

derAsepsis bei entsprechenden Injektionen nicht generell die
gleichen Anforderungen gestellt werden sollten wie bei Ope-
rationen. Zu fragen ist auch, wie in einem solchen Fall wirk-
lich davon ausgegangen werden kann, dass die Injektion in
das Wirbelgelenk erfolgte, worüber ja aufgeklärt wurde.
Ergänzende rechtliche Hinweise
Den Ärzten wurde ein Behandlungsfehler vorgehalten,weil sie
die Gefahr für eine Infektion durch Applikation von Cortico-
steroiden in zu kurzen Abständen an jeweils gleichen Orten
gefördert hatten.
Für die Patientin bedeutet dies jedoch nicht, dass sie gegen die
fehlerhaft handelnden Ärzte einen Schadensersatzanspruch
durchsetzen kann, denn auch wenn ein Behandlungsfehler
feststeht, obliegt dem Patienten der Nachweis, dass der Be-
handlungsfehler zu einem Gesundheitsschaden geführt hat.
Insoweit greift eine Beweislastumkehr nur dann ein, wenn
der Behandlungsfehler grob war. Das ist der Fall, wenn der
Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln
oder gesicherte medizinische Erkenntnis verstoßen und einen
Fehler begangen hat, der objektiv nicht mehr verständlich ist,
weil ein solcher Fehler dem behandelnden Arzt „schlechter-
dings“ nicht unterlaufen darf (
BGH NJW 1995, 778; 1996,
2428; Laum/Smentkowski:Ärztliche Behandlungsfehler– Statut
der Gutachterkommission, Kurzkommentar, 2. Auflage, S. 88)
.
Davon kann hier nicht die Rede sein, sodass es bei der allge-
meinen Beweislastregel bleibt.
Die Patientin kann den Beweis, dass es bei einer weniger ra-
schen Folge von Injektionen nicht zu einer Sepsis gekommen
wäre, jedoch nicht führen, sodass eine Haftung der Ärzte aus-
scheidet.
In einem solchen Fall kann der Patient auch nicht geltend ma-
chen, es bestehe eine prozentual zu beziffernde Wahrschein-
lichkeit, dass der Behandlungsfehler für den Schaden ursäch-
lich gewesen sei. Zwar wird in der juristischen Literatur ver-
stärkt diskutiert, die Kausalitätsprobleme bei der Arzthaftung
durch eine Proportionalhaftung zu lösen, die bei einfachen
Behandlungsfehlern eingreifen soll und sich auf den wahr-
scheinlichen Verursachungsanteil beschränkt. Bei Einfüh-
rung einer Proportionalhaftung würde aber der unbefriedi-
gende Rechtszustand fortdauern, der insbesondere in Bezug
auf grobe Behandlungsfehler zu einer umfangreichen Kasuis-
tik geführt hat. Die Anwendung einer Proportionalhaftung
würde der Patientin zwar helfen und ihr einen Schadenser-
satzanspruch geben, der dem wahrscheinlichen Verursa-
chungsanteil der Ärzte entspricht. Aber nach der geltenden
Rechtslage ist eine solche anteilige Entschädigung nicht
durchsetzbar.
Schadenersatz wegen unzureichender Aufklärung
Dabei hätte die Patientin eher einen Schadenersatzanspruch
gegen die Ärzte, wenn sie sich auf einen Aufklärungsmangel
berufen hätte. Zwar wurde sie über ein Infektionsrisiko auf-
geklärt, aber diese Aufklärung war unzureichend.Ein Patient,
der vor Beginn der Behandlung erfährt, dass es zu einer Infek-
tion kommen kann, realisiert nicht, dass diese zu einer Sepsis,
zu einer Querschnittslähmung oder gar zum Tod führen
kann. Der Hinweis auf eine Infektion ist derart banal, dass
diese Aufklärung nicht ausreicht.
Möglicherweise könnte auch eine unzureichende Dokumen-
tation des medizinischen Vorgehens der Ärzte der Patientin
Beweiserleichterung verschaffen. Dann aber müsste verlangt
werden, dass bezüglich Desinfektion, Kanülenwechsel, inji-
zierter Menge der Corticosteroide ganz genau dokumentiert
werden müsste; eine Forderung, die so nicht gestellt wird.
Christian Holland und Lothar Jaeger
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Gutachtliche Entscheidungen
Behandlungskomplikationen durch Injektionen