

Reform des ärztlichen Notfalldienstes:
Entschließungen der Kammerversammlung
Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2015
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Kammerversammlung
Notdienstreform
Die Notdienstreform in der von der Vertreterversamm-
lung der Kassenärztlichen Vereinigung beschlossenen
Fassung vom 11. Februar 2015 wird von der Kammer-
versammlung der Ärztekammer Nordrhein abgelehnt.
Gewachsene Strukturen der Notfallversorgung im
Kammerbereich Nordrhein, die sich bewährt haben und
funktionieren, müssen erhalten bleiben.
Die Notdienstreform muss sich darauf beschränken,
Lösungen für die Regionen zu finden, in denen die
Versorgung nicht ausreichend gewährleistet ist, ohne
dabei funktionierende Strukturen zu belasten.
Reform des ambulanten
ärztlichen Notfalldienstes
In den letzten Wochen ist es in weiten Teilen des Kam-
merbereiches bei Bürgerinnen und Bürgern, Ärztinnen
und Ärzten, Krankenhäusern wie bei politisch Verant-
wortlichen zu einer intensiven Auseinandersetzung mit
der Zukunft des ambulanten ärztlichen Notfalldienstes
in Nordrhein gekommen:
• Bürgerinnen und Bürger möchten sich auch in
Zukunft darauf verlassen können, dass im Notfall
auch außerhalb der regulären Sprechstundenzeiten
in zumutbarer Entfernung und in der bewährt hohen
Qualität die notwendige ärztliche Versorgung zur
Verfügung steht – unabhängig davon, ob es um sie
selbst, einen Angehörigen, insbesondere geriatrisch
oder pädiatrisch akut Erkrankte geht.
• Die ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte erwarten
für ihr hohes Engagement bei der Notfallversorgung
von Patientinnen und Patienten eine effektive und
effiziente Organisation des Notfalldienstes, bei
leistungsgerechter Honorierung. Sie wollen bei
geplanten Veränderungen im Sinne der Subsidiarität,
wie bisher bewährt, einbezogen werden.
• Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzte
möchten ihre Aufgaben in der stationären Notfall-
versorgung weiterhin konzentriert wahrnehmen
können, ohne dass es zu einer Mehr- oder sogar Über-
lastung durch die Versorgung ambulanter Notfälle
kommt.
• Ärztinnen und Ärzte in Praxis und Klinik wünschen
sich mehr Kooperationsmöglichkeiten in der Notfall-
versorgung ihrer Patientinnen und Patienten, um
den Herausforderungen gerecht werden zu können,
die sich aus der demographischen Entwicklung der
Bevölkerung wie auch der Ärzteschaft selbst künftig
ergeben werden.
Diese berechtigten Erwartungen müssen der Maßstab
für alle Entscheidungen zum ambulanten und statio-
nären ärztlichen Notfalldienst in Nordrhein sein.
In Nordrhein trägt die Ärztekammer auf landesgesetz-
licher Grundlage die Verantwortung für die Sicherstel-
lung des ambulanten ärztlichen Notfalldienstes. Die
Kassenärztliche Vereinigung trägt auf Grundlage des
Sozialgesetzbuches
die Verantwortung für die Sicher-
stellung des ambulanten ärztlichen Notfalldienstes,
die jedoch nur die Versorgung von gesetzlich kranken-
versicherten Patientinnen und Patienten umfasst.
