WERDER MAGAZIN Nr. 322 - page 95

ANDREAS REINKE
I
ch war erst zehn Minuten in Bremen, da hatte ich schon
einen Strafzettel an der Windschutzscheibe kleben. ‚Das
geht ja gut los‘, habe ich mir gedacht, aber Gott sei Dank
blieb es das einzige Negativerlebnis. Von einem Double-
Gewinn hätte ich allerdings nicht zu träumen gewagt. Eigent-
lich wollte ich dem SV Werder ‚nur‘ helfen, sich für das interna-
tionale Geschäft zu qualifizieren. Was uns ausgezeichnet hat?
Ich glaube, vor allem unser Umgang miteinander. Wir haben
auch mal Tacheles geredet, aber danach sind wir gemeinsam
ein Bier trinken gegangen. Wir konnten uns immer in die Au-
gen schauen. Heute ist das vielleicht schwieriger geworden, da-
mals wurde man noch nicht an jeder Ecke fotografiert. Natür-
lich hatten wir herausragende Einzelkönner in unseren Reihen.
Johan Micoud stand fußballerisch sicher eine Stufe über allen
anderen – und Ailton hat jedes Ding reingemacht, das ihm vor
die Füße kam.
Das A und O
waren aber unsere mannschaftliche Geschlossen-
heit und eine perfekte Aufgabenteilung. Thomas Schaaf hat
uns immer hervorragend vorbereitet. Motiviert waren wir fast
automatisch, als Ziel reichte: Lasst uns Platz eins verteidigen.
Wenn man im Erfolgssog ist, wird man immer gieriger aufs Ge-
winnen. Deshalb sind uns auch viele ‚Last-Minute-Siege‘ gelun-
gen. Wir waren immer davon überzeugt, dass wir noch ein Tor
schießen können.
VALÉRIEN ISMAËL
I
ch erinnere mich noch an meine offizielle Vorstellung, als
ich 2003 nach Bremen kam. Weil ich mir selbst immer
sehr hohe Ziele gesteckt habe, sagte ich schon bei der Pres-
sekonferenz, dass ich mit dem SV Werder Titel holen möch-
te. Die Menschen im Raum haben mich mit großen Augen an-
geschaut, aber das war mir egal. Denn ich habe von Anfang an
gespürt: Hier passt es einfach.
Die Vorbereitung
auf die Saison lief allerdings alles andere als
geplant. Im UI-Cup schieden wir gegen den FC Pasching aus.
Damit hatten wir das erste Saisonziel, den Einzug in den UEFA-
Cup, verpasst. Drei Tage später war das aber fast vergessen, weil
wir zum Bundesliga-Start überraschend klar gewannen. Dabei
hätten wir das Spiel bei Hertha BSC beinahe verpasst. Weil wir
im Stau standen, kamen wir erst kurz vor 15.00 Uhr in Berlin
an und hatten nur fünf Minuten zum Umziehen. Trotzdem ge-
wannen wir 3:0. Vielleicht war das der erste Moment, in dem
wir gemerkt haben, dass wir kein Team wie jedes andere sind.
Mit Mladen Krstajic,
meinem Partner in der Innenverteidigung,
habe ich mich fast blind verstanden. Spätestens in der zweiten
Saisonhälfte kannten wir unsere Bewegungsabläufe und Lauf-
wege in- und auswendig. Solch eine Harmonie habe ich nie
wieder mit einem Spieler gehabt. Die Saison 2003/2004 war
einfach unvergesslich. Wir haben Geschichte geschrieben.
Routinierter Rückhalt
34 Jahre alt war Andreas ‚Andi‘
Reinke (re.), als er 2003 von Real Murcia in Spanien
zum SV Werder kam – das perfekte Alter für den
Gewinn des ‚Double‘.
Grün-weiße Leitfigur
Nur zwei Jahre lang spielte Valérien
Ismaël für den SV Werder. Doch selten hinterließ ein Profi
in so kurzer Zeit einen solch bleibenden Eindruck – und
wurde so schnell heimisch an der Weser wie ‚Vale‘.
Foto: Getty Images
Foto: Pressefoto ULMER
WERDER MAGAZIN EXTRA 7
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