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Ärztekammer

Nordrhein

Jahresbericht 2014

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Allgemeine Fragen der Gesundheits-, Sozial- und Berufspolitik

Überwältigende Mehrheit für „Düsseldorfer

Forderungen zur Arzt-Patienten-Kommunikation“

Der 117. Deutsche Ärztetag hat sich mit überwältigender Mehrheit bei nur einer Gegenstimme

für eine Stärkung der Arzt-Patienten-Kommunikation ausgesprochen.

In dem von den Delegierten der Ärztekammer

Nordrhein gemeinsam eingebrachten Antrag heißt

es, dass Kommunikation zentraler Bestandteil jeder

ärztlichen Tätigkeit in der Patientenversorgung ist:

„Eine gelingende Arzt-Patienten-Kommunikation

ist von entscheidender Bedeutung für Sicherheit

und Erfolg der ärztlichen Behandlung“. So müsse

die Kommunikation sowohl im Studium als auch in

der ärztlichen Fortbildung eine größere Rolle spie-

len. Das Ärzteparlament sieht in folgenden sieben

Bereichen Potenziale für eine bessere Patientenver-

sorgung:

Kommunikation ist zentraler Bestandteil jeder ärztlichen Tätigkeit in der Patienten-

versorgung. Eine gelingende Arzt-Patienten-Kommunikation ist von entscheidender

Bedeutung für Sicherheit und Erfolg der ärztlichen Behandlung. Gute Kommunikation

entspricht den Erwartungen von Patientinnen und Patienten und dem beruflichen

Selbstverständnis von Ärztinnen und Ärzten.

Der 117. Deutsche Ärztetag 2014 sieht mit Sorge, dass sich die Rahmenbedingungen

für die Arzt-Patienten-Kommunikation im deutschen Gesundheitswesen immer weiter

verschlechtern. Ökonomisierung, Bürokratisierung und Schematisierung der Medizin

drohen die zuwendende Begegnung von Arzt und Patient in den Hintergrund zu drängen.

Der 117. Deutsche Ärztetag 2014 formuliert folgende Forderungen, um die Arzt-

Patienten-Kommunikation neu zu stärken:

1. Kommunikationskompetenz schon imMedizinstudium fördern

Die sozialen und kommunikativen Kompetenzen von (künftigen) Ärztinnen und Ärzten

sind schon während des Medizinstudiums fortlaufend gezielt zu fördern. Der Deutsche

Ärztetag begrüßt vor diesem Hintergrund die entsprechenden Inhalte des Nationalen

Kompetenzbasierten Lernzielkataloges Medizin (NKLM) und die an vielen medizini-

schen Fakultäten ergriffenen Initiativen. Der Deutsche Ärztetag fordert, auf dieser

Grundlage die kommunikative Kompetenz zu einem Schwerpunkt in der Ausbildung

der zukünftigen Ärztinnen und Ärzte zu machen.

2. Kommunikation als Schlüsselkompetenz in der Weiterbildung verankern

Die kommunikativen Kompetenzen von Ärztinnen und Ärzten sind auch in der Weiter-

bildung noch stärker zu fördern. Dazu sind sie im allgemeinen Teil der Weiterbildungs-

ordnung ausdrücklich als Weiterbildungsziel zu benennen. Die Ärztekammern sind

gefordert, Weiterbilder und Weiterzubildende durch entsprechende Angebote aktiv

dabei zu unterstützen, die kommunikativen Kompetenzen über die gesamte Zeit der

Weiterbildung hinweg fortzuentwickeln.

3. Innovative Fortbildungsangebote entwickeln

Kommunikation muss in der ärztlichen Fortbildung eine größere Rolle spielen.

Dazu sollten entsprechende Module auch in fachspezifische Fortbildungen inte-

griert werden. Die Landesärztekammern sind aufgerufen, Ärztinnen und Ärzte durch

innovative Fortbildungsangebote bei der Weiterentwicklung ihrer kommunikativen

Kompetenzen zu unterstützen. Diese Fortbildungsangebote müssen dem besonderen

Charakter der Arzt-Patienten-Kommunikation Rechnung tragen.

