Gutachtliche Entscheidungen
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Tubensterilisation – Mängel bei Aufklärung und Behandlung
Postoperativer Behandlungsfehler
Die Gutachterkommission hat schließlich das postoperative
Verhalten des Arztes beanstandet. Nachdem er gegen 17 Uhr
über die „starken Schmerzen“ in der Operationsgegend in-
formiert worden war, hätte es die ärztliche Sorgfalt geboten,
entweder sogleich einen Hausbesuch vorzunehmen,um sich
einen persönlichen Eindruck von der gegenwärtigen Situa-
tion zu verschaffen, oder aber alsbald eine anderweitige
ärztliche Untersuchung zu veranlassen. Er durfte es keines-
falls bei der Verordnung von Schmerzmitteln belassen, hät-
te vielmehr der Ursache der Schmerzsymptomatik nachge-
hen müssen. Dies unterlassen zu haben, beurteilte die Gut-
achterkommission als vorwerfbaren Behandlungsfehler.
Gesundheitliche Folgen
Zur Frage der verursachten Gesundheitsschäden stellte die
Kommission Folgendes fest:
Die Darmverletzung habe zu schwerwiegenden Komplika-
tionen, nämlich zu zwei größeren Revisionsoperationen mit
längerem Krankenhausaufenthalt geführt. Hätte der Arzt im
Falle der nicht immer vermeidbaren Darmverletzung bei der
Einführung des Troikars danach die erforderliche Sorgfalt
gewahrt, so wäre aufgrund der sofort veranlassten Revisi-
onsoperation der weitere Verlauf mit hoherWahrscheinlich-
keit wesentlich günstiger gewesen. Entsprechendes gelte
auch,wenn der Arzt bereits unmittelbar nach 17 Uhr pflicht-
gemäß für die nun gebotene operative Behandlung gesorgt
hätte.
Ein weiterer Gesundheitsschaden liegt in der unnötigen
Operationserweiterung (Hysteroskopie, Abrasio, Zysten-
fensterung, Adhäsiolyse). Insgesamt wertete die Gutachter-
kommission die ärztliche Behandlung als medizinisch nicht
mehr verständlich und damit als schwerwiegend fehlerhaft.
Herbert Weltrich und Herwarth Lent
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