

behandlung erforderlich gemacht und damit zu einem zeit-
lich begrenzten Gesundheitsschaden geführt habe.
Kommissionsbescheid
Gegen den entsprechend formulierten Bescheid der Gutach-
terkommission haben die behandelnden Ärzte Einspruch
erhoben und versucht, ihre diagnostische Fehleinschätzung
zu begründen. Sie haben erneut erklärt, dass sie die Unruhe-
zustände und Halluzinationen medizinisch anders gedeutet
hätten, zum Beispiel als Zeichen der cerebralen Mangelver-
sorgung bei tachycarder Herzrhythmusstörung. Sie bestrei-
ten nicht, dass bereits über mehrere Tage hin eine Opiat-
Überdosierung vorgelegen hat, meinen allerdings, dass die
durch die Opiate verursachte Vigilanzstörung durch Überla-
gerung anderer Krankheitszeichen bei Multimorbidität
nicht eindeutig zuzuordnen war.
Die mit dem Fall befasste Gesamtkommission bestätigte
aber die Auffassung, dass hier eine besondere Situation vor-
gelegen habe, da der Sohn der Patientin wiederholt und sehr
intensiv auf die Möglichkeit einer Opiat-Intoxikation hinge-
wiesen hat. Angesichts dieser Tatsache sei es nicht verständ-
lich, dass die behandelndenÄrzte den Hinweis ignoriert hät-
ten und dieser Frage nicht weiter nachgegangen seien.
Wie dann später schließlich mit der Naloxongabe belegt
wurde, hätte sich der Verdacht auf eine Opiat-Intoxikation
jederzeit sehr einfach und risikolos ausschließen oder veri-
fizieren lassen. Einen solchen Nachweisversuch nicht be-
reits einige Tage früher unternommen zu haben, stellt auch
nach Auffassung der Gesamtkommission einen Behand-
lungsfehler dar.
Das hinnehmbare „Recht“ auf eine diagnostische Fehlbeur-
teilung findet im vorliegenden Fall seine Grenzen, weil be-
wusst Hinweise eines fachlich versierten Dritten ignoriert
wurden.
Das Votum der Gutachterkommission wurde inzwischen ak-
zeptiert, und die Versicherung der beschuldigten Klinik hat
die Schadensregulierung eingeleitet.
Johannes Köbberling und Ernst Jürgen Kratz
Gutachtliche Entscheidungen
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Grenzen des hinnehmbaren Diagnoseirrtums