4. Sprachliche und interkulturelle Kompetenz sichern

In unserem Gesundheitswesen leisten ausländische Ärztinnen und Ärzte einen wich-

tigen Beitrag zur Versorgung. Voraussetzung dafür ist die sichere Beherrschung der

deutschen Sprache im allgemein- wie fachsprachlichen Kontext. Im Interesse einer

an der ärztlichen Versorgungsrealität ausgerichteten Beurteilung ist die Überprüfung

der fachsprachlichen Kompetenz bundesweit ausschließlich in die Zuständigkeit der

Landesärztekammern zu legen. Neben der sprachlichen Kompetenz spielt für eine

gelingende Kommunikation auch die interkulturelle Sensibilität eine wichtige Rolle

– dies gilt angesichts einer großen Zahl von Patientinnen und Patienten aus anderen

Kulturkreisen für deutsche und ausländische Ärztinnen und Ärzte gleichermaßen.

Die Ärztekammern sind aufgefordert, die interkulturelle Kompetenz von Ärztinnen

und Ärzten durch entsprechende Fortbildungsangebote zu stärken.

5. Durch Kooperation Freiräume für die Arzt-Patienten-Kommunikation schaffen

Ärztinnen und Ärzte erwarten von kooperativen Versorgungsansätzen und einer sinn-

vollen Aufgabenteilung innerhalb der Gesundheitsfachberufe, dass ihnen wieder mehr

Zeit für ihre eigentlichen ärztlichen Kernaufgaben zur Verfügung steht. Diese liegen

in der unmittelbaren persönlichen Zuwendung zum Patienten, im Gespräch mit ihnen

und den Bezugspersonen, bei der Untersuchung und bei der Behandlung. Auf dieser

Grundlage werden Ärztinnen und Ärzte ihrer Gesamtverantwortung für den Untersu-

chungs- und Behandlungsprozess gerecht und können sich in eine koordinierende und

transparente Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams im Gesundheitswesen

einbringen. Für den Erfolg dieser Zusammenarbeit ist neben der Kommunikation mit

dem Patienten auch die Kommunikation innerhalb der Gesundheitsfachberufe von ent-

scheidender Bedeutung. Eine gelingende interprofessionelle Kommunikation schafft

auch die Basis dafür, die Möglichkeiten der Delegation ärztlicher Tätigkeiten in einer

vertrauensvollen Zusammenarbeit auszuschöpfen, ohne die Qualität und Sicherheit

der Behandlung durch die Substitution ärztlicher Tätigkeiten zu gefährden.

6. Bürokratie abbauen

Die stetig zunehmende Bürokratie in Arztpraxen und Krankenhäusern entzieht der

Arzt-Patienten-Begegnung Zeit. Nach Feststellungen des Nationalen Normenkon-

trollrates unterliegen zum Beispiel Arztpraxen inzwischen mehr als 500 Informa-

tionspflichten. Der Deutsche Ärztetag fordert Politik und Selbstverwaltung zu einer

maximal möglichen Entlastung von Verwaltungsarbeiten im Gesundheitswesen für

Patienten und Ärzte auf, damit wieder mehr Zeit für den unmittelbaren Arzt-

Patienten-Kontakt zur Verfügung steht.

7. Vergütungssysteme neu ausrichten

Aktuell werden Ärztinnen und Ärzte, die sich Zeit für das Gespräch mit ihren

Patienten nehmen, durch die ökonomischen Rahmenbedingungen und die Anreiz-

strukturen der Vergütungssysteme nicht gefördert, sondern im Gegenteil vielfach

benachteiligt. Die Unterfinanzierung von Beratungsleistungen in verschiedenen

Bereichen ärztlicher Tätigkeit stellt gute ärztliche Kommunikation mit dem Patienten

als Grundlage für den Heilerfolg infrage. Deswegen sind die bestehenden Vergütungs-

systeme kritisch bezüglich ihrer Auswirkungen auf die Arzt-Patienten-Kommunikation

zu hinterfragen. Dies ist in den aktuellen Diskussionen um das DRG-System, das

pauschalierende Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Einrichtun-

gen (PEPP), den haus- und fachärztlichen Teil des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs

(EBM) und für die überfällige Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

besonders zu beachten.

Der 117. Deutsche Ärztetag 2014 fordert die Bundesärztekammer und alle Ärzte-

kammern auf, diese Forderungen durch zielgerichtete Initiativen und Projekte aufzu-

greifen und beim nächsten Deutschen Ärztetag über die Ergebnisse zu berichten.

Auf dieser Basis kann der 118. Deutsche Ärztetag im Jahr 2015 über Konsequenzen

und notwendige weitere Schritte beraten.

Die Entschließung imWortlaut