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Jahresbericht 2014

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Ärztekammer

Nordrhein

Kammerversammlung

Hier werde unter dem Druck mächtiger Arbeit-

geberverbände und des Deutschen Gewerkschafts-

bundes „ein verfassungswidriger Anschlag auf die

Eigenständigkeit ärztlicher Arbeit, auf die Selbstän-

digkeit unseres Berufes geplant. Dagegen werden

wir uns mit allen Mitteln wehren.“

Von einer Großen Koalition habe mancher auch

eine zukunftsfeste Finanzierung der Gesetzlichen

Krankenversicherung erwartet, so Henke. „Denn

die Menschen vertrauen auf das Versprechen, dass

sie unabhängig von ihrer sozialen Stellung mehr

Lebensjahre und Lebensqualität genießen können

aufgrund der faszinierenden Möglichkeiten des ra-

santen medizinisch-technischen Fortschritts.“ Bei

den Verhandlungen sei jedoch eher ein Kompromiss

von begrenzter Dauer herausgekommen. Der sieht

im Wesentlichen vor, dass die bisherigen pauscha-

len Zusatzbeiträge der Arbeitnehmer abgeschafft

und durch einkommensabhängige, ebenfalls von

den Arbeitnehmern zu tragende prozentuale Zu-

satzbeiträge ersetzt werden. Die aktuellen Milliar-

den-Überschüsse im Gesundheitsfonds jedenfalls

sind nach Henkes Worten nur eine Momentaufnah-

me: „Schon ab dem übernächsten Jahr sollen auf der

bisherigen Finanzierungsbasis wieder rote Zahlen

drohen.“

Weitere geplante Reformschritte sind verbesserte

Anreize zur Tätigkeit in unterversorgten Gebieten

in der ambulanten Versorgung und in der Kranken-

hausversorgung sowie eine Reduzierung von War-

tezeiten; die Vergabe von Arztterminen soll durch

zentrale Servicestellen bei den Kassenärztlichen

Vereinigungen unterstützt werden. Letzteres habe

„für Aufsehen und Kritik“ gesorgt, sagte Henke.

Denn Patienten mit Überweisung zum Facharzt

solle innerhalb von vier Wochen ein Termin garan-

tiert und – falls der nicht zustande kommt – eine

ambulante Behandlung ins Krankenhaus angebo-

ten werden. Dieses Vorhaben werde wohl kaum zu

einer besseren Versorgung führen, zumal das Prob-

lem der Wartezeiten auf einen Termin in der Praxis

„von überschaubarer Bedeutung“ sei, sagte Henke.

Er verwies auf eine Umfrage der Kassenärztlichen

Bundesvereinigung, nach der rund 80 Prozent der

gesetzlich Versicherten damit keine Probleme haben.

Die Wartezeitenproblematik werde hochgespielt,

„weil die Befürworter der Einheitsversicherung den

Versuch unternehmenwollten, das duale Systemder

Krankenversicherung in Misskredit zu bringen“.

Die Koalition hat weiter vor, die Rolle des Haus-

arztes und die hausärztliche Versorgung zu stär-

ken. „Ob die ins Auge gefassten Änderungen in

der Organisation der Kassenärztlichen Vereinigun-

gen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

zielführend sind, da habe ich meine Zweifel“, sag-

te Henke. Kritisch sei auch zu hinterfragen, was

hinter den „Modellvorhaben zur Erprobung neuer

Formen der Substitution ärztlicher Leistungen“ ste-

cken soll. Die Integrierte Versorgung soll nach den

Koalitionsplänen vorangetrieben, innovative Ver-

sorgungsformen sollen gefördert werden, für Pati-

enten mit Rückenleiden und Depressionen soll es

neue Disease-Management-Programme geben. Das

Entlassmanagement der Krankenhäuser soll durch

eine Koordinierungsfunktion der Krankenkassen

ergänzt werden. Das System der heutigen Wirt-

schaftlichkeitsprüfungen soll abgeschafft werden,

es sollen aber an dessen Stelle regionale Vereinba-

rungen von KVen und Kassen treten. Für alle Be-

rufsgruppen im Gesundheitswesen soll der bisher

für das Sozialgesetzbuch geplante Straftatbestand

der Bestechlichkeit und Bestechung in Zukunft im

Strafgesetzbuch zu finden sein, so hat es die Koali-

tion vereinbart.

Konvergenz auf der Tagesordnung

Hinsichtlich der Benachteiligung Nordrhein-

Westfalens bei der Vergütung der ambulanten ärzt-

lichen Versorgung ist nach den Worten des Präsi-

denten ein Fortschritt zu verzeichnen, findet sich

doch im Koalitionspapier der Satz: „Wir werden

prüfen, ob sich die Unterschiede in der ärztlichen

Vergütung durch Besonderheiten in der Versor-

gungs- und Kostenstruktur begründen lassen und

wie unbegründete Unterschiede aufgehoben wer-

den können.“ Damit sei das Thema Honorarkonver-

genz „auf die Tagesordnung der nächsten Jahre

gehoben“, sagte Henke und versprach, dass die ärzt-

lichen Körperschaften in NRW hier nicht locker-

lassen werden: „Wenn wir beim Bruttoinlandspro-

dukt pro Kopf der Bevölkerung als Nordrhein-West-

falen auf Platz sechs der Bundesliste stehen, dann

Bernd Zimmer,

Vizepräsident der

Ärztekammer

Nordrhein, führte

durch die berufs- und

gesundheitspolitische

Diskussion.