KURS MAGAZIN 12/2013 - page 6

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KURS
12 / 2013
Vermittlern droht Aderlass
Regulierung stranguliert
Geschäftsmodell
Bis zu 45 Prozent der Versicherungsvermitt-
ler werden im Zuge einer Umsetzung der
geplanten neuen Vermittlerrichtlinie so-
wie der politischen Pläne zur Beschneidung
des Provisionsvertriebs aus dem Markt aus-
scheiden. Zu diesem alarmierenden Ergeb-
nis kommt die wissenschaftliche Studie „Be-
triebswirtschaftliche Konsequenzen eines
Systemwechsels in der Vergütung von Ver-
sicherungsvermittlern“ der renommierten
Branchenkenner und Wissenschaftler Prof.
Dr. Matthias Beenken und Prof. Dr. Michael
Radtke von der Fachhochschule Dortmund,
die der Bundesverband Deutscher Versiche-
rungskaufleute (BVK) in Auftrag gegeben
hatte. Danach gefährden die Pläne für eine
neue Versicherungsvermittlerrichtlinie (IMD
II) der Europäischen Kommission, aber auch
Vorhaben der deutschen Politik, wie die ver-
stärkte Förderung der Honorarberatung mit
gleichzeitig einhergehender Beschneidung
des Provisionsvertriebs die Existenz vieler
selbstständiger Versicherungsvermittler.
Die Studie untersucht die Auswirkungen
von drei verschiedenen Szenarien. Im Ba-
sisszenario müssen die Vermittler allein
schon aufgrund des nachteiligen makroöko-
nomischen Umfelds (Niedrigzinsen durch
die Geld- und Haushaltspolitik der EU) mit
Einbrüchen beim Verkauf von Vorsorgepro-
dukten hinnehmen. Die beiden zusätzlichen
Szenarien untersuchen dann die weiterge-
henden negativen Folgen zusätzlicher Re-
gulierungsvorschriften. Fatale Folgen: Die
Vorsorgeanstrengungen werden, so die Au-
toren, merklich nachlassen, was die Alters-
absicherung der Menschen auf breiter Front
gefährdet. Für den Vermittlerbereich sehen
die Autoren ebenso dramatische Folgen: 30
bis 45 Prozent von heute 89.000 hauptberuf-
lich tätigen Vertreter- und Maklerbetrieben
würden innerhalb von drei Jahren aus dem
Markt ausscheiden, wobei es besonders die
„jungen“ Betriebe der Existenzgründer tref-
fen werde, während etablierte Vermittler
zunächst durch Personalentlassungen und
andere Kostensenkungsmaßnahmen ver-
suchen würden, Provisionsausfälle zu kom-
pensieren, ehe auch sie bei Unterschreiten
eines Mindestgewinns aus der selbststän-
digen Tätigkeit ausschieden. Für BVK-Präsi-
dent Michael H. Heinz Grund genug für ei-
nen drängenden Appell an die Politik.„Ohne
Vermittler wird die Politik nicht die von ihr
Ziel einer Verbesserung der privaten Vor-
sorge erreichen. Denn wir Vermittler sind
es, die mit hoher Fachkompetenz unsere
Mitbürger von der Notwendigkeit des Kon-
sumverzichts für eine privat finanzierte Al-
tersvorsorge überzeugen“, so sein Credo.
Deshalb erwarte man auch von der Politik
entsprechend positiv gestaltete Rahmen-
bedingungen für die mittelständischen Ver-
mittlerbetriebe und von den Versicherern
attraktive, an den Verbraucherbedürfnissen
ausgerichtete Produkte sowie eine ange-
messene Vergütung.
