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Jahresbericht 2014
Ärztekammer
Nordrhein
Allgemeine Fragen der Gesundheits-, Sozial- und Berufspolitik
Von der Integration zur Inklusion:
Für eine volle Teilhabe am Leben
Die Landesgesundheitskonferenz NRW hat sich im Jahr 2013 für die Verbesserung der
gesundheitlichen Versorgung von Menschen mit Behinderungen eingesetzt. Inklusion ist auch
ein wichtiges Thema für die Arbeit der kommunalen Gesundheitskonferenzen.
Die Landesgesundheitskonferenz NRW hat mit
der Verabschiedung der Entschließung „Von der
Integration zur Inklusion: Gesundheitliche Ver-
sorgung von Menschen mit Behinderungen verbes-
sern“ am 22. November 2013 ein Bündel von Maß-
nahmen beschlossen, um einen gleichberechtigten
Zugang zum Gesundheitswesen für Menschen mit
und ohne Behinderung in Nordrhein-Westfalen
herzustellen. Die Entschließung knüpft an die UN-
Behindertenrechtskonvention an, die mit dem Maß-
stab der Inklusion den Anspruch auf Gleichberech-
tigung, Selbstbestimmung und Teilhabe stärkt. Das
gilt für alle gesellschaftlichen Bereiche und damit
auch für das Gesundheitswesen.
In Nordrhein-Westfalen hat mehr als jeder siebte
Bürger (circa 2,5 Mio. Menschen) statistischen An-
gaben zufolge eine andauernde gesundheitliche
Beeinträchtigung beziehungsweise Behinderung,
auch wenn bei lediglich 1,7 Millionen Einwohne-
rinnen und Einwohnern des Landes eine Schwer-
behinderung amtlich festgestellt worden ist.
Auch eine Frage der Haltung
Die UN-Konvention – seit 2009 ist sie auch in
Deutschland geltendes Recht – hat nicht nur den
Blick für die große Zahl der Betroffenen geschärft.
Noch wichtiger ist ein Perspektivwechsel: An die
Stelle der Fokussierung auf die Beeinträchtigungen
der betroffenen Menschen soll die Auseinander-
setzung mit den vielfältigen „Barrieren“ treten, die
Menschen mit Behinderungen an der vollen und
gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft
hindern.
Wie sieht es mit solchen „Barrieren“ im Gesund-
heitswesen aus? Bei dieser Frage stand in der Vergan-
genheit häufig der barrierefreie räumliche Zugang
im Vordergrund. Hier ist in den vergangenen Jah-
ren einiges in Gang gekommen. So hat sich die Zahl
der uneingeschränkt barrierefreien Arztpraxen
in Nordrhein in den vergangenen fünf Jahren fast
verdoppelt. Bis zur vollständigen räumlichen Bar-
rierefreiheit aller Einrichtungen des Gesundheits-
wesens ist gleichwohl noch ein Weg zurückzulegen.
Wer allerdings die gesundheitliche Versorgung von
Menschen mit Behinderungen umfassend verbes-
sern will, darf die Frage von Barrieren nicht auf
Baumaßnahmen und rollstuhlgerechte Zugänge
beschränken.
Denn häufig sind andere, „unsichtbare“ Barrie-
ren noch ausschlaggebender: die zahllosen Schnitt-
stellen der Sozialsysteme, die Brüche im Versor-
gungsablauf von „stationär“ nach „ambulant“,
bürokratische Zugangshürden und Informations-
defizite. Nicht zuletzt ist auch die Frage nach den
„Barrieren in den Köpfen“ immer wieder neu zu
stellen. Denn ein barrierefreies Gesundheitswesen
ist auch eine Frage der professionellen Haltung all
derer, die im Gesundheitswesen tätig sind.
Dieser umfassenden Definition von Barrieren
entspricht die Vielfalt der Handlungsempfehlun-
gen, die die Landesgesundheitskonferenz NRW
nun im Sinne der Selbstverpflichtung verabschiedet
hat. Die Themenpalette reicht von der Frage eines
gleichberechtigten, wohnortnahen Zugangs über
die Schaffung geeigneter Versorgungsstrukturen
und die Beseitigung von Schnittstellenproblemen
Ansprechpartnerin zur LGK:
Dipl.-Biol. Christa Schalk, MPH
Tel.:
0211 4302-2110
E-Mail:
christa.schalk@aekno.deDie Landesgesundheitskonferenz NRW
Die Landesgesundheitskonferenz (LGK) ist ein zentrales Abstimmungs- und Beratungsgremium für die Gesundheitspolitik in
NRW. Die LGK berät wichtige gesundheitspolitische Themen und verabschiedet Entschließungen, in denen sich die Beteiligten
zu einer entsprechenden Umsetzung verpflichten. In diesem Gremium sind wichtige Akteure des nordrhein-westfälischen Ge-
sundheitswesens vertreten: Sozialversicherungsträger, Ärzte-, Zahnärzte- und Apothekerkammern, Krankenhausgesellschaft,
Arbeitgeber sowie Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, Kommunale Spitzenverbände, Landschaftsverbände, Einrichtungen
der Gesundheitsvorsorge und des Patientenschutzes, Gesundheitliche Selbsthilfe.