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Jahresbericht 2015

Ärztekammer

Nordrhein

Kommunikation

tion ausgewählter Risikofaktoren (Bauchumfang,

Blutdruck) und die Steigerung der Lebensqualität.

Während der sechsmonatigen Intervention wurden

die Patienten von den ebenfalls in Gesprächstech-

niken geschulten Medizinischen Fachangestellten

der Hausarztpraxen begleitet.

Hausärztinnen und Hausärzte und ihre MFA aus

dem Vergleichsarm in Düsseldorf bekamen die Vor-

gabe, inaktive Patienten im Rahmen der Vorsorge-

untersuchungenauf die internationalenEmpfehlun-

gen – mindestens 150 Minuten Bewegungszeit pro

Woche – hinzuweisen. Gesprächstechniken wie das

Motivierende Interview

und konkrete Empfehlun-

gen wie 10.000 Schritte pro Tag/Alltagsaktivitäten

oder die Empfehlung zu einer bestimmten Sportart

wurdennicht ausgesprochen, die Patienten erhielten

aber Angebotsverzeichnisse lokaler Sportvereine.

Zu Beginn der Studie (T0) wurden in beiden

Studienarmen das Bewegungsniveau, anthropome-

trische Daten und Lebensqualität erhoben. Nach

sechs Monaten (T1) wurden in beiden Studienar-

men die Patienten erneut einbestellt und auf die be-

nannten Zielparameter hin untersucht. Zum Ende

beider Studienarme sollte unter anderem geprüft

werden, welche Art von Bewegungsempfehlungen

in der Prävention für Bürger leichter umzusetzen

sind, welche die ausgewählten Gesundheitspara-

meter verbessern und ob die Anwendung geziel-

ter Gesprächstechniken in der Praxis tatsächlich

zur Patientenmotivation unter dem Aspekt „Zeit-

ressourcen“ beitragen kann.

Das Motivierende Interview

Beim

Motivierenden Interview

handelt es sich um

ein Konzept, das zunächst in der Suchtmedizin

(beispielsweise in der Raucherentwöhnung), in-

zwischen auch in der Gesundheitsförderung und

Prävention erfolgreich eingesetzt wird. Es basiert

auf vier Prinzipien, die in Anlehnung an das trans-

theoretische Modell von

DiClemente

und

Prochaska

definiert wurden

(siehe Kasten links)

.

Die im Kasten beschriebenen Prinzipien wurden

gezielt für die Studie beziehungsweise das Gespräch

des Arztes mit seinem Patienten im Rahmen der Ge-

sundheitsuntersuchung, aber auch für die weitere

Betreuung durch die MFA (Kontakte per Telefon

und in der Praxis) aufbereitet.

In Fokusgruppengesprächen und standardisierten

Interviews wurde nach Abschluss der Studie die

Praktikabilität des MI (in der Kölner Interventions-

gruppe) sowie die Akzeptanz der Lebensstilbera-

tung bei beiden Untersuchungsarmen abgefragt.

In einer quasi-experimentellen Studie wurde in

einem Kölner Interventionsarm eine Kurzinterven-

tion eingesetzt, in deren Fokus die Empfehlungen

nach mehr Alltagsbewegung in Form von 10.000

Schritten steht. Dazu wurden die teilnehmenden

Hausärzte und Hausärztinnen (N=20) in der Tech-

nik des

Motivierenden Interviews (MI)

in Kombina-

tion mit dem Einsatz von Schrittzählern geschult.

Parallel erfolgte eine vergleichbare Qualifizierung

ihrer Medizinischen Fachangestellten (N=20) für

die weitere individuelle Patientenbegleitung. Durch

den Einsatz dieser Kurzintervention sollten Patien-

ten motiviert werden, diese Lebensstiländerung

nachhaltig zu vollziehen.

Das primäre patientenbezogene Ziel der Interven-

tion war die Steigerung der täglichen Schrittzahl

auf

10.000 Schritte nach sechs Monaten. Dazu

wurden den Patienten in der Studie Schrittzähler

ausgehändigt. Schrittzähler stellen eine einfach zu

nutzende sowie kostengünstige Möglichkeit dar, die

Selbstmotivation der Patienten durch Selbstüber-

prüfung zu fördern und körperliche Aktivität in

Form von Gehen in den Alltag zu integrieren. Dabei

hat sich die klare und einfach zu kommunizierende

Botschaft „10.000 Schritte pro Tag sind das Ziel“

als wichtigster Prädiktor für Erfolg, zum Beispiel

eine Senkung des BMI und des Blutdrucks, her-

auskristallisiert. Sekundäre Zielparameter waren

die Teilnahme an regelmäßigen Freizeitsportange-

boten (mindestens einmal pro Woche), die Reduk-

Prinzip 1

:

Versetzen Sie sich in den Patienten, um seinen Standpunkt verstehen

zu können („express empathy“).

Die empathische Grundhaltung ist das wesentliche Element des motivierenden Ge-

sprächs, das durch ein wertschätzendes, einfühlsames Verstehen gekennzeichnet ist.

Prinzip 2

:

Entwickeln Sie Diskrepanzen („develop discrepancies“).

Ziel der Intervention ist es, dem Patienten den Widerspruch zwischen seinemWunsch

(z.B. gesundes Leben) und seinen aktuellen Verhaltensweisen (z.B. sitzender Lebensstil)

bewusst zu machen und gemeinsam Pro und Contra des alten beziehungsweise neuen

Lebensstils zu erarbeiten.

Prinzip 3

:

„Gehen Sie mit demWiderstand, anstatt sich gegen ihn zu stellen“

(„roll with resistance“).

Im MI geht es nicht darum, den Patienten/die Patientin gegen den eigenen Widerstand

zu einer Verhaltensänderung zu überreden, sondern darum, die Eigenverantwortung für

sein/ihr Handeln zu stärken.

Prinzip 4

:

Stärken Sie die Veränderungszuversicht des Klienten („support self-efficacy“).

Die Vermittlung von Optimismus und die Selbstwirksamkeitserwartung des Patienten an

seine Veränderungsmöglichkeiten tragen wesentlich zum Handlungserfolg bei.

Prinzipien des Motivierenden Interviews (MI)

(modifiziert nach DiClemente und Prochaska)