F
ür die Familie – und für
die Grün-Weißen. „Frü-
her wollten mich einige
Verwandte noch davon
abbringen, zwischen Kaffee und
Abendbrot mal eben zum Spiel
zu gehen. Inzwischen kennt
meine Familie das aber, und
niemand versucht mehr, mich
aufzuhalten“, verrät er. Nicht nur
als Fan investiert Hans-Hermann
Brandes seit jeher viel Zeit in sein
liebstes Hobby.
In der Nähe
des Sportplatzes in
Bremen-Hemelingen aufgewach-
sen, gab es für ihn keine andere
Wahl, als schon im Kindesalter
mit dem Fußball spielen zu be-
ginnen. Nach vielen Jahren auf
dem Platz übernahm er selbst
eine Mannschaft als Trainer.
Und seine Jungs waren sofort er-
folgreich. „Ich war ein strenger
Trainer“, erklärt Hans-Hermann
Brandes und fügt lachend hinzu:
„Mein Sohn war damals in mei-
ner Mannschaft. Als ich Trainer
wurde, hat er seinen Mitspielern
gesagt: ‚Ihr könnt euch freuen,
wenn mein Vater kommt. Der ist
knüppelhart‘.“
Um einen Ausgleich
zur Trainer-
tätigkeit zu haben, spielte der
Bremer außerdem Tischtennis
beim SV Werder, bis ihn ein Ar-
beitsunfall zurückwarf. Hans-
Herrmann Brandes verletzte sich
das Handgelenk schwer und ver-
lor das Augenlicht auf dem lin-
ken Auge. Da sein großer Kampf-
geist aber nicht zu erschüttern
war, nahm er fortan die ‚Kelle‘ in
die andere Hand und erlernte das
Tischtennis spielen neu.
Seit seiner Pensionierung
enga-
giert sich der ehemalige Lackie-
rer auch ehrenamtlich für den
SV Werder. Nachdem er einige
Zeit die Handball-Abteilung un-
terstützt hatte, ist er heute als
Kassierer beim Frauenfußball
im Einsatz. Aber auch im ho-
hen Alter kommt das Wohl des
eigenen Körpers nicht zu kurz.
„Bei Werder spiele ich Boule und
gehe regelmäßig bowlen“, sagt
der 81-Jährige. Obwohl er schon
mehrere Operationen am Herzen
über sich ergehen lassen musste,
fährt er außerdem jeden Tag bis
zu 50 Kilometer mit dem Fahrrad.
Seine Frau
hatte es mit der Sport-
liebe ihres Mannes nicht immer
leicht. Bei einer Sieben-Tage-
Arbeitswoche musste sie ihren
Hans-Hermann oft auch noch am
Wochenende entbehren. Neben
der Zeit als Aktiver und Trainer
ist er seit 1950 Dauerkartenbesit-
zer im Weser-Stadion. Schon vie-
le Jahre ist Block 9, Reihe 3, Platz
12 seine Spieltags-Heimat. Aber
trotz aller Entbehrungen vergisst
auch seine Frau nie, dass sie ih-
ren Mann ohne Werder eventuell
gar nicht getroffen hätte. Hans-
Hermann Brandes erinnert sich:
„Ich habe meinen Schwiegervater
im Weser-Stadion kennengelernt,
und wir waren beim Thema Fuß-
ball sofort auf der gleichen Wel-
lenlänge. Schließlich hat er mich
zu sich eingeladen und mir seine
Tochter vorgestellt.“
Noch häufiger
als seine Frau hat
Brandes mit der Werder-Liebe
wohl seine Ärzte zur Verzweif-
lung gebracht. Als ihm vor drei
Jahren zum zweiten Mal ein
Herzschrittmacher eingesetzt
wurde, wollte Hans-Hermann
Brandes noch am selben Tag
wieder aus dem Krankenhaus
entlassen werden, weil Werder
ein Heimspiel in der UEFA Eu-
ropa League bestritt. „Für die
Operation war nur eine örtliche
Betäubung nötig“, versucht er zu
beschwichtigen und freut sich
noch heute: „Pünktlich zum An-
pfiff saß ich im Stadion.“ Obwohl
die Ärzte die Erlaubnis für solche
Entscheidungen nur widerwillig
geben, wissen sie, dass sie zum
Wohle ihres Patienten handeln.
„Sie sagen mir immer, dass ich
mich im Stadion auf keinen
Fall aufregen darf“, schmunzelt
Hans-Hermann Brandes. „Aber
sie wissen auch ganz genau:
Wenn ich das Spiel nicht sehe,
ist das noch viel schlimmer für
mein Herz.“
Laura Ziegler
Werder als
Herzensangelegenheit
Hans-Hermann Brandes ist ein Mann mit Prinzipien.
Wenn der unglückliche Zufall eintritt, dass eine
Familienfeier und ein Bundesliga-Heimspiel des SV
Werder zeitlich zusammenfallen, dann weiß er genau,
wie er sich entscheidet.
Foto: M. Rospek
Lebenslang aktiv
Hans-
Hermann Brandes gehört
zur Boule-Gruppe, die
sich regelmäßig vor dem
Weser-Stadion trifft.
WERDER MAGAZIN 315 55
MITGLIEDER