KURS MAGAZIN 12/2013 - page 3

12 / 2013
KURS
EDI TOR IAL
„Entscheidend ist, was hinten rauskommt“. Legt man
dieses Zitat des Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl als
Messlatte für die Befindlichkeit der Vorsorgebranche
2013 an, dann dürfte die Mehrheit der Marktteilneh-
mer das zu Ende gehenden Jahr 2013 eher moderat
beurteilen. Vor allem der Niedrigzins-Wahn der EZB
bereitet Kummer. Denn dadurch wird erstens das Vor-
sorgeengagement der Menschen spürbar gedämpft.
Und zum zweiten zehren die Mickerzinsen an der
Substanzkraft der für die private Altersvorsorge so
wichtigen Lebensversicherer.Wenn nun auch noch das
EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen offen über
Negativzinsen fabuliert, um die störrischen deutschen
Sparweltmeister endlich zu konsumsüchtigen Geldverschleuderern zu erziehen,
dann kann man den Hilferuf von Alexander Erdland in Richtung Politik verstehen,
dem Zinsverfall endlich ein Ende zu bereiten. Zu Recht weist der GDV-Präsident
darauf hin, dass damit die junge Generation um die Chance einer auskömmlichen
finanziellen Altersabsicherung betrogen wird. Denn gerade sie wird in einer „Ge-
sellschaft der Alten“ in hohem Maße eigenverantwortlich vorsorgen müssen und
ist deshalb auf sichere und rentierliche Geldanlagen zwingend angewiesen.
Bereits im März 2013 hatte der Vorstandsvorsitzende der Gothaer, Dr. Werner
Görg, in KURS darauf hingewiesen, dass sich das Zeitfenster für eine notwendige
Zukunftsausrichtung der Vorsorgesysteme schließt, weil gegen die Mehrheit älterer
Bürger Leistungseinschnitte in den Umlagesystemen kaum noch politisch durchsetz-
bar seien. Dass sich seine bösen Ahnungen nach der Wahl 2013 nicht nur zu bestä-
tigen scheinen, sondern sogar noch übertroffen werden könnten, dürfte Görg kaum
trösten. Denn was aus den Koalitionsverhandlungen ruchbar wird, kann kaum als
Zukunftsagenda bezeichnet werden. Vor allem im Rentenbereich sollen Besitzstände
zementiert und um neue – auch systemfremde – Leistungen erweitert werden.
Offenbar nach dem Motto „alles muss raus“ umfasste der vorweihnachtliche
Wunschzettel der Koalitionäre zwischenzeitlichWohltaten im finanziellen Gesamt-
umfang von 60 Milliarden Euro. Gerade stehen dürfen für die letztlich beschlos-
senen langfristigen Verbindlichkeiten vornehmlich die Arbeitnehmer der Zukunft.
Nun könnten Kritiker die Warnung der Assekuranz vor einer die Perspektiven
junger Menschen bedrohenden Politik der Besitzstandswahrung als interessen-
gesteuerte Lobbyarbeit abtun. Doch das enthebt nicht der Antwort auf die unan-
genehme Frage: Wer finanziert die Altersbezüge und Pflegekosten der künftigen
Rentner? Die Generation, die den von ihren Altvorderen aufgetürmten Schulden-
berg abtragen und zugleich auch noch ein besonders ausgeprägtes finanzielles
Vorsorgeengagement leisten muss?
Welche Perspektiven also geben wir jungen Menschen mit auf ihren Zukunfts-
weg? Hat das Prinzip der generationsübergreifenden Solidarität überhaupt noch
eine Chance gegen den selbstzentrierten Egoismus einer Generation, der es im
Großen und Ganzen so gut geht wie keiner anderen vor ihr? – und die dennoch
auf keine ihrer Privilegien verzichten will! Noch zuWeihnachten soll die künftige
Koalition stehen, heißt es aus Unterhändlerkreisen. Zumindest für die jungen
Menschen dürfte dann allerdings der Gabentisch nur mager bestückt sein.
George Clegg
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