8 / 2013
KURS
EDI TOR IAL
Man muss nicht allen Umfragen Glauben schenken.
Wenn aber eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Bank
of Scotland feststellt, dass die private Rentenversiche-
rung immer noch die weitaus beliebteste Vorsorge-
form ist, so können daraus zwei Schlussfolgerungen
gezogen werden: Erstens: Die Bank of Scotland ist
nicht verdächtig, sich mit Verve für Versicherungs-
produkte ins Zeug zu legen. Deshalb darf man den
Forsa-Ergebnissen durchaus einen hohen Realitätsge-
halt attestieren. Zweitens: Trotz intensiven Trommel-
feuers aus vielen medialen und politischen Rohren
auf das „Zielobjekt Rentenversicherung“ können die
Kritiker dieser Vorsorgeform immer noch keinen durchschlagenden Abschusser-
folg vermelden.
„Klassische Produkte erleben derzeit zumindest in unserem Hause eine Renais-
sance“, sagt der Vertriebschef der Stuttgarter, Ralf Bernd, im Interview. Und be-
stätigt damit, dass es schwierig ist, die Liebe der Deutschen für das traditionelle
Vorsorgeprodukt erkalten zu lassen. Als Ende 2004 die volle Steuerfreiheit für
Kapitallebensversicherungen entfiel, läuteten nicht Wenige bereits das Sterbe-
glöcklein für diese Vorsorgeform. Doch mit der Rentenversicherung fand sich
eine Nachfolgerin, die das sicherheitsorientierte deutsche Gemüt beruhigte.
Dass die klassische Rente ein Erfolgsmodell war, lag allerdings viele Jahre lang
auch an den Vorgaben eines Kapitalmarktes, der noch nicht unter einem in den
Keller geprügelten Leitzins dahinvegetierte. Noch liegt der Garantiezins, den Ver-
sicherer ihren Kunden zusagen, weit über der Inflationsmarke. Doch zunehmend
fällt es den Anbietern schwer, auskömmliche Renditen auf eigene Kapitalanlagen
zu erzielen. Hinzu kommt, dass die Regulatoren aus dem Raumschiff Brüssel mit
Solvency II ein wirksames Torpedo zum endgültigen Versenken des Kapitalvor-
sorgedampfers entwickelten. Denn danach müssen langfristige Garantiezusagen
weit überdurchschnittlich mit Eigenkapital unterlegt werden.
Nun hat die Allianz Leben eine Alternative zur klassischen Rente vorgestellt, mit
der vom Prinzip des festen Garantiezinses abgerückt wird. Dafür soll der Kunde
stärker an den Renditechancen der Finanzmärkte partizipieren. Genau das aber
entsprach in der Vergangenheit nicht der deutschen Sicherheitsmentalität. Dass
der Branchenprimus sein Angebot parallel zur klassischen Rente einführt, zeigt,
wie Berndt es ausdrückt, „dass das Umsteuern hin zu differenzierteren Garan-
tieabsicherungen ein gleitender Prozess sein wird“. Wird die Niedrigzinsphase,
wie von EZB-Chef Draghi angedroht, noch lange Zeit anhalten, dürfte das den
Prozess beschleunigen. Unabhängig davon wird auch Solvency II die Angebots-
gestaltung an den Vorsorgemärkten maßgeblich bestimmen. Für die klassische
Rente kein ideales Umfeld – das Bimmeln des Glöckleins, es scheint lauter zu
werden.
George Clegg
Gleitender Prozess
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