

22 |
Jahresbericht 2015
Ärztekammer
Nordrhein
Kammerversammlung
Reform des ärztlichen Notfalldienstes
Die Reform des ambulanten ärztlichen Notfall-
dienstes, wie sie die Vertreterversammlung der KV
Nordrhein am 11. Februar beschlossen hatte, lehnte
die Kammerversammlung ab. Die Delegierten fass-
ten vier Entschließungen zu dem Thema
(siehe Kas-
ten Seite 23)
und begrüßten darin auch die Absicht
der KV, den Notfalldienst zukunftssicher weiterzu-
entwickeln. Sie boten der Schwesterkörperschaft
die Zusammenarbeit bei der Neuorganisation an.
Durch die von der Vertreterversammlung be-
schlossene Reform würde „bestehende Struktu-
ren, die funktionieren, kurzfristig zerstört“, sagte
Martin Grauduszus (Erkrath). Eine reduzierte Zahl
von Notfalldienstpraxen dürfte nach seiner Ein-
schätzung eine Verlagerung von Versorgung an
die Kliniken bedeuten: „Die Patienten suchen das
Krankenhaus auf, das gerade um die Ecke ist.“
Hans-Peter Meuser (Langenfeld) teilt diese Be-
fürchtung und sprach von Berechnungen der Ar-
beitsgemeinschaft Nordrheinischer Notfallpraxen,
nach denen ein Einzugsbereich von bis zu 150.000
Einwohnern pro Notfallpraxis einen guten Kom-
promiss zwischen dem rationellen Einsatz ärzt-
licher Arbeitszeit und der Erreichbarkeit für Pa-
tienten bedeuten würde. Bisher geplant seien dage-
gen Einzugsbereiche von bis zu 250.000 Einwoh-
nern.
Auch Dr. Christian Köhne (Würselen) betonte,
dass von den Reformplänen nicht nur der ambulan-
te Sektor betroffen ist. Vielmehr sind nach seinen
Worten die Wechselwirkungen mit der Inanspruch-
nahme der Krankenhaus-Notfallambulanzen und
des Rettungsdienstes zu berücksichtigen. Köhne
zeigte sich „irritiert“, dass öffentlich suggeriert
worden sei, die Reduktion der Notfallpraxen sei
bereits beschlossene Sache: „Das ist mitnichten der
Fall. Die Ärztekammer muss an dieser Stelle mitre-
den.“ Köhne wies auf die Zuständigkeit der Kam-
mer nach dem Heilberufsgesetz hin und forderte
die KV auf, sich zu der traditionell gemeinsamen
Organisation des Notfalldienstes zu bekennen. In
der öffentlichen Diskussion nach dem Beschluss
der Vertreterversammlung sei das „völlig falsche
Bild“ entstanden, dass die Ärzteschaft sich nicht ge-
nügend für die Notfalldienstversorgung engagiere,
kritisierte Dr. Sven Dreyer (Düsseldorf): „Das tut
uns allen nicht gut.“
Bereits heute würden die Notfallambulanzen der
Kliniken in beachtlichem Umfang von Patienten auf-
gesucht, „die sinnvollerweise nicht dort versorgt wer-
den müssten“, sagte Dr. Jens Wasserberg (Bedburg).
Das gelte auch für die ambulanten Notfallpraxen,
sodass die Inanspruchnahme der Dienste insgesamt
reduziert werden müsse: „Die begrenzte Menge
an ärztlicher Leistung muss dorthin kanalisiert
werden, wo sie erforderlich ist.“ Auch Dr. Jürgen
Zastrow (Köln) hält es für die eigentliche Heraus-
forderung, die Notfallversorgung auf das medi-
zinisch Notwendige zu reduzieren: „Die Kosten
laufen aus dem Ruder.“ Dabei ist laut Zastrow an-
gesichts einer geringen Zahl massiver Beschwerden
eine „Liquidierung“ des jetzigen Systems, das recht
gut funktioniere, nicht erforderlich.
Eine „Luxusversorgung“ ist auch nach Meinung
von Dr. Thomas Fischbach (Solingen) nicht gewollt,
ein verknapptes Angebot in der Kinder- und Ju-
gendmedizin wäre aus seiner Sicht aber problema-
tisch: „Das kann ich als Pädiater nicht vertreten.“
Fischbach wies darauf hin, dass das Reformkonzept
der KV-Vertreterversammlung die Einrichtung von
Dependancen von Notfallpraxen für den Fall vor-
sieht, dass die Versorgung dies erfordert. Angesichts
des derzeitigen Nebeneinanders von Notfalldiens-
ten im ambulanten und stationären Sektor wies
Professor Dr. Bernd Bertram (Aachen) auf die Pläne
des Gesetzgebers hin, die Kassenärztlichen Verei-
nigungen im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz auf
eine regelhafte Kooperation mit Krankenhäusern
bei der Organisation des vertragsärztlichen Notfall-
dienstes zu verpflichten.
Ein ausführlicher Bericht über die Kammerversammlung
findet sich im
Rheinischen Ärzteblatt, Mai 2015
, verfügbar
auch unter
www.aekno.de,Rheinisches Ärzteblatt, Archiv
.