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Ärztekammer

Nordrhein

Jahresbericht 2015

| 21

Kammerversammlung

Ärztliches Engagement für Flüchtlinge

und in Krisengebieten

Ein weiteres Schwerpunktthema der Kammer-

versammlung war die medizinische Versorgung

von Flüchtlingen und in internationalen Krisen.

Über ihre Erfahrungen in der Versorgung von

Flüchtlingen, Asylbewerbern und Menschen mit

ungeklärtem Aufenthaltsstatus berichtete die in

Köln niedergelassene Kinder- und Jugendärztin Dr.

Ursula Kleine-Diepenbruck. Die Pädiaterin setzt

sich für eine „Willkommenskultur“ in Praxen und

Kliniken ein. Eine gute Gesundheitsversorgung von

Flüchtlingen soll ihrer Meinung nach entsprechend

dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Kranken-

versicherung möglich sein, also ohne besonderes

Antragswesen.

Häufig benötigen Flüchtlinge etwa aus kulturel-

len oder sprachlichen Gründen Hilfestellung, um

die medizinischen Versorgungsmöglichkeiten zu

nutzen, wie Kleine-Diepenbruck berichtete. Da-

für gibt es zum Beispiel in Köln ein großes Enga-

gement der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte

sowie des Gesundheitsamtes und des Roten Kreu-

zes, wie Dr. Jürgen Zastrow (Köln) sagte. Kleine-

Diepenbruck betonte auch, wie wichtig Deutsch-

unterricht und die frühzeitige Zuweisung von an-

gemessenem Wohnraum für die Entwicklung der

Flüchtlingskinder sind.

Der Oberhausener Allgemeinmediziner Dr. Peter

Kaup, selbst Mitglied der rheinischen Kammerver-

sammlung und Vorsitzender der Kammer-Kreis-

stelle Oberhausen, berichtete von seinem Engage-

ment für I.S.A.R. (International Search an Rescue)

Germany. In dieser Organisation, die ihren Sitz

in Duisburg hat, helfen Ärzte und Pflegepersonal

ehrenamtlich und gemeinsam mit Rettungsspezia-

listen etwa von Feuerwehren im In- und Ausland

zum Beispiel bei Erdbeben, Naturkatastrophen und

Flüchtlingsdramen. Sie kümmern sich um verschüt-

tete, verletzte und vermisste Menschen. Ein bis zu

140-köpfiges Team der

medizinischen Sofort-

hilfe und der Rettungs-

kräfte ist innerhalb von

sechs Stunden abflugbe-

reit – etwa zur Katastro-

phenhilfe nach dem

Tsunami in Thailand,

der Wirbelsturmkatastrophe auf den Philippinen,

dem verheerenden Erdbeben auf Haiti oder zum

Aufbau einer Isolierstation nach dem Ebola-Aus-

bruch in Liberia.

Nach der Rettung und Erstversorgung der

Opfer hört die Hilfe von I.S.A.R. nicht auf, die

unter dem Schutz der Vereinten Nationen ar-

beitende Organisation initiiert auch langfristig

angelegte Projekte. Die Arbeit für I.S.A.R. hat

Peter Kaup verändert, wie er vor der Kammerver-

sammlung berichtete: „Es rückt so ein ganz klein

wenig mein Wertesystem zurecht. Meine eigenen

Vorstellungen von Glück und Gesundheit haben

sich dadurch deutlich gewandelt.“

Dr. Peter Kaup

leistet mit I.S.A.R.

Germany international

medizinische Hilfe

im Katastrophenfall

Dr. Ursula Kleine-

Diepenbruck plädiert für

eine Willkommenskultur

in Praxis und Klinik.

1. Die Kammerversammlung begrüßt, dass Bund und Länder über die Einführung

einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge auch in Flächenländern beraten und

fordert eine zügige Umsetzung dieses Vorhabens.

2. Die Kammerversammlung begrüßt den Vorschlag der Landesgesundheits-

konferenz, regionale Beratungsstellen aufzubauen. Diese sollen für Menschen

ohne legalen Aufenthaltsstatus und für Menschen mit ungeklärtem Versiche-

rungsschutz die Kostenübernahme notwendiger Diagnostik und Behandlungen

klären und ggf. auch über einen Hilfsfonds ermöglichen. Die Kammerversamm-

lung fordert die Landesregierung auf, zügig auf die Etablierung solcher Clearing-

stellen hinzuwirken.

3. Die Kammerversammlung betont die Notwendigkeit von Sprach- und Kultur-

mittlern als Voraussetzung für eine gute ärztliche Versorgung. Ausbildung und

Einsatz von Sprach- und Kulturmittlern müssen deswegen weiter gefördert

werden.

4. Die Kammerversammlung fordert für Ärztinnen und Ärzte und andere Ange-

hörige von Gesundheitsfachberufen, die Hilfe in internationalen Krisengebieten

leisten, eine gute Absicherung von Risiken, die sich aus dem Einsatz ergeben und

gute Rahmenbedingungen für die Vorbereitung und die Zeit nach der Rückkehr

aus dem Einsatz.

5. Die Kammerversammlung dankt denjenigen Kolleginnen und Kollegen für ihr

herausragendes Engagement, die sich – oft mit eigenen Mitteln und ohne materi-

elle oder ideelle Anerkennung – in Deutschland und weltweit bei der medizini-

schen Versorgung von Flüchtlingen und in internationalen Krisen einsetzen.

Entschließungen der Kammerversammlung

Helfen, wo Hilfe nötig ist: Medizinische Versorgung von

Flüchtlingen und in internationalen Krisen verbessern