

Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2015
| 13
Kammerversammlung
legen eine Vergütung wie im Krankenhaus zuge-
sichert, wobei jedoch eine extrabudgetäre Finanzie-
rungsregelung fehle. „Hier muss noch sichergestellt
werden, dass die weiterbildenden Ärztinnen und
Ärzte nicht belastet werden“, so der Präsident. Die
Kammerversammlung sprach sich in einstimmig
gefassten Beschlüssen dafür aus, Terminbürokra-
tie und Praxisschließungen zu verhindern und die
Regresse für Verordnungen komplett abzuschaffen
(siehe auch Kasten, Seite 15).
Auf einstimmige Ablehnung der Kammerver-
sammlung stieß auch der Referentenentwurf zu ei-
nem „Tarifeinheitsgesetz“ aus dem Bundesarbeits-
ministerium, das die arztspezifischen Tarifverträge
der angestellten Ärztinnen und Ärzte gefährdet.
Der Präsident sprach von einem „Tarifdiktatge-
setz“, nach dem unterschiedliche und von verschie-
denen Gewerkschaften ausgehandelte Tarifverträge
nicht mehr nebeneinander gelten dürfen. In solchen
Fällen handelt es sich laut Gesetzentwurf um eine
„Tarifkollision“, die nach dem Grundsatz der so-
genannten Tarifeinheit aufzulösen wäre, um „die
Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie zu sichern“
und Tarifauseinandersetzungen „in geordnete Bah-
nen“ zu lenken.
Bei einer „Tarifkollision“ soll nur noch der
Tarifvertrag gelten, den die Gewerkschaft mit den
meisten Mitgliedern im Betrieb abgeschlossen hat.
Berufsgewerkschaften und Fachgewerkschaften
werden aber kaum in der Lage sein, diese Mehr-
heit zu stellen. „Es droht die Zerschlagung der
Grundlage für die Fähigkeit der Ärztegewerk-
schaft, wirksame Verträge mit den Arbeitgebern
abzuschließen“, sagte Henke. Nach seinen Worten
würde damit auch die Möglichkeit entfallen, Tarif-
forderungen mit Streiks Nachdruck zu verleihen.
Das betreffe die gesamte Ärzteschaft, auch die Ver-
gütungen in anderen Honorierungsbereichen droh-
ten „auf den Schleifstein“ zu kommen. „Was dort
droht, wäre ein tiefer – und ich sage das in voller
Übereinstimmung mit führenden Verfassungs-
rechtlern – eindeutig verfassungswidriger Eingriff
in das Grundrecht der Koalitionsfreiheit“, sagte
Henke und kündigte politische und juristische Ge-
genwehr an.
Kliniken: Kraftanstrengung erforderlich
Bei der Krankenhausreform wäre nach den
Worten des Kammerpräsidenten eine erhebliche
Kraftanstrengung nötig. 42 Prozent der Kliniken
schrieben im Jahr 2013 Verluste, wie Henke berich-
tete. Statt der notwendigen sechs Milliarden Euro
stellen die Bundesländer aber nur 2,7 Milliarden an
Investitionsmitteln zur Verfügung. Eine volkswirt-
schaftliche Investitionsquote von 18,2 Prozent steht
einer Quote von 4,4 Prozent in den Krankenhäu-
sern gegenüber. Viele Krankenhäuser wissen sich
nicht anders zu helfen und greifen zur Finanzie-
rung dringend notwendiger Investitionen auf Be-
triebsmittel zurück. „Jeder Euro für Investitionen,
der einem Krankenhaus vom Land vorenthalten
und dann im laufenden Betrieb abgeknapst wird,
geht zu Lasten von Beschäftigten und Patienten“,
sagte der Präsident.
Veränderungsbedarf sah Henke auch beim Refe-
rentenentwurf zum Präventionsgesetz. „Wir haben
das Thema beim Deutschen Ärztetag ausführlich
beraten und sind zu dem Ergebnis gekommen: Es
mag viele geben, die sich um Prävention kümmern
möchten, aber für die Ärzteschaft ist Prävention
eine ureigene Aufgabe. Es wäre gut, wenn man das
Vertrauensverhältnis zwischen Patienten und Ärz-
ten zukünftig noch besser nutzen kann, um die Ei-
genverantwortung der Patienten für ihre Gesund-
heit zu stärken.“
Der Gesetzentwurf sehe eine „Präventionsemp-
fehlung“ durch Ärzte vor, allerdings sei dies an
den Check-up 35 gebunden, den häufig ohnehin
gesundheitsbewusste Patienten wahrnehmen. „Ob
man damit alle Bevölkerungsschichten erreicht,
ist mehr als fragwürdig“, sagte Henke. Er forderte
eine Regelung, bei der die Präventionsempfehlung
während einer normalen Behandlung abgegeben
werden kann und vergütet wird. Außerdem solle
die ärztliche Präventionsempfehlung für die Kassen
bindend sein.
Budgetgrenzen als Versorgungsbremse
In der Diskussion zum Lagebericht des Präsi-
denten sagte Dr. Lothar Rütz (Köln), die geplanten
Bernd Zimmer,
Vizepräsident der
Ärztekammer Nordrhein
und Vorsitzender des Aus-
schusses „Berufsordnung,
Allgemeine Rechtsfragen
und Europa“, erläuterte
den Delegierten der
Kammerversammlung
die auf Bundesebene ange-
strebten Änderungen der
(Muster-)Berufsordnung.