WERDER MAGAZIN Nr. 316 - page 26

Alle betonen, dass die Stimmung in der Mann-
schaft hervorragend ist. Wie gelingt euch das
in dieser sportlich schwierigen Zeit?
Wir haben schon in der Endphase der vergan-
genen Saison viel zusammen unternommen,
viel gesprochen, haben gemeinsame Fußball-
abende gemacht, zum Beispiel Champions-
League-Spiele geschaut. Probleme wurden
sofort angesprochen und ausgeräumt. Wir
haben zusammengehalten. Und das setzt
sich fort, auch diese Saison stimmt es in der
Mannschaft.
Was sind die wichtigsten Hilfestellungen, die
junge Spieler derzeit von den erfahrenen erhal-
ten sollten?
Es hat sich in den vergangenen Jahren eini-
ges verändert. Die Nachwuchsförderung in
Deutschland hat sich enorm entwickelt. Die
Spieler kommen viel jünger in die Bundesli-
ga als früher. 17- oder 18-Jährige sorgen be-
reits für Furore. Früher war das die absolute
Ausnahme. Man musste sich erst einmal ei-
nige Jahre in der zweiten Mannschaft bewei-
sen, bevor man den Sprung in die Bundesliga
geschafft hat. Heute sind die jungen Spieler
ungeduldiger. Wir haben auch bei Werder
einige Talente, die bei uns mittrainieren, un-
befangen sind, sich gut präsentieren, dann
auch mal spielen, aber auch mal wieder
nicht zum Einsatz kommen. Dann gilt es,
nicht die Geduld zu verlieren. Denn gerade
zu Beginn der Karriere kann es immer mal
Rückschläge geben. Die jungen Spieler soll-
ten es als Anerkennung sehen, dass sie be-
reits zu einigen Einsätzen in der Bundesliga
kommen. Aber sie dürfen sich nicht zu sehr
unter Druck setzen, sondern müssen sich
stabilisieren und ihre Entwicklung weiter
vorantreiben. Es ist gut, dass jeder den Ehr-
geiz hat zu spielen. Aber manchmal wün-
sche ich mir etwas mehr Geduld und dass
die jungen Spieler ihre Leistung etwas besser
einschätzen können.
Wie hast du dich verändert in deiner Profi-
Fußball-Zeit?
Natürlich bin ich älter und reifer geworden.
Aber ansonsten hoffe ich, dass ich mich
nicht so sehr verändert habe. Bis jetzt hat
zum Glück noch niemand zu mir gesagt:
Clemens, du bist arrogant geworden. Meine
Eltern haben mir mit auf den Weg gegeben,
bodenständig zu bleiben. Ich musste mir
vieles, was ich erreicht habe, hart erarbeiten.
Es gab sehr schöne, aber auch sehr schwie-
rige Zeiten. Und gerade in den schönen und
erfolgreichen Zeiten sollte man nicht verges-
sen, woher man kommt.
Vorausgesetzt die nächste Saison wird tat-
sächlich deine letzte beim SV Werder – welche
Ansprüche hast du an dich?
Für mich ist es wichtig, stets im Austausch
mit dem Trainer zu stehen. Wenn ich mal
das Gefühl habe, dass es mir nicht so gut
geht, wenn im Training ein bisschen die
Spritzigkeit fehlt, dann sprechen wir darü-
ber. Ich bin so lange hier und mit Werder so
verbunden, dass der Erfolg des Teams immer
im Vordergrund steht. Die beste Mannschaft
muss auf dem Platz stehen. Und es ist mein
Anspruch, dabei zu sein.
Als langjähriger Werder-Spieler gehörst du zu
den Identifikationsfiguren des Clubs. Stirbt
diese Spezies langsam aus?
Fußball ist ein sehr schnelllebiges Geschäft.
Trotzdem ist es schön, wenn man Spieler hat,
die schon länger da sind. Wir haben zum
Beispiel Aaron Hunt, Sebastian Prödl, auch
Philipp Bargfrede, der schon in der Jugend
hier gespielt hat. Zudem ist zum Beispiel
Julian von Haacke aus meiner Sicht ein sehr
guter Fußballer. Er stammt aus Bremen. Ich
bin sicher, dass der SV Werder auch in den
nächsten Jahren starke Identifikationsfigu-
ren in der Mannschaft haben wird.
In Kürze beginnen die Olympischen Winter-
spiele in Sotschi. Was wirst du dir im Fernse-
hen anschauen?
Ich gucke gerne Biathlon. Anfang Januar
wollte ich eigentlich aus Erfurt nach Ober-
hof fahren, um die dortige Weltcup-Veran-
staltung zu sehen. Ich bin dann aber schon
etwas eher als ursprünglich geplant nach
Bremen gekommen, habe die Rennen also
im Fernsehen gesehen. Es ist jedes Mal fas-
zinierend, wie schnell sich durch einen Fehl-
schuss die Platzierungen ändern können.
Die Biathleten gehen beim Laufen körperlich
an ihre Grenzen, müssen dann trotzdem
s
Vertrauensverhältnis
Über Cheftrainer
Robin Dutt sagt Clemens Fritz: „Er hat
einen ganz klaren Plan. Wir haben als
Mannschaft immer das Gefühl, dass er
Lösungen findet.“
Foto: picture-alliance
Klare Vorstellungen
Clemens Fritz spielt seit
2006 beim SV Werder,
ist seit 2011 Kapitän der
Mannschaft und sagt:
„So lange ich mich kör-
perlich fit fühle und Spaß
am Fußball habe, mache
ich gerne noch weiter. Ich
denke allerdings, dass
2015 Schluss sein wird.“
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INTERVIEW
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