

Gutachtliche Entscheidungen
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Die Gutachterkommission hatte wiederholt die unzurei-
chende Behandlung eines primären Diabetes mellitus zu be-
anstanden. Eine solche Erkrankung ist beimNachweis einer
Hyperglykämie bis zum Beweis des Gegenteils anzunehmen.
Allgemeines zum Diabetes mellitus
Klinisch-anamnestisch sind Durst, Polyurie, Juckreiz, Leis-
tungsminderung sowie rezidivierende Haut- und Schleim-
hautinfektionen verdächtig. Patienten mit Diabetes mellitus
vom Typ I sind auf Insulin lebensnotwendig angewiesen.
Für Patienten mit dem primär nicht insulinpflichtigen Typ II
der Erwachsenen ist ebenfalls die strenge Einhaltung einer
konsequent langfristigen speziellen Diabetikerkost erfor-
derlich, da bei ihnen die endogene Insulinreserve begrenzt
ist. In seinem weiteren Verlauf kann der Typ II-Diabetes
auch insulinpflichtig werden.
Die Diät ist grundsätzlich eine Voraussetzung für jede The-
rapie. Deshalb hat der behandelnde Arzt entsprechende An-
weisungen im Sinne einer „Diätschulung“ in verständlicher
Weise und schriftlicher Form mit genauen Angaben der er-
laubten Mengen bei den Grundnahrungsbestandteilen (Koh-
lenhydrate, Fett, Eiweiß) zu geben und dessen Beachtung zu
kontrollieren.
Patienten mit Diabetes mellitus Typ II zeigen häufig wenig
klinische Hinweise auf eine Stoffwechselstörung, so dass die
Hyperglykämie und/oder Glukosurie oft einen Zufallsbe-
fund darstellt. Das Manifestationsalter liegt in der Regel
über dem 40. Lebensjahr.Adipositas (Typ II B) ist häufig ein
begünstigender Faktor.
Der Sachverhalt
Die Gutachterkommission hatte den nachfolgend geschil-
derten Sachverhalt zu beurteilen. Über einen längeren Zeit-
raum hinweg behandelte ein Internist einen Diabetes melli-
tus mangelhaft.
Aus den Krankenunterlagen des Arztes und der nachbehan-
delnden Klinik ergab sich folgender Sachverhalt:
Die Patientin wurde im Alter von 69 Jahren seit November
1991 von dem Arzt behandelt. Seinerzeit betrug der Nüch-
tern-Blutzucker 220 mg/dl und war damit deutlich erhöht.
Ferner bestand eine labile Hypertonie (RR 140/90 bis 190/
110 mmHg). Angaben zur Behandlung des vorliegenden
Diabetes mellitus sind nicht dokumentiert. Nach Schilderung
der Patientinwurde sie mit Euglucon N
®
(1 Tabl.= 3,5 mg Gli-
benclamid) behandelt, ohne Angabe der Dosierung.
Die Ergebnisse der für die Fragestellung wichtigen Labor-
untersuchungen sind in der tabellarischen Übersicht
(siehe
unten)
aufgeführt. Unter der Behandlung war das HbA 1c im
August und Dezember 1993 mit 15,5 Prozent und 13,1 Pro-
zent erhöht (normal unter 6 Prozent).
Zeit
Blutzucker
Urin-
HbA1c Cholesterin Gew.
Therapie
mg/dl
Zucker
% mg/dl
kg
(nüchtern)
mg/dl
XI/1991
220
Euglucon® (Dosis?)
1992
208–296
15,5
Euglucon® (Dosis?)
1993
119–230
13,1
324
Euglucon® (Dosis?)
1994
205–344
198
Euglucon® (Dosis?)
1995
175–300
Euglucon® (Dosis?)
1996
um 306
355
Euglucon® (Dosis?)
25.3.96
337
100
Euglucon® (Dosis?)
3.6.96
399
Euglucon®
+ Glukophage mite® (Dosis ?)
4.6.96
456
Koma, Harnwegsinfekt
4.6. 96
212–282
50,5
Euglucon® 3 x 3,5 mg
26.6.–26.6.96
136
Metformin 2 x 280 mg
26.6.–2.8.96
136-178
Acarbose 3 x 50 mg
16.8.–6.12.96
75-175
Acarbose 3 x 50 mg
20.12.–23.4.97
83-157
Acarbose 3 x 50 mg
Behandlung des Diabetes mellitus
Erkrankung ist beim Nachweis einer Hyperglykämie zunächst anzunehmen