INNOVATION
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Gesicht, wenn alles wie geschmiert lief, ei-
nem besorgten Gesicht, wenn es Fehlmen-
gen in den Lieferungen gab, Tränen, wenn
Schuldner zu spät bezahlten und so weiter.
Im Durchschnitt verschickte er in
zehn Jahren drei bis vier Aufträge pro Tag
per Fax, bevor die E-Mail dieses Verfah-
ren ablöste. Und so kamen mehr als 10.000
Auftragsblätter zusammen. Nach der Rück-
kehr von der Buchmesse in Beijing nach
Xi’an im Jahr 2010 begann Lyu mit der Ar-
beit an dem Buch. Damals betrieb seine
Familie den Buchladen seit 28 Jahren. Der
wurde 1982 eröffnet, kurz nachdem seine
Mutter Ma Xiulian mit ihm und seinem äl-
teren Bruder Lyu Qinbing in Xi’an ankam,
um mit ihrem Ehemann Lyu Anwei – einem
schlecht bezahlten Lehrer für Bühnenma-
lerei an der Xi‘ an Akademie der Schönen
Künste – zu leben.
Nach dem Verlassen des Gymnasi-
ums 1991 stieg Lyu in den Buchhandel ein
und, nachdem er 1996 seinen Abschluss an
der Xi‘an Akademie der Schönen Künste ge-
schafft hatte, übernahm er im Alter von 25
Jahren die Buchhandlung von seinem Vater.
Wie bei vielen anderen Buchhandlungen in
China spürte auch Fangyang die Krise, als
der E-Commerce im Land zunahm. Aber die
unmittelbare Ursache für die wirtschaftli-
chen Unwägbarkeiten liegen mehr bei Ziegel
und Mörtel als im Cyberspace, so der Buch-
händler. Alleine im Jahr 2008 habe sich die
Miete vervierfacht und verschlinge die Ge-
winne, so Lyu.
Daumenkino aus 10.000 Blättern
Viele der 10.000 Auftragsblätter sind sich
ähnlich und so wählte er 2.000 aus, die
im Hauptteil des Buches zusammengefasst
sind. Die anderen befinden sich auf den
linken Seiten der vier Daumenkino-Bücher.
Durch das relativ dünne Papier scheint der
Inhalt der linken Seiten auf die Vorderseite
durch, wie eine Art verbleichende Erinne-
rung.
Lyu sagt: „Wir haben nicht erwar-
tet, einen Preis zu gewinnen. Wir wollten
ein Buch machen, das unseren hohen An-
sprüchen genügt.“ Mit einem solch heraus-
ragenden Anspruch, so der ehrgeizige Lyu,
könne die Buchhandlung noch weit über
100 Jahre überleben und das trotz E-Books.
Und es ist schön, Goldmedaillen zu gewin-
nen. Lyu Chongua holte nach 12 Jahren im
Wettbewerb um die schönsten internatio-
nalen Bücher der Stiftung Buchkunst wieder
eine Goldmedaille nach China.
Die Originalgeschichte über den Fangyang Bookshop erschien in der Beilage „China Watch“ im
Juni 2016. „China Daily“, die erste und größte englischsprachige Tageszeitung in der Volks-
republik China verantwortet „China Watch“ redaktionell und legt die Beilage dem „Handels-
blatt“ bei. Einen Großteil der Inhalte der Geschichte hat Yang Yang, Redakteur von „China Daily“
zusammengetragen. „China Daily“ wurde am 1. Juni 1981 vom chinesischen Staat gegründet. Die
Auflage liegt bei über 500.000 Exemplaren. „China Daily“ ist die größte englischsprachige Tages-
zeitung in der Volksrepublik China. Ein Drittel der Auflage wird weltweit verteilt.
Lyu chonghua
Order – The Story of Fangyuan Bookshop
guangxi Fine Arts Publishing house
Design: Li Jin
ISbn: 978-7-5494-1043-9
eInMAL Pro woche
wIchtIger MeDIen-InPut
AuF
KnowS-MAgAzIn.De facebook.com/schaffrathmedienVor fünf Jahren als die Idee zum
Buch noch heranreifte, sei er nicht
so zuversichtlich gewesen. „Ich bin
ein gewöhnlicher Mann aus einer
normalen Familie und dies ist eine
alltägliche Buchhandlung.Werwill
da schonunsereGeschichten lesen?
