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CORTISSIMO 04 | 2016
WEISS
V
iel Platz - viel Weißraum, dies ist
eine besondere Spezialität des Zei-
tungsmagazins. Weiß gilt in Europa
als Farbe der Freude und der Unschuld.
Große Werbefiguren mit dem Attribut
weiß haben heute noch Kultstatus, wenn
wir an die weiße Frau eines Waschmit-
telherstellers denken. In früheren Zeiten
galt Weiß als royale Farbe, das Banner
des französischen Königs war ganz weiß,
Wäsche wurde auf dem Rasen gebleicht
und Tennis nur in Weiß gespielt. Zumin-
dest kann man jetzt Grand Slam Turniere
in bunten Trikots gewinnen. Auch heute
noch spielt in der Gestaltung die unbunte
Farbe Weiß eine große Rolle, digital wie
analog. Flat Design – also die Reduktion
auf das Wesentliche – wäre ohne Weiß-
raum nicht möglich.
Die Farbe Weiß verspricht Erfolg.
Was wäre das Design von „Apple“ ohne
Weiß? Wer Weißraum bewusst einsetzt,
kann sich in einer wandelnden Ökonomie
der Aufmerksamkeiten unterscheiden
und damit bei den irrational entscheiden-
91 C
den Konsumenten punkten. Weißraum ist
dabei keine Platzverschwendung, sondern
ein wichtiges Gestaltungselement.
Es bietet dem Leser Überblick, be-
tont wichtige Inhalte und unterstützt den
Lesefluss. Es lenkt die Aufmerksam-
keit auf das Wichtigste: den Inhalt. Das
Produkt wird zum Helden. Wer es nicht
glaubt, möge den Begriff iPhone „goo-
geln“ und sich die Website ansehen, denn
dort ist Weißraum King.
DIE ERSTE FARBENTSCHEIDUNG
Bei Printprodukten ist es übrigens im-
mer die erste Farbentscheidung, die das
Management gemeinsam mit dem Desi-
gnteam trifft. Denn hier definiert das Pa-
pierweiß den Ton, den wir später für Weiß
halten. Diese Entscheidung wird anschlie-
ßend alle weiteren Farbwirkungen beein-
flussen, denn das Papier definiert auch
den Umfang des Farbraumes, der später
im Druckverfahren realisiert werden kann.
Der Weißraum bestimmt den Charakter
einer Zeitung, eines Magazins oder eines
Zeitungsmagazins. Das Format ist die Büh-
ne, auf der Redaktion und Art Direktion
ihre Inhalte inszenieren können und Regie
führen. Das Zeitungsmagazin kann hier
schon durch seine Größe seine erste Stär-
ke ausspielen. Natürlich können klassische
Magazinformate wie 210 x 280 mm oder
DIN-Formate im Zeitungsdruck bespielt
und dreiseitig beschnitten werden.
Geht das Magazin in den Versand,
etwa an eine größere Anzahl von Abon-
nenten, gehören DIN-Formate zu den gän-
gigsten Größen. Ist die Versandthematik
kein kritisches Kriterium, kann aus dem
vollen Formatportfolio geschöpft werden.
Mit Weißraum muss nicht mehr gegeizt
werden, ganz im Gegenteil, er steht in Hül-
le und Fülle zur Verfügung. Teilweise sogar
schon technisch bedingt.
Den Weißraum steuert die Art Direk-
tion mit dem Satzspiegel. Das Zeitungs-
magazin braucht Luft zum Atmen. Kalku-
lieren Sie den Satzspiegel lieber großzügig
und sorgen Sie mit einem flexiblen Spal-