Tätigkeitsbericht Ärztekammer Nordrhein 2014 - page 74

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Jahresbericht 2013
Ärztekammer
Nordrhein
Medizinische Grundsatzfragen
Ethikkomission der Ärztekammer Nordrhein
Wichtige Gesetzesänderungen prägten und veränderten auch 2012 den Aufgaben- und
Verantwortungsbereich der Ethikkommission der Ärztekammer Nordrhein. Die 1984 gegründete
Kommission erfüllt einen wichtigen Prüf- und Beratungsauftrag im Bereich klinischer Studien.
Klinische Forschung amMenschen
Klinische Forschung mit neuen Arzneimitteln,
Medizinprodukten, epidemiologischen Daten oder
sonstigen berufsrechtlich zu beratenden Studien
dient in erster Linie dem allgemeinen wissenschaft-
lichen Erkenntnisgewinn und dem Fortschritt in
der Medizin. Eine humane medizinische Forschung
ist dem Wohl des einzelnen Menschen verpflichtet.
Zum Schutze der Versuchsteilnehmer muss daher
jede Studie vor ihrem Beginn einer Ethikkommis-
sion (EK) als einem unabhängigen, interdisziplinär
besetzten Gremium vorgelegt werden, um feststel-
len zu lassen, ob die Grundsätze ethisch zulässigen
ärztlichen Handelns eingehalten werden. Die 1984
gegründete Kommission erfüllt einen wichtigen
Prüf- und Beratungsauftrag im Bereich klinischer
Studien.
Berufsrechtliche Beratungen
Die EK berät nach
§ 15 Berufsordnung (BO)
nord-
rheinische Ärztinnen und Ärzte vor der Durchfüh-
rung biomedizinischer Forschung am Menschen
über die mit ihrem Vorhaben verbundenen berufs-
ethischen und berufsrechtlichen Fragen. Grundla-
ge für die ethische Beratung sind insbesondere die
ethischen Grundsätze medizinischer Forschung
nach der
Deklaration von Helsinki
des Weltärzte-
bundes. Nicht beratungspflichtig sind ausschließ-
lich retrospektive epidemiologische Forschungsvor-
haben. Im Vordergrund der Beratung stehen
• die Freiwilligkeit der Entscheidung zur Versuchs-
teilnahme nach Aufklärung (informed consent),
• das Überwiegen des Nutzens gegenüber
einem potenziellen Schaden,
• die angemessene Auswahl der Studien-
teilnehmer und
• der Schutz vulnerabler Gruppen.
Datenschutzrechtliche Belange der Teilnehmer
sind ebenso zu beachten wie Interessenlagen for-
schender Ärzte. Auf Basis wissenschaftlicher Leit-
linien prüft die EK, ob der Studienplan definierten
wissenschaftlichen Kriterien genügt.
Bei Beratungen der EK nach der
Berufsordnung
könnenÄrztinnen und Ärzte auch – imGegensatz zu
klinischen Prüfungen nach dem
Arzneimittelgesetz
sowie dem
Medizinproduktegesetz
– bei einer ableh-
nendenEntscheidung der EKmit der Studie beginnen.
Auch im Jahr 2012 ist die Anzahl der Anträge auf
berufsrechtliche Beratung gestiegen.
Klinische Prüfungen nach dem Arzneimittelgesetz
(AMG)
Der Sponsor darf mit einer klinischen Studie
nach dem
AMG
erst beginnen, wenn die zuständige
Ethikkommission (EK) diese zustimmend bewertet
und die zuständige Bundesoberbehörde diese ge-
nehmigt hat.
Bei multizentrischen klinischen Prüfungen, die
zugleich in mehreren Mitgliedstaaten durchgeführt
werden (multinationale multizentrische klinische
Prüfung), muss jeder betroffene Mitgliedstaat je-
weils eine einzige Stellungnahme der EK abgeben.
Diese Vorgabe wird in Deutschland durch die Ab-
gabe einer Stellungnahme von der federführenden
EK eingehalten.
Im August 2012 legte die Europäische Kommissi-
on einen
Entwurf
für eine
Verordnung über klinische
Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhe-
bung der Richtlinie 2001/20/EG
vor. Die Europäische
Kommission plant mit diesem Entwurf das Ver-
fahren bei multinationalen multizentrischen kli-
nischen Prüfungen grundlegend neu zu gestalten
mit der Konsequenz, dass die bisher vom
AMG
vor-
gegebenen und bewährten Verfahrensweisen für
die Bewertung klinischer Prüfungen in Deutsch-
land nicht mehr aufrechterhalten werden könnten.
EU-Verordnungen sind im Gegensatz zu Richt-
linien unmittelbar geltendes Recht und müssen
nicht erst in nationales Recht umgesetzt werden.
Der Entwurf verzichtet insbesondere darauf,
dass eine eigenständige Prüfung durch eine un-
1...,64,65,66,67,68,69,70,71,72,73 75,76,77,78,79,80,81,82,83,84,...132
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