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CORTISSIMO 05 | 2016
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tellen Sie sich doch einmal die Frage:
was wäre gewesen, wenn Steve Jobs
Herausgeber eines Verlages gewesen
wäre und seine ganze Leidenschaft dem Fort-
bestand gedruckter Medien gegolten hätte. Es
nichts Schöneres für ihn gegeben hätte als die
Liebe zur Haptik, dem Knistern des Papieres?
Hätte er „nur“ gedruckt? Oder Haptik zu einem
Erlebnis gemacht? Wir kommen gleich darauf
zurück!
Als Leiterin Dialogmarketing des größ-
ten deutschen Kundenclubs oblag mir über
viele Jahre die Planung und Realisation von
Kampagnen über verschiedene Medien. Pit-
chende Agenturen, „preisdumpende“ Dienst-
leister und ein stetiger Wettbewerb mit an-
deren Unternehmensbereichen um Etats
prägten meinen Arbeitsalltag. Interdisziplinä-
res Denken, eine der größten Herausforderun-
gen erfolgreicher Kommunikation, fiel dem
Wettbewerb der Kanäle häufig zumOpfer.
Und ich behaupte: auch heute ist das
in den meisten Unternehmen noch so. Wa-
ren und Dienstleistungen sind substituierbar,
Unternehmen stehen nicht mehr im Produkt-
sondern im Preis- und Kommunikationswett-
bewerb.
Dies mag letztlich der Grund sein, wa-
rum bei vielen Unternehmen „online, mobile
und social“ ganz weit oben auf der Agenda
stehen, ohne zu hinterfragen, warum man
welchen Kanal für welche Zielgruppe mit wel-
chem Inhalt wählen sollte. Schließlich gelten
diese Kanäle als schnell, relativ kostengünstig
und hip. Und natürlich sind diese Kanäle – je
nach Unternehmen und Zielgruppe – auch ab-
solut richtig und angemessen. Aber: wir laufen
auch Gefahr eben jene Spirale des Preis- und
Kommunikationswettbewerbs
anzuheizen,
wenn wir nur schnell aber nicht wirklich nach-
haltig kommunizieren. Sich mit einem Un-
ternehmen zu identifizieren, Wertigkeit und
Nachhaltigkeit sind grundsätzlich etwas ande-
res als nur auf einen „LIKE“ Button zu drücken.
Und wir sollten nicht vergessen: fast alles, was
wir online versprechen, müssen wir offline er-
füllen.
Eines der beliebten Schlagworte un-
serer Zeit ist „Big Data“. Kundendaten. Pro-
duktdaten. Profildaten. Alle Daten. Vernetzt.
Korreliert. Ausgewertet. Doch seien wir ehr-
lich: nicht einmal 2% aller Firmen haben auch
nur im Entferntesten eine Vorstellung davon,
wie z.B. Kundendaten sinnvoll genutzt wer-
Fast alle Zeitungsverlage
und Druckereien weltweit
beklagen sinkende Auf-
lagen, Abonnements und
Erlöse. Das Konsum-
verhalten hat sich nachhal-
tig geändert, die meisten
Leser geben sich mit sie-
ben Zeilen Informations-
gehalt zufrieden. Soziale
Medien sind in. Doch ste-
hen traditionelle Medien
tatsächlich in einem (be-
reits) verlorenen Wettbe-
werb mit „Mobile first“?
EinGastbeitragvon Jelena
Kohnen.
Jelena Kohnen von der Agentur
viva-mediale schreibt in einem
Gastbeitrag über die Möglich-
keiten von Augmented und
Virtual Reality
„Unternehmen
stehen im
Kommunikations-
wettbewerb“
Foto: Agentur Viva-Mediale, Air Pano