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CORTISSIMO 04 | 2016
W
elche Innovation im wasserlosen Druck
steckt, versteht nur der, der sich vor Augen
führt, wie klassischer Bogen- und Rollen-
offset funktioniert: Fett und Wasser stoßen sich ab,
das weiß jedes Kind. Auf dieser natürlichen Reaktion
dieser beiden Stoffe basiert der konventionelle Off-
setdruck. Die Druckfarbe ist fettig. Die druckenden
Stellen auf der Druckplatte müssen also die fettige
Farbe annehmen.
Die nicht druckenden Stellen sind dagegen
wasserfreundlich und stoßen die Druckfarbe ab. So
wird zunächst die Druckplatte mit einem Feuchtwas-
serfilm benetzt und danach tragen Walzen die Far-
ben auf die druckenden Stellen der Druckplatte auf.
Diese gibt die Farbe an das Gummituch ab und von
dort geht es auf den Bedruckstoff, also das Papier.
Anschließend muss die Farbe trocknen.
Dies kann - wie man in der Fachsprache sagt -
durch Wegschlagen geschehen, wie es im Coldset,
also dem klassischen Zeitungsdruck, geschieht oder
durch Trocknen mittels Hitze im Akzidenzdruck, dem
Heatsetverfahren. Ganz so einfach, wie es hier be-
schrieben ist, gestaltet sich das Druckverfahren aber
nicht. So werden dem Feuchtwasser Zusätze und
konzentrierte Additive zugegeben, die die chemisch
physikalischen Eigenschaften des Wassers verän-
dern und den Druckprozess optimieren.
CORTINA-DRUCKMITWENIGER
CHEMIEEINSATZ
Das Feuchtwasser kann nicht einfach aus dem Was-
serhahn in den Druckprozess geleitet werden. Was-
ser enthält eine Vielzahl von Inhaltsstoffen, die zu
Schäden an der Druckmaschine führen können. Aus
diesem Grund müssen Zusätze wie Tenside, Puffer-
systeme, Komplexbildner, Konservierer oder Korro-
sionsinhibitore und hydrophile Polymere eingesetzt
werden. Wobei das Drucken im Zeitungsbereich
ohne Alkohole mittlerweile Standard ist. Ohne in die
Tiefe gehen zu wollen, dürfte eines klar sein, dass
man dieses Feuchtwasser nicht einfach in den Aus-
guss schütten darf.
Der wasserlose Druck benötigt dies nicht und
so sieht RBD Fachingenieur Stefan Durst hier einen
Vorteil: der Chemikalieneinsatz entfällt durch die
nicht mehr benötigten Feuchtwasserzusätze. Auch
Der Unterschied zum
konventionellen Druckverfahren
FARBE
ALLEINE
ZU
HAUSE
AUF
DER
DRUCKPLATTE
der kompakte Bau der Maschine mit weniger Walzen
habe einen geringeren Reinigungsaufwand zur Folge
und auch dies reduziere den Einsatz von Reinigungs-
mitteln, die ebenfalls Chemie bedeuten.
CORTINA-DRUCK – EINE VÖLLIGNEUE
ANFORDERUNGANDIE FARBE
Der wasserlose Druck der Cortina hat zudem den
Vorteil, dass es weniger Makulatur gibt, also Fehl-
drucke. Beim Andruck muss nicht mehr ein Farb-/
Feuchtmittel-Gleichgewicht eingestellt werden und
der Passer stimmt schneller.
Für den Druckfarben-
hersteller war das neue Verfahren des wasserlosen
Druckes zunächst schwierig zu bewältigen. Denn
jetzt musste die Farbe selbst erkennen, an welchen
Stellen sie auf der Druckplatte anhaften darf und an
welchen nicht.
Die Konsistenz und Zusammensetzung der
Cortina Farbe musste also von Grund auf neu erfun-
den werden. Gelöst wurde das Problem über eine
differenzierte Oberflächenspannung von Teilen der
Platte, die die Farbe jetzt erkennt. Denn die Farbe ist
auf Druckplatten der Cortina alleine zu Hause.
Heute spielt das Papier und seine Qualität für
den Farbumfang, der dargestellt werden kann, die
tragende Rolle. Wichtig sind auch Themen wie gute
Übertragbarkeit der Farbe bei hohen Geschwin-
digkeiten oder dass die Farbe nicht nebelt und sich
nicht aufbaut. Ein immer wichtigerer Prozess ist, den
Druckprozess zu vereinfachen. Eine Zentralversor-
gung mit einer Farbe, mit der möglichst viele oder
sogar alle Papiere bedruckt werden können, steht
heute im Fokus.
BRILLIANTERE FARBEN
Das vorherrschende System ist CMYK, mit dem man
im klassischen Zeitungsrollenoffset niemals ein
leuchtendes Orange oder Grün aus Gelb und Magen-
ta oder Gelb und Cyan drucken können wird.
Je nach
eingesetztem Papier erweitert die Cortina allerdings
den Farbraum, weil das Wasser fehlt und die Farben
mit höherem Körper brillianter gedruckt werden
können.
Damit kann unter den Bedingungen des
Massendrucks eine deutlich bessere Qualität erzielt
werden.