichen Berufs-
ausübung der Überarbeitung bedarf.“ Das betreffe
zum Beispiel die Übertragung von Kompetenzen
auf den Gemeinsamen Bundesausschuss, etwa beim
Thema Zweitmeinung, und die geplanten Service-
stellen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen zur
Vermittlung von Facharztterminen. „80 Prozent
der Patientinnen und Patienten erhalten innerhalb
von vier Wochen einen Termin beim Facharzt, sie
benötigen keine eigens einzurichtende Service-
stelle zur Terminvermittlung“, sagte Henke, „und
wenn es sich um einen medizinisch dringlichen Fall
handelt, dann ist doch der normale Weg, dass der
Hausarzt beim Facharzt anruft und einen Termin
für seinen Patienten organisiert. Das ist vernünftig,
und das wird weitgehend praktiziert.“ Den Patien-
ten nach Überschreitung einer Vier-Wochen-Frist
ins Krankenhaus zu schicken sei dagegen allein
schon wegen der knappen Besetzung des ärztlichen
Dienstes dort wenig sinnvoll.
Absage an Bürgerversicherung
Eine Benachteiligung von gesetzlich Versicher-
ten gegenüber privat Versicherten bei der Termin-
vergabe sei in den Koalitionsverhandlungen als
Argument dafür angeführt worden, das duale
Krankenversicherungssystem durch die sogenann-
te Bürgerversicherung mit einheitlicher Gebühren-
ordnung zu ersetzen, so Henke. Im Ergebnis habe
der Koalitionsvertrag eine Absage an die Bürgerver-
sicherung erteilt. Dafür sei zugestanden worden,
die angeführten Probleme bei der Terminvergabe
für gesetzlich Versicherte mit den Terminservice-
stellen zu bekämpfen. Diese „politische Rationa-
lität“ decke sich jedoch nicht mit der „ärztlichen
Rationalität“: „Wenn man unnötige Geldausgaben
vermeiden will, dann sollte man keine Termin-
servicestellen einrichten, die niemand braucht.“
Und wenn Wartezeiten als Problem angesehen
würden, sei es „intellektuell sehr anspruchsvoll“,
gleichzeitig den Abbau von Arztsitzen einzuleiten.
Das inzwischen verabschiedete Gesetz sieht vor,
dass die Zulassungsausschüsse in überversorgten
Gebieten die Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen
nach Aufgabe der Praxis ablehnen sollen, bisher
war das lediglich als Kann-Bestimmung formuliert.
Dabei ist eine ganze Reihe von Ausnahmen vorge-
sehen, etwa für Kinder, Ehegatten, Lebenspartner,
Praxispartner oder angestellte Kolleginnen und
Kollegen. Völlig unberücksichtigt bleibe aber die
Tatsache, dass Ärzte in städtischen Zentren häu-
fig Patienten aus den umliegenden Landkreisen
mitversorgen, sagte Henke: „Und umgekehrt ist in
strukturschwachen Gebieten ja noch nichts gegen
den Ärztemangel bewirkt, wenn in den Zentren
Vertragsarztsitze verschwinden. Eine Stärkung der
ambulanten Versorgung müsste jedenfalls anders
aussehen.“
Förderung der Allgemeinmedizin
„Einen erheblichen Fortschritt bedeuten die Ge-
setzespläne zur Förderung der allgemeinmedizini-
schenWeiterbildung“, sagteHenke. So solle die Zahl
der je hälftig von Krankenkassen und Kassenärzt-
lichen Vereinigungen geförderten Stellen erhöht
werden, damit sich mehr Ärztinnen und Ärzte für
den Hausarztberuf entscheiden. Auch werde den in
Weiterbildung befindlichen Kolleginnen und Kol-
„Eine Stärkung der ambulanten Versorgung
müsste anders aussehen“
Die gesundheitspolitischen Gesetzesvorhaben standen imMittelpunkt der Kammerversammlung
der Ärztekammer Nordrhein am 22. November 2014 in Düsseldorf.
Rudolf Henke,
Präsident der
Ärztekammer Nordrhein:
In medizinisch dringlichen
Fällen vermittelt der
Hausarzt einen
T
ermin
beim Facharzt.