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| RWGV Jahresbericht 2016
Zukunft gestalten – Wir haben die Wahl!
1.
Herr Petzold, wie sind Sie
auf die Idee gekommen,
TAVLA zu gründen?
Da kam einiges zusammen – beruf-
lich wie privat: Als Wirtschaftsinfor-
matiker habe ich vier Jahre die For-
schungsaktivitäten einer Firma im
Bereich Smart Home und Gesund-
heit geleitet. Dabei habe ich mitbe-
kommen, dass die Europäische
Kommission in den letzten acht
Jahren allein 700 Millionen Euro
Forschungsgelder bereitgestellt
hat, umTechnologien zu entwi-
ckeln, die Senioren das Leben
erleichtern. Darüber hinaus habe
ich eine alte Tante bis zu ihremTod
betreut und tiefe Einblicke in das
beschwerliche Leben im Alter und
die Arbeit von Pflegediensten
erhalten. So kam mir die Idee, älte-
re Menschen ebenfalls mit techno-
logischen Lösungen in ihrer
Lebensqualität zu unterstützen,
interview
TAVLA SCE: Drei junge Genossenschaftsgründer
wollen den Gesundheitsmarkt revolutionieren
damit sie so lange wie möglich
selbstbestimmt leben können. Auf
Tagungen und in der Universität
Köln habe ich gezielt nach Mitgrün-
dern gesucht und sie glücklicher-
weise auch in Florian Ertel und
Sascha Behnke gefunden.
2.
Was bietet die Genossen-
schaft TAVLA ihren Mitglie-
dern?
Als europäische Genossenschaft
bündeln wir die Kräfte unserer Mit-
glieder aus der Sozial- und Woh-
nungswirtschaft. Neben Beratungs-
leistungen bieten wir ihnen eine
Lösung aus Hard- und Software für
das betreute Wohnen sowie Senio-
ren zu Hause an. So entwickeln wir
zurzeit eine offene Plattform, die
alten Menschen das Leben erleich-
tern soll, kinderleicht zu bedienen
ist und zudem Anwendungen aus
den Bereichen Versorgung,
Das TAVLA-Gründungs
team mit RWGV-Grün-
dungscoach Dr. Stefan
Touchard (v.l.n.r.): Dr.
Stefan Touchard, Martin
Petzold, Sascha Behn-
ke, Mike Karst und Flori-
an Ertel.
Gesundheit und Entertainment
miteinander verknüpft. Hierfür kön-
nen zum Beispiel ein großer Touch-
screen oder ein Tablet genutzt wer-
den, auf das alle möglichen
Anwendungen individuell aufge-
spielt werden können: vom Haus-
notruf über Medikamentenpläne
und Blutdruckmessergebnisse bis
hin zu Terminlisten mit Erinnerung,
wann der Pflegedienst kommt.
Zurzeit testen wir dieses Produkt
auf Touchscreens und Tablets in
einemWohnpark für Seniorinnen
und Senioren in Darmstadt und mit
der Sozialstation Dreisam aus Frei-
burg. Im Sommer wollen wir dann
marktfähig sein.
3.
Warum wollten Sie unbe-
dingt eine Genossenschaft
gründen?
Ja, ich weiß, dass Genossenschaf-
ten im technologischen Bereich
eher ungewöhnlich sind und es für
diese Start-ups anfangs schwer ist,
sich zu finanzieren. Deshalb
suchen wir derzeit auch gezielt
nach Investoren. Doch bleibt es
unser oberstes Ziel, im Gesund-
heits- und Pflegemarkt eine Infra-
struktur zu schaffen, die Nutzen
stiftet und nicht primär Gewinne
erzielt. Grundsätzlich wollen wir die
Gesellschaft am technologischen
Fortschritt und digitalen Wandel
des Gesundheitsmarktes teilhaben
lassen und dabei soziale und wirt-
schaftliche Ziele miteinander in Ein-
klang bringen. Ein guter Freund,
der Genossenschaftswesen stu-
diert hat, hat uns anfangs beraten,
hinzu kam dann das gute Grün-
dungscoaching des RWGV. So
konnten wir innerhalb weniger
Monate im März 2016 die europäi-
sche Genossenschaft TAVLA aus
der Taufe heben.
Als Start-up preisgekrönt und vomBundeswirtschaftsministeriumfinan-
ziell gefördert: die imMärz 2016 gegründete europäische Genossenschaft
TAVLA SCEmbH bietet Lösungen für die Digitalisierung imGesundheits-
und Pflegemarkt. Dahinter stecken die klugen Köpfe der drei jungen
Gründer: der Wirtschaftsinformatiker Martin Petzold (34 Jahre) und Sascha
Behnke (27 Jahre) sowie des Betriebswirtes Florian Ertel (29 Jahre).