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Jahresbericht 2014

Ärztekammer

Nordrhein

therapeutisch gar nicht notwendig wäre“, glaubt

Spreng. Wenige „Organtransplantationsmanipulie-

rer“ und „übereifrige Hüftoperierer“ prägen nach

seinen Worten das Bild der Ärzteschaft in der Öf-

fentlichkeit in letzter Zeit stärker als die Vielzahl

der Ärztinnen und Ärzte, die „aufopferungsvolle

Arbeit“ leistet. „Weil tatsächliche oder vermeintli-

che Skandale die öffentliche Debatte bestimmen,

ziehen sich viele Ärzte und Ärzte-Funktionäre in

eine Wagenburg zurück“, sagte Spreng, „sie sehen

sich von Feinden umzingelt – von uneinsichtiger

Politik, von Kassen, die ihnen nicht mehr genug

zum Arbeiten und zum Leben lassen, von bös-

artigen Kampagnen der Medien, von uneinsichti-

gen Patienten. Sie fühlen sich nicht verstanden und

verfolgt.“

Schwarze Schafe brandmarken

Was also tun angesichts einer Medienlandschaft,

die durch einen harten Konkurrenzkampf geprägt

ist und deshalb zur Skandalisierung neigt? Sprengs

Ratschlag: „Keine falsche Solidarität mehr. Auch

Schweigen ist falsche Solidarität. Die schwarzen

Schafe benennen, die sinnlosen Operationen, die

Geldschneider,dieIGeL-Superoptimierer.Siebrand-

marken, statt sie zu schützen.“ Nur so sei die Ärzte-

schaft glaubwürdig – Voraussetzung jeder erfolg-

reichen Kommunikation. Auch in Politik und Wirt-

schaft gelte, dass neues oder zusätzliches Vertrauen

nur auf der Grundlage Transparenz entstehen kann,

will heißen: sich zu Fehlern bekennen. „Allerdings

fällt genau dies vielen am schwersten“, sagte Spreng,

der im Jahr 2002 Wahlkampfmanager des Unions-

Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber war und 2004

Jürgen Rüttgers im Landtagswahlkampf beriet.

Außerdem empfahl Spreng der Ärzteschaft, die zu

Recht nach wie vor hohes Ansehen genieße, mehr

Selbstbewusstsein zu zeigen: „Sie gehören einer

Wissenschaft an, die in den letzten Jahrzehnten

Quantensprünge bei der Bekämpfung und Heilung

von Krankheiten gemacht hat.“ Behandlungserfol-

ge, „diagnostische Superleistungen“, medizinischer

Fortschritt: die Ärzteschaft soll über das Positive

reden – und weniger über Geld. Spreng: „Ärzte und

Geld – das ist den meisten Menschen fremd, das

beschädigt ihr idealisiertes Bild vom guten, selbst-

losen Heiler.“

Patienten-Lobby statt Ärzte-Lobby

Ärztevertreter werden kommunikativ am erfolg-

reichsten sein, wenn sie nicht als Anwälte ihrer

selbst, sondern als Anwälte der Patienten auftreten,

meint Spreng: „Wenn sie klug sind, sind sie keine

Ärzte-Lobby, sondern eine Patienten-Lobby. Nur

dann können sie auch Multiplikatoren ihrer eige-

nen Interessen sein. Dem Selbstlosen wird eher

gegeben als dem egoistischen Interessenvertreter.“

Die Ärztinnen und Ärzte seien für politische Partei-

en mit Ausnahme der FDP und für die Medien mit

Ausnahme der Fachmedien als Zielgruppe zahlen-

Kammerversammlung

Ärztekammer Nordrhein gegen

Diskriminierung von Patienten durch

Benachteiligung nach Wohnort

Die Kammerversammlung begrüßt die im Koalitions-

vertrag niedergelegte Absicht der neuen Bundesregie-

rung, unbegründete Unterschiede in der ambulanten

ärztlichen Vergütung aufzuheben und zu prüfen, wie

dies gestaltet werden kann. Die ambulante vertrags-

ärztliche Versorgung leidet in Nordrhein seit dem Jahr

2009 unter solchen unbegründeten Unterschieden im

Vergleich zu anderen Regionen. Obwohl die Versicher-

ten in Nordrhein-Westfalen den gleichen Beitragssatz

zahlen wie alle anderen Versicherten im Bundesgebiet,

sind Nordrhein und Westfalen seit Jahren bei der morbi-

ditätsbedingten Gesamtvergütung je Versichertem

schwerwiegend und fortlaufend benachteiligt. Die

Kammerversammlung appelliert deswegen an die neu-

gewählten Akteure in Bundesregierung und Bundestag,

im Sinne des Koalitionsvertrages schnell für eine

bundesweite Vergütungsgerechtigkeit zu sorgen und die

Diskriminierung der Versicherten nach Wohnort

zu beenden.

Schieflage bei der Krankenhausfinanzierung

beenden

Die Ärztekammer Nordrhein fordert den Bundesgesetz-

geber zu einer umfassenden Reform des derzeitigen

Fallpauschalensystems (G-DRG-System) zur Finanzie-

rung der Krankenhäuser und Universitätskliniken auf.

Das künftige Entgeltsystem muss die Tarifsteigerungen

für Ärztinnen, Ärzte und Angehörige der Gesundheits-

fachberufe zu 100 Prozent refinanzieren. Darüber

hinaus sind aktuelle Kostenentwicklungen realistisch zu

erfassen und zeitnah bei der Vergütung zu berücksich-

tigen. Extremkostenfälle müssen sachgerecht abge-

rechnet werden können. Die sichere Versorgung der

Bevölkerung in strukturschwachen Gebieten ist durch

Vergütungszuschläge zu gewährleisten. Krankenhaus-

träger und Kostenträger sollen die Möglichkeit erhalten,

in regionalen und lokalen Verhandlungen dem spezifi-

schen Versorgungsbedarf vor Ort gerecht zu werden.

Die Kammerversammlung fordert darüber hinaus die

Landesregierung von Nordrhein-Westfalen auf, sich im

Rahmen der geplanten Bund-Länder-Arbeitsgruppe für

eine Reform der Investitionsfinanzierung einzusetzen

und ihren Verpflichtungen im Lande in angemessenem

Umfang nachzukommen.

Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

Die Kammerversammlung fordert die Bundesregierung

auf, ihrer Verantwortung als Verordnungsgeber für die

Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gerecht zu werden

und gemeinsam mit der Bundesärztekammer auf eine

schnelle Novellierung hinzuwirken. Ärztinnen und

Ärzte, Patientinnen und Patienten sowie Versiche-

rungen benötigen dringend wieder eine zeitgemäße

GOÄ, die die ärztlichen Leistungen fair, transparent

und sektorenübergreifend abbildet. Die Kammerver-

sammlung fordert, die GOÄ auch weiterhin als rein

ärztliche Gebührenordnung auszugestalten. Dabei ist

Entschließungen der Kammerversammlung