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138

Gutachtliche Entscheidungen

Im letzten Jahrzehnt sind Komplikationen und damit das

Risiko von Schilddrüsenoperationen deutlich zurückgegan-

gen. Als immerhin vierthäufigste allgemeinchirurgische

Operation ist sie im Gesamtentscheidungskollektiv der Gut-

achterkommission nur mit 1 Prozent vertreten

(siehe Tabel–

le 1

). Jeder vierte Behandlungsfehlervorwurf wurde zu Guns-

ten des Antragstellers positiv beschieden bei einer Gesamt-

anerkennungsrate von etwa 33 Prozent (1997–2006).

Indikationsstellung

Die Indikationsstellung zur operativen Behandlung stützt

sich imAllgemeinen auf eine vorbildliche und ausgewogene

interdisziplinäre Abstimmung beteiligter Fachdisziplinen,

wie Allgemein- und Innere Medizin, Endokrinologie, Nu-

klearmedizin, Pathologie und schließlich der Chirurgie. Da-

zu zählen die knotige Kropfbildung Grad II– III ohne, vor

allem aber mit mechanischer Beeinträchtigung (Atemnot),

die medikamentös nicht kontrollierbare Überfunktion auf

Grundlage eines Morbus Basedow mit größerer Struma

(größer als 50 ml) oder junger Patienten, die thyreoidale Au-

tonomie mit ähnlichen Merkmalen, schließlich der „kalte

Knoten“ als Karzinomverdacht oder die manifeste Mali-

gnomerkrankung.

Der Patient hat Anspruch auf Information und Aufklärung

über gegebenenfalls die Verfügbarkeit und die Erfolgsaus-

sichten echter alternativer Behandlungsmöglichkeiten so-

wie über Komplikationsgefahren, wie beispielsweise eine

Stimmbandnervenverletzung (Nervus recurrens-Parese)

oder einen Nebenschilddrüsenfunktionsverlust (Tetanie).

Eine Auflistung der bei der Gutachterkommission erhobe-

nenVorwürfe und anerkannten Behandlungsfehler zeigt die

Tabelle 2

.

Fall 1

Bei einer 30-jährigen Patientin mit mechanischer Beein-

trächtigung wurde durch Untersuchung (Sonographie, Szinti-

graphie, Hormonbestimmung i. s.) die Diagnose einer

Struma multinodosa Grad III mit euthyreoter Stoffwechsel-

lage gestellt und eine operative Behandlung empfohlen.Nach

ambulanter chirurgischer Voruntersuchung und Indika-

Fehler und Gefahren bei Schilddrüsenoperationen

Tabelle 1: Gutachterkommission Nordrhein 2002–2007

Verfahren insgesamt

8.136

100 %

Vorwurf: Fehler im Rahmen

80

1 %

einer Schilddrüsen-Operation

davon: festgestellte Behandlungsfehler

19

24 %

Tabelle 2:

Beklagte Komplikationen und Haftung bei vorgeworfenen Schilddrüsenoperationen der abgeschlossenen Begutachtungsverfahren

der Jahre 2002 bis 2007

Zeitraum 1.1.2002–31.12.2007

absolut

in % v. n

BF*

Haftung

bejaht

bejaht

in % v. Sp.2

Vorwürfe zu Schilddrüsenoperationen

80

100,0

19

19

24,0

davon**

Rekurrensparese

54

67,5

15

14

26,0

- einseitig

33

41,3

6

6

18,2

- beidseitig

21

26,3

9

8

38,1

Andere Nervenläsion (Horner-Syndrom, Plexusläsion, Hypoästhesie)

4

5,0

/

/

/

Kalziummangelsyndrom

17

21,3

4

3

17,6

Rev.-OP

7

8,8

3

3

42,9

Nachblutung/Hämatom

5

6,3

/

/

/

Belassenes Gewebe/Rezidiv

4

5,0

2

2

50,0

Narbenprobleme

4

5,0

/

/

/

Infektion mit Folgen

3

3,8

1

1

33,3

Kardiale Rhythmusstörungen

2

2,5

/

/

/

Erdulden der unnötigen OP

1

1,3

1

1

100,0

Therapieverzögerung p. o.

1

1,3

1

1

100,0

Ösophagusläsion bei Tumorinfiltration

1

1,3

/

/

/

Tiefe Venenthrombose

1

1,3

/

/

/

* BF = Behandlungsfehler

** Mehrfachnennung