Die Kammerversammlung bekräftigt, dass aufgrund
dieser Verantwortlichkeiten der ambulante ärztliche
Notfalldienst auch zukünftig gemeinsam mit der
Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage
der Gemeinsamen Notfalldienstordnung organisiert
werden soll. Die Kammerversammlung fordert den
Kammervorstand daher auf,
• sorgfältig zu prüfen, ob die Vorschläge, die sich
aus den von der Vertreterversammlung der Kassen-
ärztlichen Vereinigung Nordrhein am 11. Februar
2015 gefassten Beschlüssen ergeben, den eingangs
formulierten berechtigten Erwartungen gerecht
werden,
• gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung
die Organisation des ambulanten Notdienstes in
Nordrhein weiterzuentwickeln,
• Dienstbelastung und Kostenfolgen für die ambulant
tätigen Ärztinnen und Ärzte zu bewerten,
• die Konsequenzen für die Inanspruchnahme der
Notfallambulanzen der Krankenhäuser sowie des
Rettungsdienstes und damit der dort tätigen
Ärztinnen und Ärzte zu prüfen,
• regionale Besonderheiten in die Bewertung
einzubeziehen und dabei die Einschätzung der
Kreisstellenvorstände und Bezirksstellenaus-
schüsse zu berücksichtigen,
• die Wirtschaftlichkeit veränderter Strukturen
zu bewerten und dabei zu berücksichtigen, dass
Verlagerungseffekte, die zu einer Schwächung der
Regelversorgung führen würden, vermieden werden
müssen. In diesem Zusammenhang sind auch die
am 1. April 2015 in Kraft tretenden Änderungen im
Einheitlichen Bewertungsmaßstab zu berücksich-
tigen.
Die Kammerversammlung bittet den Vorstand, ihr auf
Basis dieser Erkenntnisse in der nächsten Sitzung
Bericht darüber zu erstatten, ob und ggf. welche Än-
derungen an der Gemeinsamen Notfalldienstordnung
erforderlich sind. Die Kammerversammlung bittet den
Vorstand, bis dahin Entscheidungen über eventuel-
le Änderungen an den Organisationsplänen in den
einzelnen Kreisstellen ebenfalls an den vorgenannten
Erwartungen und Kriterien auszurichten.
Vergütung ärztlicher Bereitschaftsdienst
Der Vorstand der Ärztekammer Nordrhein wird
beauftragt, gemeinsam mit den Bürgermeistern und
Landräten, sowie den Kommunal- und Landespolitikern
in einer konzertierten Aktion auf die Krankenkassen
einzuwirken, eine kostendeckende Vergütung für den
Betrieb der Notfallpraxen (NFP) in NRW zu zahlen.
Der Notfalldienst ist dazu aus der von den Kranken-
kassen an die Kassenärztliche Vereinigung Nord-
rhein (KVNo) zu zahlenden Morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung (MGV) auszugliedern; vertraglich ist
eine feste Notfalldienstvergütung in Euro und Cent als
Einzelleistung zu vereinbaren, und zwar zumindest in
der bisherigen Höhe.
Reform des ambulanten ärztlichen
Notfalldienstes
Die Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) begrüßt die
Intention der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein
(KVNo), den organisierten ärztlichen Notfalldienst
qualitativ und zukunftssicher weiterzuentwickeln.
Die ÄkNo nimmt die gemeinsame ärztliche Verant-
wortung für die Rahmengebung zur ärztlichen Ver-
sorgung rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr sehr
ernst.
Im Zuge der Neugestaltung des organisierten ärzt-
lichen Notfalldienstes stehen auch die Inanspruch-
nahme des Rettungsdienstes sowie der Notfall-
ambulanzen der Krankenhäuser im Fokus des Inter-
esses.
Neben den berechtigten Interessen der im organi-
sierten ärztlichen Notfalldienst tätigen Kolleginnen
und Kollegen sind ebenso die Interessen der im Ret-
tungsdienst eingesetzten Notärztinnen und Notärzte
sowie der in den Krankenhäusern dienstleistenden
Kolleginnen und Kollegen unter Berücksichtigung der
veränderten und sich weiter verändernden Inan-
spruchnahme durch die Patientinnen und Patienten
zu beachten.
Eine Neuorganisation, die von vorneherein viele Be-
troffene außen vor lässt, kann die ÄKNo nicht mit-
tragen.
Die ÄKNo bietet deshalb der KVNo an, unter Berück-
sichtigung der den beiden Institutionen vorliegenden
Daten eine umfassende, zukunftsfähige Organisations-
reform mit zu entwickeln.
Ein ausführlicher Bericht über die Kammerversammlung
findet sich im Rheinischen Ärzteblatt, Mai 2015, verfügbar
auch unter
www.aekno.de, Rheinisches Ärzteblatt, Archiv.