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Jahresbericht 2015

Ärztekammer

Nordrhein

Kammerversammlung

Reform des ärztlichen Notfalldienstes

Die Reform des ambulanten ärztlichen Notfall-

dienstes, wie sie die Vertreterversammlung der KV

Nordrhein am 11. Februar beschlossen hatte, lehnte

die Kammerversammlung ab. Die Delegierten fass-

ten vier Entschließungen zu dem Thema

(siehe Kas-

ten Seite 23)

und begrüßten darin auch die Absicht

der KV, den Notfalldienst zukunftssicher weiterzu-

entwickeln. Sie boten der Schwesterkörperschaft

die Zusammenarbeit bei der Neuorganisation an.

Durch die von der Vertreterversammlung be-

schlossene Reform würde „bestehende Struktu-

ren, die funktionieren, kurzfristig zerstört“, sagte

Martin Grauduszus (Erkrath). Eine reduzierte Zahl

von Notfalldienstpraxen dürfte nach seiner Ein-

schätzung eine Verlagerung von Versorgung an

die Kliniken bedeuten: „Die Patienten suchen das

Krankenhaus auf, das gerade um die Ecke ist.“

Hans-Peter Meuser (Langenfeld) teilt diese Be-

fürchtung und sprach von Berechnungen der Ar-

beitsgemeinschaft Nordrheinischer Notfallpraxen,

nach denen ein Einzugsbereich von bis zu 150.000

Einwohnern pro Notfallpraxis einen guten Kom-

promiss zwischen dem rationellen Einsatz ärzt-

licher Arbeitszeit und der Erreichbarkeit für Pa-

tienten bedeuten würde. Bisher geplant seien dage-

gen Einzugsbereiche von bis zu 250.000 Einwoh-

nern.

Auch Dr. Christian Köhne (Würselen) betonte,

dass von den Reformplänen nicht nur der ambulan-

te Sektor betroffen ist. Vielmehr sind nach seinen

Worten die Wechselwirkungen mit der Inanspruch-

nahme der Krankenhaus-Notfallambulanzen und

des Rettungsdienstes zu berücksichtigen. Köhne

zeigte sich „irritiert“, dass öffentlich suggeriert

worden sei, die Reduktion der Notfallpraxen sei

bereits beschlossene Sache: „Das ist mitnichten der

Fall. Die Ärztekammer muss an dieser Stelle mitre-

den.“ Köhne wies auf die Zuständigkeit der Kam-

mer nach dem Heilberufsgesetz hin und forderte

die KV auf, sich zu der traditionell gemeinsamen

Organisation des Notfalldienstes zu bekennen. In

der öffentlichen Diskussion nach dem Beschluss

der Vertreterversammlung sei das „völlig falsche

Bild“ entstanden, dass die Ärzteschaft sich nicht ge-

nügend für die Notfalldienstversorgung engagiere,

kritisierte Dr. Sven Dreyer (Düsseldorf): „Das tut

uns allen nicht gut.“

Bereits heute würden die Notfallambulanzen der

Kliniken in beachtlichem Umfang von Patienten auf-

gesucht, „die sinnvollerweise nicht dort versorgt wer-

den müssten“, sagte Dr. Jens Wasserberg (Bedburg).

Das gelte auch für die ambulanten Notfallpraxen,

sodass die Inanspruchnahme der Dienste insgesamt

reduziert werden müsse: „Die begrenzte Menge

an ärztlicher Leistung muss dorthin kanalisiert

werden, wo sie erforderlich ist.“ Auch Dr. Jürgen

Zastrow (Köln) hält es für die eigentliche Heraus-

forderung, die Notfallversorgung auf das medi-

zinisch Notwendige zu reduzieren: „Die Kosten

laufen aus dem Ruder.“ Dabei ist laut Zastrow an-

gesichts einer geringen Zahl massiver Beschwerden

eine „Liquidierung“ des jetzigen Systems, das recht

gut funktioniere, nicht erforderlich.

Eine „Luxusversorgung“ ist auch nach Meinung

von Dr. Thomas Fischbach (Solingen) nicht gewollt,

ein verknapptes Angebot in der Kinder- und Ju-

gendmedizin wäre aus seiner Sicht aber problema-

tisch: „Das kann ich als Pädiater nicht vertreten.“

Fischbach wies darauf hin, dass das Reformkonzept

der KV-Vertreterversammlung die Einrichtung von

Dependancen von Notfallpraxen für den Fall vor-

sieht, dass die Versorgung dies erfordert. Angesichts

des derzeitigen Nebeneinanders von Notfalldiens-

ten im ambulanten und stationären Sektor wies

Professor Dr. Bernd Bertram (Aachen) auf die Pläne

des Gesetzgebers hin, die Kassenärztlichen Verei-

nigungen im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz auf

eine regelhafte Kooperation mit Krankenhäusern

bei der Organisation des vertragsärztlichen Notfall-

dienstes zu verpflichten.

Ein ausführlicher Bericht über die Kammerversammlung

findet sich im

Rheinischen Ärzteblatt, Mai 2015

, verfügbar

auch unter

www.aekno.de,

Rheinisches Ärzteblatt, Archiv

.