Tätigkeitsbericht Ärztekammer Nordrhein 2014 - page 12

Ärztekammer
Nordrhein
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Jahresbericht 2013
Kammerversammlung
Einen im Juni 2012 veröffentlichten Beschluss
des Bundesgerichtshofs (BGH) bezeichnete der Prä-
sident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke,
als „ganz wichtiges Signal, das unser Selbstver-
ständnis als Angehörige eines Freien Berufes unter-
mauert“. In diesem Beschluss hatte das oberste
ordentliche Gericht festgestellt, dass Vertragsärzte
weder Amtsträger noch Beauftragte der gesetzli-
chen Krankenkassen sind. „Das war zuvor recht-
lich umstritten, und nun ist es geklärt: Die ärztli-
che Behandlung erfolgt in erster Linie im Interesse
des Patienten und in seinem Auftrag“, sagte Henke.
Die sozialgesetzlichen Regeln wie zum Beispiel
das Wirtschaftlichkeitsgebot könnten nach den
Ausführungen des BGH nicht bewirken, „dass der
Arzt aus dem Auftragsverhältnis zu dem Patienten
gleichsam herausgebrochen und zum Beauftragten
der Krankenkassen wird“. Allerdings habe der Be-
schluss keineswegs eine Debatte über den hohen
Wert der Freiberuflichkeit ausgelöst, sondern eine
Korruptionsdebatte.
Denn die Richter hätten sich mit dem Fall einer
vom Landgericht Hamburg wegen Bestechung ver-
urteilten Pharmareferentin zu beschäftigen gehabt,
die Vertragsärzten als Prämie eines Arzneimittel-
herstellers Schecks übergeben hatte. Die öffentliche
Diskussion habe sich auf die Frage konzentriert,
ob zur wirksamen Korruptionsbekämpfung das
Strafgesetzbuch geändert werden muss, denn nach
dem Beschluss des BGH kann die Pharmareferentin
nicht wegen Bestechung und können Vertragsärzte
nicht wegen Bestechlichkeit verurteilt werden. Das
wäre nach dem Strafgesetzbuch derzeit nur dann
möglich, wenn Vertragsärzte Amtsträger oder Be-
auftragte der Kassen wären. Henke: „Nach unserer
Berufsordnung dürfen Ärztinnen und Ärzte nicht
einmal den Eindruck erwecken, dass sie sich durch
die Annahme von Geschenken oder anderen Vortei-
len in der unabhängigen ärztlichen Entscheidung
beeinflussen lassen. Wer dagegen verstößt, setzt die
Verlässlichkeit unserer Profession aufs Spiel. Das
läuft unserem Kampf für die Freiberuflichkeit ab-
solut zuwider, das können und wollen wir als ärzt-
liche Körperschaften nicht zulassen.“
Zumutungen zurückweisen
Die ärztliche Therapiefreiheit ist nach den Wor-
ten des Präsidenten verbunden mit dem Verspre-
chen einer sorgfältigen Indikationsstellung, die
sich ausschließlich an den Bedürfnissen des Patien-
ten orientiert: „Die Medizin kennt keine pekuniäre
Indikation.“ Jedoch übe die Ökonomisierung des
Gesundheitswesens einen Druck in diese Richtung
aus. „Deshalb ist es heute wichtiger als je, dass un-
sere jungen Kolleginnen und Kollegen schon in der
Ausbildung und dann während der Weiterbildung
soweit wie möglich immun gemacht werden, damit
sie Zumutungen zurückweisen und Versuchungen
widerstehen können“, sagte Henke, „denn wenn
wirtschaftliche Zwänge die unabhängige ärztliche
Entscheidung zu manipulieren drohen, dann müs-
sen Ärzte Nein sagen.“
Allerdings sei es lebensfremd, auf die Ökono-
misierung allein mit einem Appell an das ärztliche
Ethos zu antworten: „Wir Ärztinnen und Ärzte ha-
ben uns im Alltag von Praxis und Krankenhaus um
die Patientinnen und Patienten zu kümmern, und
die Rahmenbedingungen dieses Alltags in Praxis
Die ärztliche Therapiefreiheit gegen
wirtschaftlichen Druck verteidigen
Die Gefährdung der ärztlichen Unabhängigkeit und aktuelle gesundheitspolitische Fragen
standen imMittelpunkt der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein am 10. November 2012
in Düsseldorf.
Rudolf Henke,
Präsident der Ärztekammer
Nordrhein: Die Medizin
kennt keine pekuniäre
Indikation.
Ein ausführlicher Bericht über
die Kammerversammlung findet
sich im
Rheinischen Ärzteblatt
Dezember 2012
, verfügbar
auch unter
,
Rheinisches Ärzteblatt, Archiv.
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