HALLO, TORSTEN
OEHRL…
WERDER MAGAZIN:
… zum Abschluss
der Hinrunde gelang Ihnen beim 1:0-Erfolg
gegen Hoffenheim per Elfmeter das Siegtor.
Ein toller Moment?
TORSTEN OEHRL:
Ein sehr toller natür-
lich. Ich habe mich in dem Moment gut
gefühlt, habe mir den Ball genommen
und glücklicherweise getroffen.
Mit Ihrem Ex-Club FC Augsburg haben
Sie in den beiden Vorjahren erfolgreiche
Aufholjagden gestartet. Wie klappt das
Wunder auch mit der Eintracht?
Meiner Meinung nach brauchen wir
kein Wunder, sondern eine konzentrierte
Leistung in den verbleibenden 17 Spielen.
Wir haben noch alle Chancen, in der Liga
zu bleiben. Und ich weiß derzeit keinen
Grund, warum es nicht klappen sollte.
Schließlich war es in Augsburg auch
möglich. Im Verein herrscht Ruhe – das
ist wichtig. Und die Vorzeichen für die
Rückrunde sind meiner Meinung nach
gut.
Warum hat es einst bei Werder für Sie
nicht zu mehr als einem Bundesliga-Spiel
gereicht?
Weil Werder damals europäische Spitzen-
spieler wie Pizarro, Almeida, Özil und
viele mehr hatte, die einfach eine höhere
Qualität hatten als ich. Dennoch waren
mein erstes Bundesliga-Spiel für Werder
und der DFB-Pokalsieg im Jahr 2009 tolle
Momente.
Wenn die Eintracht in der Liga bleibt,
dann…
…haben wir mit Sicherheit etwas Großes
vollbracht. Vielleicht wird dann auch ein
bisschen gefeiert…
(lacht)
Interview: Timo Frers
wieder sagen zu können: Wir freuen uns
auf den Erstliga-Spielplan.“ Die Zuversicht
ist bei Lieberknecht und allen anderen
Braunschweigern nach dem erfolgreichen
Hinrunden-Abschluss gestiegen. Nach dem
1:0-Sieg gegen 1899 Hoffenheim beträgt der
Rückstand auf den Relegationsplatz nur drei,
der auf einen Nicht-Abstiegsplatz vier Zähler.
„Die Teams mit 18 und 19 Punkten sollten
sich nicht zu sicher sein – das ist schnell auf-
geholt“, sagt der Coach.
Mit nur zehn Treffern
hatte die Eintracht in
der Hinrunde die schlechteste Offensive der
Liga. Darum wurde für die ‚Mission Klassen-
verbleib‘ der Norweger Havard Nielsen von
Red Bull Salzburg bis 2015 ausgeliehen. Ein
weiterer Offensiv-Spieler könnte noch kom-
men. Schon in der Hinrunde kehrte Karim
Bellarabi auf Leihbasis von Bayer Leverkusen
zu den Blau-Gelben zurück.
„Wir haben gezeigt,
dass man uns nicht tot-
sagen darf“, lobte Lieberknecht seine Spieler
vor Beginn der Winterpause. „Die Mann-
schaft hat eine unglaubliche Qualität, Rück-
schläge zu verarbeiten.“ Davon gab es in der
Hinrunde einige: Zunächst das Erstrunden-
Aus im DFB-Pokal bei Zweitligist Arminia
Bielefeld, dann der Saisonstart mit sechs
Pleiten in sieben Spielen – die Eintracht war
mit nur einem Zähler und 3:18 Toren der
schlechteste Bundesligist aller Zeiten. Da-
nach folgten der historische 2:0-Derby-Sieg
beim VfL Wolfsburg am 8. Spieltag und wei-
tere sieben Punkte aus neun Partien. „Wir
haben die Bundesliga in den ersten Wochen
kennengelernt – und zwar mit voller Wucht“,
blickt Lieberknecht zurück.
Braunschweigs
leidenschaftlichen Trainer
brachten dabei nicht nur die mäßigen Ergeb-
nisse auf die Palme: Zweimal musste er auf
die Tribüne, weil sich der Gerechtigkeits-
Fanatiker zu sehr über vermeintliche Fehl-
entscheidungen der Schiedsrichter geärgert
hatte. Nach dem 0:4 gegen den VfB Stuttgart
am 7. Spieltag stellte sich Lieberknecht selbst
in Frage, grübelte „über alles“ und sagte spä-
ter: „Ich bin ein emotionaler Typ und habe
Gefühle gezeigt.“
Lieberknecht
gegen Werder: Der erste Bun-
desliga-Gegner des dienstältesten Trainers
der Liga ist folglich auch der erste Widersa-
cher in der Rückrunde. Die zweite Saison-
hälfte wird zeigen, ob die Braunschweiger
die richtigen Lehren aus den ersten Bun-
desliga-Monaten nach der mehr als 28 Jah-
re dauernden Abstinenz gezogen haben. So
wie damals die U 19 der Eintracht nach dem
0:6 gegen die Grün-Weißen. Für den Fall des
Falles kündigte Lieberknecht derweil bereits
an: „Ich würde zu 100 Prozent mit der Ein-
tracht in die zweite Liga gehen.“
Timo Frers
Zusammenhalt
Braunschweig lebt
für die Eintracht –
die Fans hoffen,
dass der ersten
Bundesliga-Saison
seit 28 Jahren für
das Team von Trainer
Torsten Lieberknecht
(li.) demnächst eine
weitere folgt.
Foto: picture-alliance
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