Also nimmt die Taktik in der Besprechung am
Spieltag einen großen Raum ein?
Nicht nur die Spielbesprechung, unsere Ar-
beit der gesamten Woche ist von allem be-
stimmt, was zu einem Fußballspiel dazuge-
hört: physische Aspekte, Taktik, Teamgeist.
Anfang Januar wurde Mateo Pavlovic verpflich-
tet. Warum fiel die Wahl auf ihn?
Er ist ein junger talentierter Spieler, der in
Zagreb bereits gute Leistungen gezeigt hat.
Wir trauen ihm zu, in unserem Defensiv-
verbund eine feste Größe zu werden. Er ist
groß, hat gute Qualitäten im Kopfballspiel
und im Zweikampfverhalten. Und auch die
Fähigkeit, sich im Spielaufbau gut in Szene
zu setzen.
Özkan Yildirim kam gegen Dortmund zum ers-
ten Mal in der Bundesliga zum Einsatz. Wel-
che Rolle kann er zukünftig spielen?
Er ist ein großes Ta-
lent, war leider eine
sehr lange Zeit ver-
letzt. Wir haben ihn
behutsam wieder
aufgebaut, auch bei
Rückschlägen, die er
verdauen musste, viel
mit ihm gesprochen.
Er ist nun so weit,
dass er sich zeigen
und anbieten kann. Wenn er seine Fähig-
keiten einbringt, unbekümmert auftritt, wir
von seinen Leistungen profitieren, ihn zu-
gleich weiterentwickeln können, dann wird
er seine Chance nutzen. Aber er schnuppert
jetzt in der Bundesliga zum ersten Mal rich-
tig rein. Wir müssen ihm Zeit geben.
In der vergangenen Spielzeit sorgten in der
Rückrunde zum Beispiel Tom Trybull und Flori-
an Hartherz für Furore. Warum kamen sie die-
se Saison noch nicht zum Einsatz?
Man muss bedenken, in welcher Situation
wir uns damals befanden. Wir hatten vie-
le Verletzte, davon haben sie profitiert. Die
jungen Spieler haben diese Einsätze mit
ihren Qualitäten gut gemeistert. Wir sind
sehr froh, dass sie diesen Weg gegangen
sind. Natürlich gibt es in diesem Alter Leis-
tungsschwankungen. Und kein Spieler darf
denken, dass es von alleine so gut weiter-
läuft. Alle müssen sich der Konkurrenz und
der Belastung der Bundesliga stellen. Wenn
die Entwicklung mal einen Stillstand erlebt,
müssen wir die Spieler wieder aufbauen und
ihnen helfen, sich langfristig und konstant
zu behaupten.
Macht die vermeintliche ‚zweite Reihe‘ in die-
ser Saison genug Druck auf die etablierten
Spieler?
Wir müssen uns erstmal um die erste Rei-
he kümmern. Vieles war komplett neu am
Anfang dieser Saison. Eine Mannschaft auf-
zubauen, das ist keine Sache von einer hal-
ben Saison, sondern wird noch einige Zeit
dauern. Ein anderes System zu spielen und
zu verinnerlichen, braucht Geduld. Mir ist
bewusst, dass es heute kaum noch Zeit und
Geduld gibt. Auch wir würden am liebsten
alles sofort schaffen, sind auch mal ungedul-
dig und wollen Spieler so schnell wie mög-
lich weiterentwickeln. Aber es ist wichtig,
ihnen gegenüber nicht ungerecht zu werden,
wenn sie nicht so
spielen, wie man es
sich wünscht, und
nicht sofort die er-
hoffte Entwicklung
nehmen.
Was hat Sie richtig
geärgert im bisheri-
gen Saisonverlauf?
Einige Leistungen
konnten wir nicht akzeptieren, zum Beispiel
beim 0:5 gegen Dortmund oder beim 1:3 in
Augsburg. Wir können mit dem einen oder
anderen Fehler leben, wenn wir sehen, dass
das Engagement stimmt und eine gewisse
Leistung abgerufen wurde. Einiges müssen
wir schnell besser machen. Bei anderen Din-
gen wissen wir, dass sie einige Zeit dauern.
Macht Ihnen die große Zahl der Gegentore
Sorgen?
Natürlich. Wir müssen unser Tor wesentlich
besser schützen. Gerade gegen Dortmund
hat man gesehen, wie leicht wir es dem Geg-
ner manchmal machen, zum Erfolg zu kom-
men. Wir müssen allerdings auch wesentlich
mehr Tore schießen.
Welche Erwartungen haben Sie an die Zusam-
menarbeit mit Thomas Eichin?
Er wird die Aufgabe als Geschäftsführer si-
cher etwas anders ausfüllen als Klaus Allofs
in den vergangenen Jahren. Wie sich die
Zusammenarbeit konkret entwickelt, wird
man sehen. Wir sollten Thomas Eichin zu-
nächst die Zeit geben, sich hier in Bremen
und beim SV Werder zurechtzufinden und
sich einzuarbeiten.
In den Medien wurde Ihr Einfluss auf die Aus-
wahl des neuen Geschäftsführers diskutiert.
Wie stark konnten Sie Ihre Meinung einbrin-
gen?
Ich entscheide nicht über die Einstellung
eines Geschäftsführers. Das macht der Auf-
sichtsrat. Ich habe meine Meinung geäußert.
Aber mir war klar, dass sich der Aufsichtsrat
nur für jemanden entscheiden wird, der
sich mit dieser Aufgabe und der Philo-
sophie des SV Werder identifiziert.
Aber Sie haben vor der Entschei-
dung mit ihm gesprochen. Wie
war dieser Austausch?
Ich wusste vorher, dass es
zwischen uns menschlich
keine Probleme geben
wird – und nichts, was
uns daran hindern könn-
te, die Arbeit bei Werder
gemeinsam anzugehen.
Wie haben Sie es
geschafft, sich
rund um den
Weggang von
Klaus Allofs
immer aufs
Wesentliche
zu konzent-
rieren?
Das ist
meine
Pflicht.
Aber es
war nicht
einfach, das gebe
ich zu. Es bedurfte einer
enormen Konzentration und
Disziplin, alle Aufgaben wahrzunehmen
und allem gerecht zu werden. Schließlich
m
22 WERDER MAGAZIN 300
„Die taktische
Ausrichtung
ist nur ein Teil
unserer Arbeit.“
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