Privatrenten unter der Lupe
Weniger Garantie – mehr Rendite
Das Institut für Vorsorge und Finanzplanung
(IVFP) hat aktuell 148 Privatrenten-Tarife
von 61 Anbietern untersucht. Eingeteilt in
die drei Kategorien klassisch, fondsgebun-
den mit (foB) und fondsgebunden ohne Bei-
tragserhaltsgarantie (fmB) erfolgte die Ana-
lyse anhand von 84 Kriterien. Dabei wurde
deutlich, dass Produkte mit reduzierter Ga-
rantie, dafür aber größeren Renditechan-
cen auf dem Vormarsch sind. Laut IVFP-
Geschäftsführer Professor Michael Hauer
wurden in diesem Jahr erstmals die integ-
rierten Pflegeoptionen mit berücksichtigt.
Dabei unterscheidet das Institut Erhöhungs-
option und Anwartschaft. Bei der Erhö-
hungsoption steigt im Pflegefall entweder
die Altersrente oder der Versicherungsneh-
mer erhält eine Zusatzrente. Das Ergebnis
des Tests: Zu den führenden Anbietern im
Rating zu privaten Rentenversicherungen
zählen 2013 neben der Europa, die Allianz,
Hannoversche, Debeka, HUK Coburg, Volks-
wohl Bund, Provinzial Nordwest, Stuttgarter
und Alte Leipziger.
X
Die genaue Liste ist unter
Privatrenten-Rating 2013 zu finden.
Lebensversicherer
Immer noch gut positioniert
Als Folge des Dauerzinstiefs befinden sich
Lebensversicherer seit einigen Jahren in ei-
nem schwierigen Marktumfeld und sind
mehr denn je unter Zugzwang. Die Entwick-
lungen am Kapitalmarkt nehmen die Asse-
kuranz gleich doppelt in die Zange, stellt das
Analysehaus Morgen & Morgen in einem ak-
tuellen Rating fest. Denn zum einen müssten
die Versicherer die recht hohe Verzinsung im
Bestand erwirtschaften und zum anderen at-
traktive Produkte für Neukunden anbieten.
Trotz der Belastungen stellen die Analysten
den deutschen Lebensversicherern ein gutes
Gesamtzeugnis aus. Die Branche zeige sich
nach wie vor stabil, was ein deutlicher Be-
leg dafür sei, dass die Maßnahmen der Versi-
cherer greifen und sie größtenteils stabil und
flexibel genug aufgestellt seien, um auch in
schwierigen Zeiten bestehen zu könnten, er-
klärt Stephan Schinnenburg, Geschäftsführer
von Morgen & Morgen.
KURZ & KNAPP
Liebe Leser,
Wir gehen in dieWinterpause. Die nächs-
te KURS-Ausgabe erscheint am
1. Febru-
ar 2014.
All unseren Lesern wünschen
wir ein frohes und besinnliches Weih-
nachtsfest sowie einen guten Start in ein
erfolgreiches neues Jahr 2014
Verlag und Redaktion von KURS
Zahlen des Monats
6,3
Versicherungspolicen besitzen die
Kunden von Versicherungsmaklern im
Durchschnitt – und damit deutlich mehr
als der gewöhnliche Versicherungsneh-
mer, der es auf durchschnittlich
4,9
Produkte bringt. Das brachte eine Unter-
suchung von YouGov zu Tage. Auch bei
den Neuabschlüssen liegen Maklerkun-
den weit über dem Durchschnitt. Mehr
als jeder vierte Maklerkunde hat in den
vergangenen zwei Jahren ein bis zwei
neue Versicherungen oder Geldanlagen
abgeschossen, der Vergleichwert bei an-
deren Versicherungskunden liegt bei
18
Prozent.
Szenario
Ausschließlichkeit
Makler/Mehrfachvertreter
Gesamt
Ausgangssituation 59.000
100% 30.000
100%
89.000
100%
Basisszenario
42.314
72%
20.109
67%
62.423
70%
Szenario 2
37.755
64%
17.681
59%
55.436
62%
Szenario 3
31.653
54%
17.665
59%
49.317
55%
Quelle:BVK(Hrsg.),StudieBetriebswirtschaftlicheKonsequenzeneinesSystemwechselsinderVergütungvonVersicherungsvermittlern
Entwicklung des Bestands an hauptberuflichen
Versicherungsvermittlerbetrieben
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