U
m 23.00 Uhr beginnt
für Alexander Venne-
mann der neue Tag.
Und wenn er um 9.00
hr von der Arbeit kommt, muss
er erst einmal schlafen. Danach
ist er dann fit für den Nachmit-
tag, den er schon seit 32 Jahren
häufig auf dem Gelände des SV
Werder verbringt. Dass ihn der
Verein nicht mehr loslassen wür-
de, ahnte er noch nicht, als ihn
sein Vater „zu Werder geschleppt
hat“. Von der D-Jugend bis zur
A-Jugend stand Alexander Venne-
mann als Torwart auf dem Platz.
Dann absolvierte er eine Trainer-
ausbildung und legte bald darauf
die Handschuhe beiseite, um als
16-Jähriger seine erste Mann-
schaft als Coach zu übernehmen.
Schon bald
trieb ihn sein emotio-
nales Gemüt direkt in die nächs-
te Werder-Aufgabe. Lachend
gesteht Alexander Vennemann:
„Ich habe früher oft über die
Schiedsrichter geschimpft, sei es
als Torwart oder später auch als
Trainer.“ Meckern können viele,
Vennemann wollte handeln. Als
der damalige Schiedsrichter-
Obmann der Grün-Weißen den
aufbrausenden Jugendlichen im
Verein vorschlug, selbst zur Pfei-
fe zu greifen, zögerten sie nicht
lange. „Also haben wir mit meh-
reren Jungs einen Lehrgang be-
sucht. Und mit 21 war ich dann
auf einmal Trainer und Schieds-
richter“, erzählt er. Für eine ganz
große Karriere an der Pfeife war
es damals schon zu spät. Deshalb
freute es ihn umso mehr, dass er
in der Saison 1994/1995 Assis-
tent der damaligen FIFA-Schieds-
richterin Christine Frai wurde –
und die zehn spannendsten Jahre
seines sportlichen Lebens erlebte.
„Ich durfte als Assistent Spiele
leiten, die ich alleine nie bekom-
men hätte“, sagt er dankbar.
Dazu zählten Partien
in der da-
maligen Regionalliga und der
Frauen-Bundesliga. Im Jahr 2004
stand das Team bei einem beson-
deren Spiel auf dem Platz. „Wir
haben damals eine Partie der
Damen-Nationalmannschaft ge-
gen Dänemark gepfiffen“, erzählt
Alexander Vennemann. „Das
Spiel wurde sogar im ZDF über-
tragen. Darauf bin ich sehr stolz.“
So positiv ihm diese Eindrücke
im Gedächtnis geblieben sind, so
stressig war diese Zeit als Trainer,
Schiedsrichter und Assistent. An
ein Wochenende kann er sich
noch ganz genau erinnern: „Da-
mals war ich am Freitagabend
in Kiel, am nächsten Nachmit-
tag bei einer Landesliga-Partie
und am Sonntagvormittag in der
Frauen-Bundesliga im Einsatz“,
so Vennemann. Trotz des vollen
Terminplans übernahm er 1996
auch noch das Amt des Schieds-
richter-Obmanns beim SV Wer-
der und fungiert dabei als Sprach-
rohr und Problemlöser für seine
Kollegen im Verein und Verband.
Dass er das Dasein
als Referee
liebt, ist ihm anzumerken. Aber
Alexander Vennemann spricht
auch offen über die Herausforde-
rungen: „Es gibt Spiele, bei denen
man schon mit einem schlechten
Gefühl auf den Platz geht. Man
findet nie so richtig den Draht
und ist immer einen Tick zu spät
dran. Dann kann man nur versu-
chen, die Partie gut über die Run-
den zu bringen“, erzählt er. Und
es ist ihm wichtig zu ergänzen:
„Jeder Schiedsrichter trifft mal
Fehlentscheidungen.“ Mit den
Kollegen in der Bundeliga möchte
er deshalb nicht tauschen. „Sie
sind in der heutigen Zeit so ei-
nem großen Druck ausgesetzt
– im Stadion und in den sozialen
Netzwerken. Ich wurde sogar
selbst schon einmal nach einer
Partie bedroht. Da möchte ich
lieber nicht Bundesliga-Schieds-
richter sein“, sagt er.
Dazu bliebe ihm
auch keine Zeit.
Seit zwei Jahren ist Alexander
Vennemann stellvertretender Ju-
gendleiter der Fußball-Abteilung
des SV Werder und koordiniert
in dieser Funktion den Trainings-
betrieb der Nachwuchsmann-
schaften im Amateurbereich.
Und wenn er gerade nicht in der
Backstube ist, zur Pfeife greift
oder Probleme löst, steht Alex-
ander Vennemann mit Werders
vierter G-Jugend auf dem Platz.
Dort bringt er Fünfjährigen das
Fußballspielen bei. „Sie sollen
einfach Spaß am Kicken haben“,
betont Vennemann. Ganz ohne
Druck möchte er die Kleinen an
den Sport heranführen. Wenn er
seinen Schützlingen nur einen
Teil seiner Begeisterung für den
Sport vermittelt, dann wird diese
Mission glücken…
Laura Ziegler
Gut, dass Alexander Vennemann
Bäcker ist. Sonst könnte er seine
umfangreichen ehrenamtlichen
Tätigkeiten für den SV Werder
wohl nur schwer mit der Arbeit
vereinbaren.
Foto: A. Gumz
Werderaner
durch und durch
Alexander Venne-
mann ist Trainer,
Schiedsrichter
und stellvertre-
tender Jugendlei-
ter der Fußball-
Amateurabteilung
der Grün-Weißen.
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Machen
statt meckern
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