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as Bedürfnis, Missstän-
de zu beseitigen und
Dinge zu verändern, be-
stimmt das ganze Leben
des gebürtigen Bremers. „Zum
ersten Mal war ich in den 70er
Jahren bei der Anti-Atomkraft-
bewegung gesellschaftlich enga-
giert“, erinnert er sich. Ein Jahr-
zehnt später machte sich Thomas
Hafke vor allem gegen Rechts-
extremismus, Diskriminierung
und Antisemitismus stark. Um
besser zu verstehen, wie die Ge-
sellschaft funktioniert, entschied
er sich fürs Studium der Sozial-
wissenschaften. Ein Schlüsseler-
lebnis führte ihn 1987 zu Werder.
„Als mit der DVU plötzlich eine
rechtsextreme Partei in die Bre-
mische Bürgerschaft einzog, war
ich schockiert. Und es interes-
sierte mich, wer sie gewählt hat“,
erzählt Hafke. „Ein Professor hat
mich darauf hingewiesen, dass ei-
nige der jungen Wähler Fußball-
Fans sind. Darüber wollte ich
mehr erfahren und habe deshalb
ein Praktikum beim Fan-Projekt
Bremen begonnen.“
Eine besondere Verbindung
zu
Werder Bremen hatte Thomas
Hafke schon vorher. „Ich bin qua-
si um die Ecke geboren und aufge-
wachsen“, sagt er lachend. Schon
als kleiner Junge besuchte er sein
erstes Spiel im Weser-Stadion. Wo-
ran er sich noch erinnern kann?
„Ich weiß noch ganz genau, dass
Werder auf einmal in rot-weißen
Trikots auflief.“ Der damals acht
Jahre alte Thomas war verwirrt:
„Das habe ich überhaupt nicht ver-
standen – denn Werder ist doch
grün.“ Was ihn an der früheren
Zeit am meisten beeindruck-
te: „Die Werder-Fans standen
auf Höhe der Mittellinie auf der
Nordtribüne, gemeinsam mit den
Gäste-Fans.“ Heute undenkbar…
Als der Bundesliga-Skandal
1971
den deutschen Fußball erschüt-
terte, sank allgemein das Inte-
resse an der Liga. Und Thomas
Hafke wäre nicht Thomas Hafke,
wenn nicht auch er auf Stadion-
besuche verzichtet hätte. Darum
und „weil irgendwann die Mäd-
chen und die Politik interessan-
ter wurden“, verlor er den SV
Werder bis zum Beginn seines
Praktikums aus den Augen.
Inzwischen arbeitet er
seit mehr
als 25 Jahren für das Fan-Projekt
Bremen e. V. In dieser Zeit hat
er etliche Aktionen gesehen, ge-
plant und begleitet. Ein Projekt
liegt ihm aber noch immer beson-
ders am Herzen: ‚Sitzen ist für‘n
Arsch‘. Die Geburtsstunde der
Aktion liegt im Jahr 1989. Tho-
mas Hafke las ein Interview mit
dem damaligen DFB-Präsidenten
Hermann Neuberger, in dem
dieser erklärte, der DFB wolle
nur noch reine Sitzplatzstadien
zulassen. „Das hätte die Fansze-
ne massiv beschädigt“, weiß Haf-
ke. Weil auch das Weser-Stadion
wenig später umgebaut werden
sollte, mobilisierte er gemeinsam
mit seinen Kollegen die Werder-
Fans. „Wir wollten aber nicht
nur fordern, sondern haben ein
alternatives Modell zum Umbau
der Ostkurve vorgelegt“, betont
Thomas Hafke. Die Aktion war
erfolgreich und hat bundesweit
für Aufsehen gesorgt – ‚Sitzen ist
für‘n Arsch‘ blieb folglich nicht
für ebendiesen…
Das Fan-Projekt Bremen e. V.
ist
inzwischen ohne den 50-Jäh-
rigen nicht mehr denkbar. Er
kümmert sich um die Gestaltung
der Räumlichkeiten im Weser-
Stadion und organisiert Veran-
staltungen im ‚OstKurvenSaal‘.
Neben seinem Engagement im
Bereich der internationalen Ar-
beit arbeitet er mit Jugendlichen,
die auf der Suche nach politi-
scher Orientierung sind. Weil er
seine Stimme immer wieder laut
gegen rechts erhebt, wurde er
auch schon zur Zielscheibe. „Vor
einigen Jahren hat mich ein Nazi
bedroht und geschlagen“, erzählt
Thomas Hafke. „Aber davon las-
se ich mich nicht einschüchtern.“
Laura Ziegler
Von der Rettung
der Stehplätze…
Erst Atomkraftgegner, dann Fan-
arbeiter: Thomas Hafke hat für
Fußballfreunde in ganz Deutsch-
land viel bewegt.
Foto: M. Rospek
Verantwortungsvolle
Aufgabe
Der Sozialwis-
senschaftler Thomas
Hafke arbeitet seit
mehr als 25 Jahren
für das Fan-Projekt
Bremen e. V.
MENSCHEN BEI WERDER
WERDER MAGAZIN 318 65