Als Buchhändler hasse ich Laden-
hüter.“
Im Januar 2010 traf Lyu auf
der Beijinger Buchmesse den
stellvertretenden Chefredakteur
des Guangxi Fine Arts Publishing
House Zhang Dong. Zhang war es,
der vorschlug, dass die Aufträge
die Lyu einreichte, zu einem Buch
zusammengefasstwer
denmüssten.Seit 2002 nutzte L
yu für seineBestellungen bei den Verlagen ein
Faxgerät und fand einen Weg, wie
sich seine Bestellungen aus der
Masse abhoben. „Es gibt eine hohe
Fluktuationsrate bei den Vertriebs-
mitarbeitern in den Verlagen und
anderenGefühlszustand: Ärgerlich
mit zornigen Augen und weit o e-
nem Mund, wenn er meinte, seine
Aufträge würden ignoriert; mit
einem lächelnden Gesicht, wenn
alles wie gesc
hmiert lief; einem
besorgten Gesicht, wenn es Fehl-
m n en in d n Lieferu gen gab;
Tränen, wenn Schuldner zu spät
bezahlten und so weiter.
Im Durchschnitt verschickte er
in zehn Jahren drei bis vier Aufträ-
ge proTagper Fax, bevor dieE-Mail
dieses Verfahren ablöste. Und so
kamen mehr als 10.000 Auftrags-
blätter zusammen. Nach der Rück-
kehr von der Buchmesse in Beijing
nach Xi’an im Jahr 2010, begann
Lyu mit der
Arbeit an dem Buch.Damals betri
eb seine Familie denBuchladen seit 28 Jahren.
Nach dem Verlassen des Gym-
nasiums 1991, stieg Lyu in den
Buchhandel ein und, nachdem
die Buchgestaltung an der U
sität lehrt, nahm ein Lineal
Notizbuch und einen Bleistif
die Bücher zu un ersuchen. Si
überrascht, dass die ausgest
Werke—soattraktiv sie schien
nicht so extravagantwaren, da
sie sammeln würde. Diese B
nung habe ihr eine neue Sich
se auf di Gestaltung von Bü
vermittelt, so die Designerin.
LyuwurdedurchdieAusste
ebenso inspiriert, dass er se
Freunden erklärte: „Ich werd
wundervollste Buch machen.
beiden Freunde versprache
helfen. 2011 begann Lyu das
rial zusammenzusammeln, d
G schichte einer Familie un
Buchhandlung aus untersc
lichsten Perspek iven erzählt.
wollte nicht nur die Geschicht
Buchhandlung,meiner Famili
Aufträge, sondern auch die
mälde meines Vaters, meiner
die Signets die ich geschnitzt
die Erzählungen meiner Ki
und ihre Zeichnungen und
re wertvolle Erinnerungen i
Buch einbringen“, erzählt Lyu
Vi le der 10.000 Auftragsb
sind sich ähnlich und so w
er 2.000 aus, die im Haupttei
Buch s zu ammengefasst sin
anderen befinden sich auf de
ken Seiten der vier Daumen
Bücher. Durch das relativ d
Papier scheint der Inhalt der li
Seiten auf die Vorderseite d
wie eine Art verbleichende Er
rung. Die Leipziger Jury sch
in ihrer Begründung zu di
linken Seiten: Wie eine un
nete Frucht halten die bedru
Versoseiten — vorn durch de
nochgeschlossen—weiterenI
bereit. Als wenn solche Büche
es Buchmit denAufträge als Hauptteil.
WEI XIAOHAO / CHINA DAILY
Buchhändler und Zeichner Lyu Chongua mit
seinem Buch „Order – The Story of Fangyang
Bookshop“ das im Oktober im Rahmen der
Frankfurter Buchmesse ausgestellt wird.
Das Daumenkino
Der WDR ach es in der Sendung mit d r Maus, im Internet gibt s heute Dienstleister, die Daumenkinos
in allen Arten mit Fotos oder Zeichnungen herstellen, und Anleitungen zur Herstellung en Masse. Das
erste Patent für ein Daumenkino erhielt übrigens der britische Drucker John Barnes Linnett am 18. März
1868 und der deutsche Filmpionier Max Skladanowsky betrachtete mit dieser Methode seine ersten selbst
belichteten Filme. Im Deutschen nennt man es auch Abblätterbuch, das den Stroboskopeffekt nutzt, um
die Bilder in Abfolge zu zeigen. Das Daumenkino wird als Vorläufer der kinematographischen Projektion
gesehen. Links und mehr Infos unter
dazumehr.de/daumenkino