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| RWGV Jahresbericht 2016
Zukunft gestalten – Wir haben die Wahl!
Milchindustrie im
Strukturwandel
Die Zahl der Molkereien in Deutschland hat sich in den vergangenen
Jahren drastisch reduziert. Unter dem massiven Einfluss der neuen euro-
päischen Rahmenbedingungen, internationaler Konzentrationsprozesse
und der Macht des Einzelhandels befindet sich die Milchindustrie im
Strukturwandel.
Die Rahmenbedingungen der europäischen
Milchwirtschaft verändern sich zurzeit mas-
siv. Die Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik
sowie der wachsende Einfluss international
ausgerichteter Konzerne und Zusammen-
schlüsse beeinflussen die Entwicklungen in
der Milchwirtschaft nachhaltig. Die Zahl der
Molkereien hat sich in den vergangenen Jah-
ren drastisch reduziert: Seit Anfang der
neunziger Jahre hat sich in Deutschland die
Zahl der Milchviehhalter halbiert. Auch die
Zahl der milchverarbeitenden Betriebe ist
um zwei Drittel gesunken.
Weitere Konzentrationsphase
zu erwarten
Die deutsche Molkereiwirtschaft ist über-
wiegend in kleinen und mittelständischen
Betrieben organisiert. Anders als in den
weitgehend konsolidierten Strukturen in
Skandinavien, Holland und Frankreich ist in
Deutschland mit einer weiteren Konzentra-
tionsphase zu rechnen.
Ob national oder durch europäische
Molkereikonzerne beeinflusst, die Konzen-
tration und Konsolidierung des deutschen
Marktes wird für die Molkereien eine zent-
rale Voraussetzung sein, um zukünftig von
den voraussichtlich sinkenden Milchpreisen
zu profitieren und Innovationen sowie Aus-
landsengagement voranzutreiben.
Vor dem Hintergrund konsolidierter
Inlandsmärkte stehen europäische Milch-
konzerne damit an der Schwelle einer neu-
en Internationalisierungsphase zugunsten
wachstumsstarker Absatzregionen. Inter-
national konzentrieren sich die deutschen
Molkereien bisher vorwiegend auf Europa.
Genossenschaften konzentrieren sich dabei
weitgehend auf den Export.
Import übersteigt Export
Vor diesemHintergrund ist damit zu rechnen,
dass die Ausfuhr von Milchprodukten für Ge-
nossenschaften immer weniger ertragreich
sein wird. Die Im- und Exportströme mit den
EU-Mitgliedsstaaten in Osteuropa haben sich
in den vergangenen Jahrenmassiv gewandelt.
Die Importe nach Deutschland überstiegen
bereits im Jahr 2004 die Exporte um mehr als
das Doppelte.
Der Konzentrationsprozess der deutschen
Molkereiwirtschaft ist noch lange nicht ab-
geschlossen. Eine Trendwende wird voraus-
sichtlich erst in einem stärker konsolidierten
Markt mit dynamischem internationalem
Engagement deutscher Molkereien eintreten.
Bis dahin wird sich der Strukturwandel in der
Milchindustrie fortsetzen.
■
Paul Uppenkamp,
Geschäftsführer der
Raiffeisen Beckum eG
Größte Herausforderung der
Landwirtschaft wird es sein,
die Wertvorstellungen der
Verbraucher über Regionalität
und Nachhaltigkeit mit den
unbarmherzigen Gesetzen des
Weltmarktes zu vereinbaren!
Die deutsche Molkerei-
wirtschaft ist über
wiegend in kleinen und
mittelständischen
Betrieben organisiert.